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Der
CDU droht der Verlust an Profil und Identität
„Respekt für den Mut von Erika Steinbach“
hat der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm v. Gottberg, bekundet.
„Respekt für den Mut von Erika Steinbach“ hat der
Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm v. Gottberg, bekundet. Frau Steinbach
hatte in der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 8. September 2010 Kulturstaatsminister
Bernd Neumann dafür kritisiert, dass er sich von den von der politischen Linken
angegriffenen BdV-Vertretern im Stiftungsrat des in Berlin geplanten Zentrums gegen
Vertreibungen Hartmut Saenger und Arnold Tölg distanziert hatte, statt sich mit
ihnen zu solidarisieren. Außerdem hatte sie die Haltung ihrer Partei im Streit um
Thilo Sarrazin als „grottenverkehrt“ bezeichnet.
Tatsächlich stehen die Sachargumente in beiden Debatten
klar auf Seiten Steinbachs:
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Die Teilmobilisierung Polens am 26. März 1939 ist
eine historische Tatsache. Dieser Akt der Kriegsvorbereitung ändert zwar nichts
am Faktum des deutschen Angriffs auf Polen am 1. September 1939. Allerdings kommen
weitere gravierende historische Fakten hinzu, die in der heutigen politischen
Diskussion meist unterschlagen werden, obwohl sie eine differenziertere Sicht
der Ursachen des Zweiten Weltkriegs nahelegen.
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Zu diesen Fakten gehört der Umstand, dass Polen
nach 1918 sowohl gegenüber Deutschland als auch gegenüber Russland bzw.
der Sowjetunion auch mit kriegerischen Mitteln eine in hohem Maße expansionistische
Politik betrieb und dass es seine Minderheiten – einschließlich der jüdischen
– massiv drangsalierte. Die Zahl der Deutschen in Polen hat sich allein zwischen
Ende 1918 und 1924 von knapp 2,4 Millionen auf etwa 1,2 Millionen halbiert. Die
Verdrängung und Assimilierung der Deutschen in Polen ging bis 1939 weiter.
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Auch dass Polen bereits seit Józef Pilsudskis Maiputsch
von 1926 keine Demokratie mehr war, ist in Deutschland vielfach in Vergessenheit
geraten.
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Schließlich mahnt auch der am 23. August 1939 geschlossene
Hitler-Stalin-Pakt und der sowjetische Einmarsch im (allerdings mehrheitlich von
Weißrussen und Ukrainern besiedelten) Osten Polens ab dem 17. September 1939 zu
einer differenzierten Sicht der Vorgeschichte des II. Weltkrieges – um nur ein
weiteres, gravierendes Faktum zu nennen.
Alle diese Tatsachen bzw. Missstände sind umfassend
belegt. Es ist vor diesem Hintergrund befremdlich, dass der stellvertretende Vorsitzende
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Andreas Schockenhoff mit den Worten „Eine solche
Meinung hat in der Fraktion und der Partei keinen Platz“ (= Erinnerung an die polnische
Mobilisierung vom März 1939), ziemlich offen den Ausschluss von Erika Steinbach
aus der Union gefordert hat.
Auch im Streit um Thilo Sarrazin sprechen starke
Argumente gegen die Haltung der CDU-Führung:
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Die Bundesregierung selbst räumt inzwischen ein,
dass rund 10 bis 15 Prozent der Zuwanderer integrationsunwillig seien, also deutlich
über eine Million Menschen. Dieses Eingeständnis erfolgte erst, nach den – teilweise
zuspitzenden – Wortmeldungen Sarrazins, der diesen Anteil eher auf 30 Prozent
beziffert. Wie hoch auch immer der Anteil genau ist: Wer trägt die politische
Verantwortung für jedenfalls über eine Million integrationsunwillige Zuwanderer
im Land, wenn nicht die Bundesregierung? Und wer trägt die Verantwortung dafür,
dass eine offene Debatte über diesen Missstand erst jetzt zustande gekommen ist?
