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Meilenstein auf dem Weg zum Ordensstaat Aus Schaden wird man klug. Diese Weisheit trifft auch für den Deutschen Orden zu. Und die Bulle von Rieti ist wie ihr kaiserliches Pendant, die Goldene Bull von Rimini, eine Folge der Lehren, welche der Orden unter seinem Hochmeister Hermann von Salza aus seinen leidvollen Erfahrungen mit dem Ungarnkönig Andreas II. gezogen hat. Andreas II. hatte 1211 den Deutschen Orden zum Schutz der Grenze gegen die heidnischen Kumanen ins Siebenbürgische Burzenland gerufen. Für dessen militärische Unterstützung stellte der König dem Orden das Heimatrecht im Burzenland in Aussicht. Wichtige kirchliche Abgaben, darunter das Zehntrecht, gestand der König dem Orden ebenfalls zu. Desweiteren gewährte der Monarch dem Retter in der Not das Recht, Münzen zu prägen sowie seine Ordensburgen mit Steinen zu befestigen, was in Ungarn als besonderes Privileg galt. Allerdings hielt Andreas sein Versprechen nicht. Nicht nur wegen des Deutschen Ordens, sondern auch wegen der deutschstämmigen Königin Gertrud von Andechs kam es im ungarischen Adel zu Überfremdungsängsten, denen der König nachgab. Der Konflikt eskalierte. Das Fass zum Überlaufen brachte der Versuch des Ordens, sich vor diesem Unheil verheißenden Hintergrund von Ungarn und seinem König unabhängig zu machen. Einem Wunsche des Hochmeisters folgend, unterstellte Papst Honorius III. 1224 das Burzenland dem Schutz des Apostolischen Stuhl. Da der Orden direkt dem Heiligen Vater unterstand, war der Ungar damit ausgeschaltet. Das ließ sich Andreas jedoch nicht bieten. Der König griff zur Gewalt. Mit seiner zahlenmäßig hoch überlegenen Heeresmacht belagerte und eroberte er die wenigen Burgen des Ordens. Die Burganlagen wurden vernichtet, die erst wenige Jahre zuvor herbeigerufenen Ordensritter vertrieben. Der Mohr, der seine Schuldigkeit getan hatte, konnte gehen. Das sollte dem Deutschen Orden nicht noch einmal geschehen. 1226 erreichte ihn erneut die Bitte eines christlichen Fürsten um militärische Unterstützung gegen Heiden. Diesmal kam der Ruf von Herzog Konrad von Masowien, den der Deutsche Orden im Kampf gegen die heidnischen Prußen unterstützen sollte. Auch diesmal sollte der Orden für seinen militärischen Einsatz mit einem Territorium belohnt werden. Diesmal ließ der Orden sich jedoch nicht mit Versprechungen abspeisen. Bevor auch nur eine Hand für den Herzog gerührt wurde, versuchte der Orden, alles niet- und nagelfest zu machen. Als erstes wurde die höchste weltliche Instanz, sprich der Kaiser, mit ins Boot geholt. So ließ Hermann von Salza im Palazzo del Arengo Friedrich II. in der Goldenen Bulle von Rimini die Herrschaft des Deutschen Ordens über das Kulmer Land östlich der unteren Weichsel garantieren. Als Gegenleistung für die Erfüllung des Auftrages, gegen die Prußen zu kämpfen, wurde dem Orden die absolute Landeshoheit in dem Gebiet zugesichert. Bis ins Detail wurden die landesherrlichen Rechte aufgezählt und geregelt. Während Herrmann von Salza beim Kaiser diesen beachtlichen Erfolg erreichte, verliefen die Verhandlungen, die der Komtur Philipp des Ordenshauses in Halle an der Saale mit Konrad von Masowien führte, für den Orden unbefriedigend. Schwung in den Dialog kam erst, als Hermann von Salza mit dem Kaiser aus Palästina 1229 zurückgekehrt war und nun der Deutschmeister Hermann von Balk zum Verhandlungsführer bestimmt wurde. 1230 schlossen Herzog und Orden den Vertrag von Kruschwitz. In ihm übertrug der Herzog dem Orden das Kulmerland sowie alle künftigen Eroberungen in Preußen mit allen zugehörigen Rechten als Schenkung. Der Landesherr hatte damit dem Deutschen Orden geschenkt, was sich letzterer durch die höchste weltliche Instanz bereits hatte zusichern lassen. Nun fehlte im Grunde nur noch die Garantie durch die höchste geistliche Instanz. Hermann von Salza genoss das besondere Vertrauen des Kaisers, wovon auch die Goldene Bulle von Rimini zeugt. Das bedeutete aber nicht, dass deshalb sein Verhältnis zum mit dem Kaisertum konkurrierenden Apostolischen Stuhl schlecht gewesen wäre. Vielmehr schätzte auch der Papst diesen großen Staatsmann. Insofern bot sich der Hochmeister als Vermittler an. Und in der Tat gelang ihm 1230 die Versöhnung zwischen Friedrich II. und Gregor IX. In der Convention von Ceprano wurde der Kaiser vom Kirchenbann gelöst. Nach dieser Versöhnung war Hermann von Salzas Verhältnis zu Gregor IX. um so besser. Er konnte nun versuchen, ein päpstliches Pendant zur Goldenen Bulle von Rimini zu erreichen. Dass der Papst an Preußen durchaus interessiert war, hatte er bereits 1229 durch die Entsendung eines besonderen Legaten, Bischof Wilhelm von Modena, deutlich gemacht. Noch im Jahr der von ihm vermittelten kaiserlich-päpstlichen Verständigung erhielt der Hochmeister von Gregor IX. noch einmal zugesagt, was Friedrich II. ihm in der Goldenen Bulle von Rimini und der Herzog von Masowien im Vertrag von Kruschwitz bereits schriftlich gegeben hatte. Doch wer kann es Hermann von Salza nach den ungarischen Erfahrungen seines Ordens verdenken, dass er das auch vom Papst gerne noch einmal Schwarz auf Weiß haben wollte. So übergab Gregor IX. dem Deutschen Orden in der Bulle von Rieti vom 3. August 1234 die Herrschaft über das Kulmer Land östlich der unteren Weichsel sowie über alle weiteren vom Orden in Preußen eroberten Ländereien. Der Deutsche Orden sollte dabei seinerseits ausschließlich der Hoheit des Papstes unterstehen. Damit war der Deutsche Orden nun sowohl dem Kaiser als auch dem Papst zur Loyalität verpflichtet. Hermann von Salza sah das als Oberhaupt eines deutschen Ordens jedoch nicht als Widerspruch an. Und von anderen Zeitgenossen, die sich daran gestört hätten, ist nichts bekannt. Entscheidend war, dass die neue Heimat des Deutschen Ordens nun direkt unter dem Schutze beider universellen Gewalten stand. Der Historiker Bruno Schumacher übertreibt deshalb nicht, wenn er schreibt, dass der Deutsche Orden nach der Goldenen Bulle von Rimini und dem Vertrag von Kruschwitz mit der Bulle von Rieti den „Schlussstein in das Gebäude seiner Staatsgründung“ gefügt habe.
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