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Irritierende Aussagen des neuen BdV-Präsidenten
Rudi Pawelka – Landesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien
NRW
In
einem Interview im Westdeutschen Rundfunk (WDR 5) am 09.11.2014 machte Präsident
Fabritius mit einigen Aussagen auf sich aufmerksam, die nicht unkommentiert bleiben
dürfen.
Erweiterung des Personen- und Aufgabenkreises.
Es gehe heute nicht mehr nur um die ersten Vertriebenen
der Jahre 1945/46, sondern auch um die Landsleute, die erst in den letzten Jahren
zu uns gekommen sind, um die Kinder und Enkel und um die Menschen, die gar nicht
vertrieben wurden und noch in den Herkunftsgebieten leben. Um diese Gruppen wolle
er sich kümmern, auch die Integration fördern. Sicher ist dies richtig, jedoch fragt
man sich, ob Fabritius das Rad neu erfinden will. Ist ihm entgangen, dass die Verbände
dies schon seit Jahrzehnten tun?
Erinnerungskultur verankern nur solange die Erlebnisgeneration
noch da ist.
Nach Fabritius ist es irgendwann an der Zeit, den
BdV auch vom Namen her anzupassen, dies sei aber noch nicht spruchreif. Es sei heute
„noch Aufgabe des BdV und wird es bleiben, solange die Erlebnisgeneration noch da
ist, das Schicksal der Vertreibung in der deutschen Erinnerungskultur zu verankern.“
Warum soll dies nicht auch Aufgabe künftiger Generationen sein? Wie soll eine Namensänderung
aussehen? Auch wenn man den Namen einer sich verändernden Mitgliedschaft öffnen
muss, kann aber nicht darauf verzichtet werden, auch künftig das Wort Vertreibung
beizubehalten, damit immer sichtbar bleibt, welches Geschehen der Verbandsgründung
zugrunde lag.
Vertriebene aus Ländern des Ostens ausgewandert?
Im Zuge des Interviews stellte der neue Präsident
klar, dass es ihm ein besonderes Anliegen ist, „in einen Dialog der Länder einzutreten,
aus denen wir ausgewandert sind, mit den Verbänden der Deutschen, die von dort gekommen
sind und heute mehrheitlich in Deutschland leben. Heimatpolitische Inhalte können
am besten die Personen vertreten, die davon betroffen sind.“ Er trete ein für einen
Dialog ohne Vorbehalte und Ressentiments. Nun könnte Fabritius vielleicht von einer
Auswanderung sprechen, wenn er dies auf seine Person bezieht. Er ist 1984 aus Siebenbürgen/Rumänien
nach Deutschland gekommen. Wenn er meint, seine Übersiedlung sei freiwillig und
ohne Zwang erfolgt, so mag er dies für sich sagen. Generell wird den Aussiedlern
aber von Gesetzes wegen der Vertriebenenstatus zuerkannt, weil man von einem Vertreibungsdruck
ausgeht.
Nach 1990 wird dieser Vertreibungsdruck allerdings
nur für Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion angenommen. Obwohl er an anderen
Stellen auch von Vertreibung spricht, ist der Begriff „ausgewandert“ ein schwerer
sprachlicher und inhaltlicher Missgriff, der nicht mit sprachlicher Unachtsamkeit
oder mit unsensiblem Umgang mit der deutschen Sprache entschuldigt werden kann.
Er offenbart eher mangelnde Vertrautheit mit unserem Schicksal. „Auswanderung“ bedeutet
eine freiwillige Übersiedlung in ein anderes Land, was weder für die Vertriebenen
noch auf die Aussiedler zutrifft.
Polen als Land mit einer hervorragenden Minderheitenpolitik?
Fabritius bescheinigte Polen eine „hervorragende
Minderheitenpolitik, die vielleicht an dem einen oder anderen Punkt verbesserungswürdig
ist.“ Was soll diese schlimme Schönfärberei? Weiß er nicht, dass der Europarat Polen
vor drei Jahren scharf gerügt hat wegen gravierender Verletzungen der europäischen
Sprachencharta? Weiß er auch nicht, dass Polen die Rüge des Europarates weitgehend
ignoriert hat? Rafał Bartek, Direktor des Hauses für deutsch-polnische Zusammenarbeit
in Gleiwitz/Oppeln, bestätigte diese Tatsache gerade auf einer Landestagung der
Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU in Düsseldorf. Der deutschen Öffentlichkeit
sollte deshalb keine heile Welt vorgegaukelt werden, dies hilft nicht, sondern schadet
den Betroffenen.
Fragwürdige Aussagen auch in der Vergangenheit.
Erst vor einigen Wochen mussten wir zur Kenntnis
nehmen, wie Fabritius den Beschluss der Bundesregierung lobte, den Gedenktag für
die Vertreibung mit dem Weltflüchtlingstag am 20. Juni zusammenzulegen, im Gegensatz
zu den beiden CDULandtagsabgeordneten in NRW und Sprecher der CDU für Vertriebene,
Aussiedler sowie deutsche Minderheiten, Werner Jostmeier und Heiko Hendricks, die
von einer Enttäuschung sprachen. Für sie wäre es für den Anlass angemessener gewesen,
einen Gedenktag nach dem Vorbild der Länder Bayern, Hessen und Sachsen einzurichten,
bei dem die eigene deutsche Geschichte im Vordergrund steht. Die vorgenannten Bundesländer
haben den zweiten Sonntag im September als Gedenktag beschlossen.
Fabritius gehört auch zu den sechs Vertretern des
BdV im Stiftungsrat der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“, die der Konzeption
für die Dauerausstellung in Berlin zugestimmt haben. Wir wissen, dass dort der Begriff
„Vertreibung“ für die Vorgänge nach dem 02.08.1945 (Beschlüsse des Potsdamer Protokolls)
durch „Zwangsaussiedlung“ ersetzt wurde, dass nur noch von 0,6 Mio. statt von 2,2
Mio. Vertreibungstoten die Rede ist, dass hunderttausende deutsche Tote, darunter
viele Kinder, in polnischen oder sowjetischen Zwangsarbeiterlagern, unterschlagen
werden. Weitere Verzerrungen und falsche Geschichtsdarstellungen, die ebenfalls
die Opfer beleidigen, ließen sich anfügen.
Es ist verständlich, wenn man bei der Übernahme eines
neuen Amtes nicht gleich die brisantesten Reizthemen zur Sprache bringt. Falsche
Aussagen verbieten sich aber in jedem Fall.
19. November 2014
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Quelle:
Rudi Pawelka – Landesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien NRW
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