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Polnische Bierut-Dekrete unter Naturschutz?
von Peter Großpietsch,
stellv. Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien

Da sage man noch, es gebe keine Geheimnisse, keine Sprachregelungen, keine Phänomene in unserer so offenen Gesellschaft, die stillschweigend von allen politischen Ebenen, genau wie von der veröffentlichten Meinung unserer Medienlandschaft, genauestens befolgt werden. In diesem Fall sogar als„Tabuthemen“ totgeschwiegen werden. Wie sonst ist es zu erklären, daß nicht nur aufgrund der aktuellen Turbulenzen -, nur die Benesch-Dekrete die Schlagzeilen bestimmen. Der Eindruck hat sich in den letzten Monaten verstärkt, daß die „anderen“ Vertreibungs- und Enteignungsdekrete nur verschämt erwähnt, jedoch nicht namentlich genannt werden. Dabei sind durch die polnischen Bierut-Dekrete wesentlich mehr Menschen und letztlich ein Viertel Deutschlands des Gebietsstandes der Weimarer Republikbetroffen. Dieses Faktum ruft nicht nur Irritationen hervor, nein, es verlangt auch nach Erklärungen.

 
Befehl.
 
Laut Anordnung der Regierung der Republik Polen hat die gesamte deutsche Bevölkerung das polnische Staatsgebiet zu verlassen.

 
Vorgeschrieben ist das Gebiet über Görlitz an der Neiße. Der Weg geht über Frankenstein Reichenbach Schweidnitz Striegau Jauer Goldberg Löwenberg - Laubau Görlitz.

Bei verlassen des polnischen Staatsgebietes dürfen nur 20 kg Gepäck mitgenommen werden.

Alle Personen, welche dieser Aufforderung nicht nachkommen, werden mit Gewalt entfernt.

Diejenigen Personen die im Besitz einer Bescheinigung des Bevollmächtigen der polnischen Regierung sind, werden vom Verlassen des Gebietes befreit.

Bis zum 30. Juni 1945, mittags 12 Uhr muß der Befehl ausgeführt sein.

Glatz, den 29. Juni 1945.

Der Bevollmächtigte
der Polnischen Regierung
für den Bezirk XXIV
In Glatz

Die Kommandantur
des Polnischen Heeres
In Glatz

Warum berichten angesehene überregionale deutsche Tageszeitungen ausführlich über das Schlesiertreffendes vergangenen Jahres, unter „Verarbeitung“ der Benesch-Dekrete, dergestalt, als seien die Schlesier aus der damaligen Tschechoslowakeivertrieben worden? Warum argumentieren angesehene Redakteure, Journalisten und Kommentatoren dahingehend, daß es nur mit der Tschechischen Republik die aus der Vertreibung herrührenden Probleme gebe? Es kann doch nicht Unwissenheit bei dem angesprochenen Personenkreissein; dies wäre ausgesprochen blamabel. Zeigt nicht das aktuelle Beispiel der politischen Auseinandersetzung und des Umganges mit der Tschechischen Republik, daß das Verdrängen von unangenehmen Wahrheiten Gräben nicht beseitigt?

Doch zurück zur Betrachtung des Verhältnisses zu unserem Nachbarn Polen. Trotz Freundschafts- und Nachbarschaftsvertrag, der das gegenseitige Verhältnis zweifellos entscheidend verbessert hat, sind die Vertreibungs- und Enteignungsdekrete weiterhin Bestandteil des innerpolnischen Rechts, sind diese weiterhin nicht von Anfang an für ungültig erklärt worden. Weiterhin fehlt jegliche Entschuldigung des polnischen Parlaments für die unmenschliche Vertreibung. Den Millionen Toten der Vertreibung sind wir es schuldig, diese unablässig zu fordern. Warum also gibt es in Deutschland Kräfte, die uns glauben machenwollen, im Verhältnis gegenüber Polen gäbe es unsererseits keinen Forderungskatalog? Leider wurde hier auch das Datum für eine Novellierung des Freundschafts- und Nachbarschaftsvertrages mit Polen unsererseits ungenutzt gelassen. Dabei hatte nicht nur der Zentralrat der deutschen Freundschaftskreise im polnischen Machtbereich einen umfangreichen Katalog von Änderungen/Verbesserungen des Vertrages aufgelistet, die Gegenstand eines anderen Artikels sein werden. Im Gegensatz zur tschechischen Seite verhält sich die polnische zurückhaltender und diplomatischer. Allerdings passierte mir anlässlich eines deutsch-polnisch-tschechischen Symposiums vor einiger Zeit, daß ein Professor der Krakauer Universität vehement bestritt, daß es überhaupt polnische Vertreibungsbefehle gäbe. Nach Zusendung der von mir gesammelten polnischen Vertreibungsbefehle herrscht allerdings absolutes Schweigen. Erinnern wir uns: Da wurde von der rot-grünen Regierung ein entscheidender Beitrag zum sogenannten Kosovo-Krieg geleistet, um sogar Vertreibungsunrecht rückgängig zu machen, jedoch gleichzeitig wird betont, daß bei den Beitrittsverhandlungen mit Polen und der Tschechischen Republik zur EU die Vertreibung von ca. 12 Millionen Menschen und die noch gültigen Unrechtsdekrete kein Thema sind.

EU-Wertegemeinschaft?

Quellen:
Schlesische Nachrichten, 15.04.2002,
http://www.oberschlesien-aktuell.de/presse/aktuell/bierut_dekrete.htm;
http://www.oberschlesien-aktuell.de/presse/presse/schlesien/020415.pdf, 2009


 

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