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Sarrazin hat sich für die dümmliche, aber mit keiner
Abwertung verbundene Äußerung „Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen“ entschuldigt.
Seine weiteren Äußerungen über genetische Unterschiede auch ganzer Völker und
Volksgruppen sind teils nachweislich wahr, teils zumindest Gegenstand nüchterner
wissenschaftlicher Forschungen. Sie sind gewiss kein Grund zu hysterischen Reaktionen
oder gar dem Ruf nach Entfernung aus Amt und Partei.
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Sarrazins Kritik an der deutschen Zuwanderungspolitik
wurden bis weit in die achtziger Jahren hinein von prominenten SPD-Politikern
wie Helmut Schmidt, Holger Börner und Friedhelm Farthmann geteilt, teilweise in
weit spitzeren Formulierungen (Bundeskanzler Helmut Schmidt im Februar 1982: „Mir
kommt kein Türke mehr über die Grenze!“) als Sarrazin sie gebraucht. In den Unionsparteien
waren diese Positionen jahrzehntelang im Prinzip geradezu Konsens, umso mehr als
Thilo Sarrazin Deutschland für qualifizierte Zuwanderer weiterhin unbegrenzt offenhalten
will, was seitens der Union bis in die jüngste Zeit abgelehnt worden ist. Die
Positionen lauteten unter anderem: Weitere Zuwanderung nur von „Hoch-“ bzw. „Höchstqualifizierten“
sowie „Deutschland ist kein Einwanderungsland“.
Sollte die CDU ihre Haltung zu Erika Steinbach aufrechterhalten,
so wäre dies eine Absage an Positionen, die in der CDU bis vor kurzer Zeit zumindest
noch eine politische Heimat hatten, wenn nicht sogar Mehrheitsmeinung waren. Der
Partei droht in diesem Falle mehr als nur ein Profilverlust, ihr droht der Verlust
eines Teils ihrer Identität.
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weitere Informationen:
09.09.2010: SPD fordert von Seehofer klare Worte zu
Vertriebenen-Chefin
Distanzierung von den umstrittenen Äußerungen verlangt
www.charivari.de/nachrichten/spd-fordert-von-seehofer-klare-worte-zu-vertriebenen-chefin...;
09.09.2010: Steinbach brüskiert Polen ein weiteres Mal
www.welt.de/politik/ausland/article9507636/Steinbach-brueskiert-Polen-ein-weiteres-Mal.html;
09.09.2010: Meinungsfreiheit: Die roten Linien
www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~E8EF9BFE17C77468094284E21CFA...;
09.09.2010: Steinbach zieht sich aus CDU-Führung zurück
http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M55115ea417b.0.html;
09.09.2010: "Lesen erspart Überraschungen"
Gedenkstättenleiter weist Äußerungen des Bundes der Vertriebenen zurück
Peter Steinbach im Gespräch mit Gerwald Herter
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1268457/;
09.09.2010: Wirbel um Kriegs-Interpretation: CDU zügelt Steinbach
www.stern.de/politik/deutschland/wirbel-um-kriegs-interpretation-cdu-zuegelt-steinbach...;
09.09.2010: Erika Steinbach und die CDU - Ungewolltes Nebenkriegsschauspiel
www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~EC9882159A1734C038A07492B...;
09.09.2010: Weltkriegs-Äußerung - SPD fordert Distanzierung der Union von Steinbach
www.welt.de/politik/deutschland/article9497021/SPD-fordert-Distanzierung-der-Union-von...;
09.09.2010: Erika Steinbach zieht sich aus CDU-Führung zurück
www.welt.de/politik/deutschland/article9505128/Erika-Steinbach-zieht-sich-aus-CDU-...;
09.09.2010: Nur Kaczynski provoziert
http://www.ad-hoc-news.de/nur-kaczynski-provoziert--/de/News/21594473;
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