1. Der Historiker Ludger Grevelhörster zur
Amtsführung des Reichspräsidenten von Hindenburg, solange das parlamentarische
System arbeitsfähig war:
„Am Ende täuschten sich jedoch alle jene, welche
befürwortet oder aber, wie viele Konservative in Deutschland, gehofft hatten,
von Hindenburg werde seine Machtstellung als Reichspräsident einsetzen, um die
demokratischen Politiker unter Druck zu setzen und sogleich einen scharfen
Rechtskurs voranzutreiben. Tatsächlich bewies der neue Reichspräsident in den
ersten fünf Jahren seiner Amtszeit, dass er als preußischer Pflichtmensch seinen
am 12. Mai 1925 vor den Abgeordneten des Reichtages abgelegten Eid auf die
Weimarer Reichsverfassung unbedingt ernst nahm. Solange die im Parlament
vertretenen Parteien in der Lage waren, von sich aus arbeitsfähige Mehrheiten zu
bilden und zu regieren, sah er keinen Anlass, sich gestützt auf seine weit
reichenden Amtsbefugnisse in das laufende „Parlamentsgetriebe“ einzumischen.
Anders als sein Vorgänger Ebert in den unruhigen ersten Nachkriegsjahren, machte
von Hindenburg in diesem Zeitraum kein einziges Mal von seinem
Notverordnungsrecht gemäß Artikel 48 Gebrauch. Im Übrigen war ihm wichtig, dem
Parlament streng überparteilich gegenüberzustehen und auf die streitenden
Parteien vermittelnd einzuwirken. Persönlich hegte er gleichwohl die Auffassung,
für das Reich und das deutsche Volk sei es das Beste, wenn die Sozialdemokraten
nicht mitregieren und folglich Große Koalitionen vermieden würden. Die
geeignetste Konstellation war aus seiner Sicht eine bürgerliche Regierung unter
Einschluss der Deutschnationalen, denen von Hindenburg politisch,
weltanschaulich und gefühlsmäßig am nächsten stand und für deren
Regierungsbeteiligung er sich, beispielsweise in der Regierungskrise des Winters
1926/27, besonders nachdrücklich einsetzte.“
2. Der Historiker Hendrik Thoß zur Politik von
Hindenburgs, solange die Weltanschauungsparteien der Weimarer Republik
handlungsfähig waren:
„Konservative und rechtsextreme Kreise, die sich
vom Amtsantritt des neuen Reichspräsidenten einen spürbaren „Rechtsruck“
versprochen hatten, wurden jedoch zunächst enttäuscht. Hindenburg bewegte sich
exakt im Rahmen der ihm verfassungsmäßig zustehenden Amtsbefugnisse und gedachte
sich keineswegs in den laufenden Parlamentsbetrieb einzumischen. Gleichwohl
stand er aufgrund seiner weltanschaulichen Haltung der Deutschnationalen
Volkspartei am nächsten und gab deren Einbindung in bürgerliche Kabinette
gegenüber einer Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten von Anfang an den
Vorzug.“
Quellen:
zu 1: Ludger Grevelhörster: Kleine Geschichte der Weimarer Republik
1918-1933.
Ein problemgeschichtlicher Überblick, 3. Auflage Münster 2003, S.
125f.;
zu 2: : Hendrik Thoß: Demokratie ohne Demokraten? Die Innenpolitik
der Weimarer Republik
(Deutsche Geschichte, Band 6), Berlin 2008, S. 78.
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