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Bayern steht zu
Ostpreußen Zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen rufe ich Ihnen ein herzliches Grüß Gott aus Bayern zu! Ich freue mich, Ihnen die herzlichen Grüße der Bayerischen Staatsregierung, allen voran die unseres Ministerpräsidenten Dr. Günther Beckstein, überbringen zu dürfen. Der Bayerische Ministerpräsident spricht traditionell in dieser Stunde zu den Sudetendeutschen. Die Stellvertretende Ministerpräsidentin spricht heute zu Ihnen. Als Herr v. Gottberg im jüngsten unserer regelmäßigen Gespräche die Bitte an mich herantrug, an Ihrem heutigen Treffen teilzunehmen, habe ich sofort Ja gesagt. Die Bayerische Staatsregierung bekennt sich zu den Ostpreußen! Der Freistaat Bayern ist das älteste gewachsene Land Deutschlands. Wir haben unsere Tradition und Identität bewahrt – und mit ihnen den unverkürzten Blick auf historische und kulturelle Zusammenhänge. In allen Wechselfällen der Nachkriegszeit war für uns die Kultur und Geschichte aller Deutschen die gemeinsame Klammer unserer Nation. So wird es bleiben. Auch um das zu bekräftigen, bin ich bei Ihnen. Dieses Deutschlandtreffen steht im Zeichen zweier Jubiläen. Vor 60 Jahren wurde die Landsmannschaft Ostpreußen gegründet. Nicht immer hat man derartige Zusammenschlüsse fair behandelt. Deswegen muß man betonen: Das Wirken der Landsmannschaften ist ein untrennbarer Teil der Geschichte unseres Landes. Es waren die Landsmannschaften, die nach dem Krieg Millionen Vertriebene durch Zusammenführung und Betreuung vor dem Absturz in Isolation und Hoffnungslosigkeit bewahrt haben. Sie haben ihren Landsleuten in bedrängter Zeit Beistand, Orientierung und Geborgenheit vermittelt. Für die Entfaltung unserer Demokratie ohne innere Krisen war das ein entscheidender Beitrag. Mehr noch, unser Rechtsstaat verdankt dem Eintreten der Landsmannschaften wie der Ihren für die Menschenrechte und gegen Rechtsverwirrung dauerhafte Impulse und bleibende Mahnung. Vergessen wir nicht, daß die Charta der Vertriebenen, jenes in allen Ausführungen zukunftsweisende Dokument aus dem Jahr 1950, auf dem Boden landsmannschaftlichen Handelns zustande kam! Sie haben nicht nur entscheidend am Wiederaufbau Deutschlands mitgewirkt. Sie haben auch in allen Wechselfällen der Nachkriegsgeschichte unbeirrt an der Einheit der deutschen Nation festgehalten. Kein Ort ist geeigneter als die deutsche Hauptstadt, Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, hierfür Respekt und Dankbarkeit zu bezeugen. Sie haben Anspruch auf die Solidarität aller Deutschen! Bayern steht zu den Ostpreußen! Damit bin ich beim zweiten Jubiläum. Vor 30 Jahren hat die Bayerische Staatsregierung die Patenschaft für die Ostpreußen übernommen. Von Ministerpräsident Goppel vollzogen, von Franz-Josef Strauß über Edmund Stoiber bis Günther Beckstein mit Leben erfüllt, haben wir es mit einem Obhutsverhältnis zu tun, das uns dauerhafte Verpflichtung ist. Wir werden diese Patenschaft deshalb auch mit einem Festakt in der Münchner Residenz würdigen. Unsere Verbundenheit mit den Ostpreußen geht auf die „vielfältigen jahrhundertealten historischen und kulturellen Bindungen zwischen Bayern und Ostpreußen“ zurück, wie es in der bayerischen Patenschaftsurkunde heißt. Seit Siegfried von Feuchtwangen 1309 die Hochmeisterresidenz des Deutschen Ordens von Venedig in die Marienburg verlegte, spielten in Ostpreußen bayerische Geschlechter eine maßgebliche Rolle. Von den 34 Hochmeistern des Ordens kam fast jeder zweite aus Bayern, Franken und Schwaben. 1525 hat der letzte Hochmeister, Albrecht von Brandenburg-Ansbach, den Ordensstaat in das weltliche Herzogtum Preußen umgewandelt. Unvergessen bleibt die „Münchner Ostpreußenhilfe“, der älteste landsmannschaftliche Zusammenschluß ostpreußischer Bürgerinnen und Bürger in Bayern aus dem Jahr 1915 ...In dieser Tradition steht unsere 1978 begründete Patenschaft. Mittelpunkt der ostpreußischen Kulturarbeit in Bayern ist das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen. Diese Einrichtung im beeindruckenden Schloß des Deutschen Ordens ist ein Kind Ihrer Landsmannschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das Zentrum hat sich zu einer leistungsstarken Einrichtung entwickelt, die intensive Arbeitskontakte zu polnischen, russischen und litauischen Einrichtungen unter anderem in Allenstein, Königsberg und Memel unterhält ... Das zusammenwachsende Europa – und besonders seine Mitte – werden noch längere Zeit eine Phase der Selbstfindung durchlaufen. Diese beginnt naturgemäß beim Eigenen. Auch wir Deutschen haben Anlaß, uns darüber klar zu werden, wie wir verantwortlich mit den großen Einschnitten des Jahres 1945 umgehen: mit der kollektiven Enteignung und Vertreibung von 15 Millionen Deutschen aus dem damaligen deutschen Staatsgebiet, aber auch aus ihrer Heimat in den angrenzenden und übrigen Gebieten sowie mit dem Verlust des gesamten Kulturbesitzes in Ost- und Westpreußen, Ostbrandenburg, Schlesien und Pommern. Namen wie Kant, Balthasar Neumann, Eichendorff, Caspar David Friedrich, Schopenhauer oder Gustav Mahler stehen für unwiederbringliche kulturelle Kraftfelder unseres Volkes ... Hier ist unsere Identität berührt, und wir müssen bewahren, was dort seinen Ursprung hatte. Es gibt nun einmal keine Vertreibung, die sich gleichzeitig um die Pflege der Hinterlassenschaft sorgt. Aber darum geht es. Was also haben wir, was hat Europa zu tun? ... Jedes Volk muß seine europäischen Wurzeln pflegen. Wo vertrieben wurde, bedarf es besonderer Anstrengungen. Daher darf die Vergegenwärtigung unseres nationalen Kulturerbes im Osten kein Nischendasein fristen! Nehmen wir den gesetzlichen Auftrag ernst. In Deutschland, wo so viele Millionen Vertriebene leben, ist der Kulturparagraph 96 des Bundesvertriebenengesetzes die letzte Klammer, die mit tausend Jahren Kultur und Geschichte unseres Volkes im Osten Verbindung hält. Vermitteln wir selbstbewußt und der Wahrhaftigkeit verpflichtet den gewaltigen Beitrag der Deutschen aus dem Osten zur deutschen und europäischen Kultur und Geschichte! ... Von Preußen müssen wir wieder lernen, in langfristigen Dimensionen zu denken und dabei zielorientiert zu handeln. Preußen existiert in uns fort. Sein Territorium ist heute aufgeteilt unter Litauen, Rußland, Polen und Deutschland. Gemeinsam stehen sie in Verantwortung für ein lebendiges Vermächtnis. Daran zu erinnern und dafür zu werben, werden wir in Bayern nicht nachlassen. Die erste Verpflichtung aber liegt bei uns Deutschen selbst. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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