Union und SPD empört
Schlesier fordern Entschuldigung für Vertreibung

HANNOVER. Der Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Rudi Pawelka, hat von Polen und Tschechien eine Entschuldigung für die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg gefordert. „Wir machen einseitig Versöhnung, das bringt auf Dauer nichts“, sagte er am Wochenende auf dem Deutschlandtreffen der Schlesier. Er betonte, Deutschland habe sich bereits vielfach für die Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges entschuldigt.

Auch mit Kritik an der Bundesregierung sparte Pawelka nicht. So habe die Bundeskanzlerin noch 2002 in der Opposition eine Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter gefordert, mache jetzt als Kanzlerin jedoch nichts in dieser Richtung. Als moralischen Tiefpunkt bezeichnete er die Kranzniederlegung für Sowjetsoldaten durch Bundesaußenminister Guido Westerwelle 2011 in Königsberg. Der durch die Rotarmisten ermordeten Deutschen, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, gedachte der FDP-Politiker dagegen nicht.

Heftige Kritik an Pawelka

Im Vorfeld hatte es heftige Kritik an Pawelka gegeben. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) und Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) hatten ihre Teilnahme kurzfristig wegen angeblicher antipolnischer Inhalte abgesagt. Busemann betonte, die Pawelka-Rede diene nicht der deutsch-polnischen Versöhnung. Hintergrund der Debatte war der Rücktritt des Präsidenten der Schlesischen Landesvertretung, Michael Pietsch, kurz vor Beginn des Deutschlandtreffens.

„Wir sind nicht mehr im Kalten Krieg, es ist nicht mehr die Zeit der radikalen Forderungen“, sagte Pietsch am Sonntag dem NDR. Pawelka habe eine „rückwärtsgewandte Rede“ gehalten. Dieser konterte die Angriffe und sagte, er könne nicht verstehen, was an seiner Rede zu beanstanden sei.

Pietsch warf er vor, den Inhalt seiner Ansprache gezielt an das Innenministerium weitergegeben zu haben. Pawelka bedauerte, daß es bereits nach Bekanntwerden erster Redeinhalte zu Absagen eingeladener Politiker gekommen sei. Unklar ist derzeit, ob das niedersächsische Innenministerium den Schlesier-Verband auch weiterhin finanziell unterstützt. Das alle zwei Jahre abgehaltene Deutschlandtreffen wird vom Land Niedersachsen mit etwa 50.000 Euro gefördert. (ho)

Die gesamte Rede von Rudi Pawelka im Wortlaut
 

Quelle:
Plakat: Archivmaterial;
JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co., Politik, 24.06.2013
www.jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M54723bf0362.0.html


Antipolnisch?
ein Kommentar von Jan Heitmann

Medien und Politiker empören sich: Es seien „revanchistisches Gedankengut“, „antipolnische Parolen“ und Hass, die Rudi Pawelka vergangenes Wochenende beim Deutschlandtreffen der Schlesier in Hannover verbreitet habe. Man könnte meinen, der Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien habe seinen Gegnern durch unbedachte Äußerungen eine Steilvorlage sowie dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) und dem Landtagspräsidenten Bernd Busemann (CDU) einen Grund für deren Nichtteilnahme an der Veranstaltung gegeben. Der Haken an der Sache ist nur, dass sich in seiner Rede nichts dergleichen findet. Pawelka stellt fest, dass Versöhnung die Wahrheit, das Eingeständnis von Unrecht und die Anerkennung des Rechts brauche. Das finde weltweit immer mehr Beachtung und sei regelmäßig mit einer Entschuldigung verbunden, was er anhand mehrerer Beispiele belegt. Er verweist darauf, dass sich auch Deutschland vielfach für seine Verbrechen entschuldigt habe, die Verbrechen an Deutschen dagegen nicht anerkannt würden. Breiten Raum seiner Rede widmet er der erfolgreichen Versöhnungsarbeit, der sich seine Landsmannschaft stelle.

Pawelka hat mit klaren, aber nicht unangemessenen Worten historische Wahrheiten ausgesprochen, diese mit Beispielen belegt und der Befindlichkeit der Vertriebenen Ausdruck verliehen. Was ist daran antipolnisch oder revanchistisch? Nichts, es sei denn, dass man einzelne Passagen daraus aus dem Zusammenhang reißt oder sie böswillig fehlinterpretiert. Und genau das ist hier geschehen, um einen Sturm der Entrüstung entfachen zu können.
 

Quelle:
 Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt Ausgabe 26/13, 29.6.2013