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Minderheit geschwiegen

 


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Streit über Steinbach
„Die Medien hätten uns kaputtgemacht“

Im Streit zwischen Deutschland und Polen über die Besetzung des Sitzes im Rat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ haben die Angehörigen der deutschen Minderheit in Polen geschwiegen. Kein Wort der Unterstützung für Erika Steinbach war beispielsweise vom Verband der Oppelner Schlesier zu hören. Norbert Rasch, der Vorsitzende der Sozialkulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien, erklärt warum.

Herr Vorsitzender, wieso war im Streit zwischen Warschau und Berlin über die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen kein Wort von der deutschen Minderheit zu hören?

Wir wurden nicht danach gefragt. Es ist uns aber auch bewusst, dass wir negative Schlagzeilen bekämen, wenn wir uns äußern würden. Jeder, der versucht, die Position des Bundes der Vertriebenen zu erklären, wird angegriffen – ohne Möglichkeit der Verteidigung. Deshalb mischen wir uns in die Geschichte mit Erika Steinbach nicht ein.

Das heißt, Sie hätten Schwierigkeiten bekommen, wenn Sie sich zu Wort gemeldet hätten?

Alle großen Medien sind in polnischen Händen. Und die würden uns in wenigen Tagen kaputtmachen.

Solange Sie sich nicht in deutsch-polnische Streitigkeiten einmischen, verlangen also auch die polnischen Medien keine Parteinahme von Ihnen. Ist das eine Art Stillhalteabkommen?

Anders war es nur bei der „Preußischen Treuhand“. Da gab es vor und nach dem Verfahren vor dem Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg ziemlich aggressive Fragen nach unserer Haltung zu den Eigentumsansprüchen von Vertriebenen. Aber zu Erika Steinbach nicht. Darüber habe ich mich selbst gewundert. Wir sind in Oberschlesien eine große Minderheit, aber insgesamt doch zu schwach, um einer Kampagne gegen uns standhalten zu können.

Ist ihr Status als Minderheit gefährdet?

Bedenken Sie: Wir sind eine deutsche Minderheit in Polen – nicht in Ungarn oder Rumänien. Wir gehören zu der Nation, die 1939 Polen überfallen hat. Und in Ungarn wohnten auch nie Deutsche auf ehemaligem Reichsgebiet. Dort hat es keine Folgen, wenn die Minderheit die Präsidentin des BdV unterstützt. Aber in Polen würden wir plattgemacht, wenn ich öffentlich einer Autorität wie Wladyslaw Bartoszewski widersprechen würde.

Wie ist denn im allgemeinen Ihr Verhältnis zur polnischen Bevölkerung?

Wir haben kein schlechtes Ansehen. Ich wirke nicht radikal. Ich mache das, was mir am wichtigsten ist, nämlich Kulturarbeit, und daran stört sich hier niemand. Im Landtag von Oppeln kommt es natürlich dann und wann zu Vorwürfen und Polemiken, aber das gehört zum politischen Geschäft. Ich schaue auf die Mehrheit, und die akzeptiert uns. Immerhin stellen wir im Landtag sieben von dreißig Sitzen und sind zweitstärkste Fraktion in der Koalition mit der Bürgerplattform und der Bauernpartei. Es gibt ein paar Reibungspunkte, wie zum Beispiel Kriegsdenkmäler, die manchmal für Unruhe sorgen. Aber davon lassen wir uns nicht irritieren.

Wird es in 50 Jahren noch eine organisierte deutsche Minderheit in Polen geben?

Die Organisationen der nationalen Minderheiten leiden überall in Europa unter Auszehrung. In Polen haben die ukrainische und die weißrussische Minderheit noch größere Nachwuchssorgen als wir. Die Sozialkulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien hat 45 000 zahlende Mitglieder – Tendenz: abnehmend. Das liegt nicht nur an unserer Gesellschaft selbst oder der Politik meines Amtsvorgängers Kroll. Dahinter steht ein allgemeiner Werteverlust, von dem auch die Kirche betroffen ist. Wenn Glaube und Heimat nicht mehr so wichtig sind, verliert auch eine Minderheit als Wertegemeinschaft an Bedeutung. Jetzt haben wir in der Oppelner Gegend Ortschaften, in denen Deutsche die Mehrheit stellen, auch in der Verwaltung. In 50 Jahren werden wir wahrscheinlich nicht mehr so präsent, aber trotzdem noch eine starke Gemeinschaft sein.

Die Fragen stellte Stefan Dietrich

Quelle:
FAZ.NET - Politik, 23.03.2009,
www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E93E1EAC413F14D6FA20...

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