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Scharnhorst - als DDR-Fünfteiler Endlich mal wieder was Preußisches, dachte ich mir. Das Filmmuseum Potsdam wollte den Scharnhorst-Fünfteiler (Fernsehen der DDR 1978) aufführen. Der Siebenjährige Krieg, die Befreiungskriege zur Zeit Scharnhorsts und die deutschen Einigungskriege waren die heroischen Seiten jenes Staates, der die wenigsten Kriege unter den Großmächten Europas und der Welt geführt hat. Aber Preußen und die DDR? Angefangen hatte es ganz anders. Am 22. Juli 1950 verkündete Walter Ulbricht auf dem 3. SED-Parteitag den Abriss des Berliner Schlosses. Am 6. September 1950 wurden die gut erhaltenen Reste als Symbol des „preußisch-deutschen Militarismus“ gesprengt. Aber die Parole von der „Arbeiter- und Bauernmacht“ auf deutschem Boden hatte der DDR keine Identität gestiftet. Später wurde zurückgerudert. Für das Fernsehen der DDR entstanden Produktionen zur preußischen Geschichte, deren bekannteste der besagte Fünfteiler und der Sechsteiler zu „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ waren. Ich lese in einer Broschüre, die Nationale Volksarmee der DDR habe sich in der Nachfolge fortschrittlicher preußischer Tradition gesehen. Na ja, ich lasse das ganze Elend von Jena und Auerstedt im Kinosessel an mir vorbeilaufen. Kleine historische Ungenauigkeiten übersieht man – wenn man es besser weiß. Tatsächlich mussten die Reformer Scharnhorst und Gneisenau, Clausewitz und vom Stein ihren König gewissermaßen zur Jagd tragen. Das traf ja zu. Aber es wurde unter Friedrich Wilhelm III. ja auch etwas zur kulturellen Vorbereitung der Befreiung getan. Ernst Moritz Arndt wird in dem Streifen als die große Lichtgestalt preußischer Dichtung dargestellt – wie wahr. Dann kommt die große Stunde: Napoleon in Russland geschlagen, in Tauroggen wird die berühmte Konvention unterschrieben, der König ringt mit sich selbst und seinen militärischen Beratern und erlässt schließlich den Aufruf „An mein Volk...“ Am Ende kommt es zur Völkerschlacht bei Leipzig. Deutschland ist wieder frei von der Fremdherrschaft. In der alten Bundesrepublik wollte man nicht viel wissen von Preußen – mit Mühe und Not gab es im Preußenjahr 1981 zwei Briefmarken, eine Ausstellung und die Vorführung einiger alter Filme. In der DDR war das damals schon anders. Im Kopf noch die großen Ideale wie preußische Redlichkeit, Fleiß, Beamtenethos gehe ich zum S-Bahnhof. Kreischende Reklamebotschaften statt preußischer Schlichtheit versuchen von mir Besitz zu ergreifen. Und Ernst Moritz Arndt? Erst im vergangenen Sommer scheiterte eine von politisch eindeutig links stehenden Kräften angeschobene Initiative, die Ernst-Moritz- Arndt-Universität in Greifswald umzubenennen, am Votum der Studenten.
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