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    Vor anderthalb 
    Jahren, beim Baubeginn des Dokumentationszentrums der Stiftung Flucht, 
    Vertreibung, Versöhnung, war die Welt noch in Ordnung: Stiftungsdirektor 
    Manfred Kittel, 
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die damalige Präsidentin des Bundes der 
    Vertriebenen, 
    Erika Steinbach, Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und 
    Bundestagsvizepräsident 
    Wolfgang Thierse (SPD). | 
   
 
Auslöschung der Wahrheit? 
- Vertriebenenstiftung im Griff von Ideologen - 
Rudi Pawelka – 
Landesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien NRW 
 Als 
der Bundestag Ende 2008 das Gesetz zur Einrichtung der „Stiftung Flucht, 
Vertreibung, Versöhnung“ verabschiedete, wurde den Initiatoren des „Zentrum 
gegen Vertreibungen“ die Sorge um die Finanzierung des Projekts genommen. Fortan 
gibt es einen Titel im Bundeshaushalt. Dass damit das inhaltliche Anliegen auch 
in staatliche Hand kam, darin sahen nur wenige eine Gefahr. Man vertraute auf 
die Macht der Fakten, die Versprechungen der Politiker und auf die Kraft der 
Wahrheit. Die Einhegung der Geschichte der Vertreibung in staatliche Oberhoheit 
zeigt inzwischen jedoch, wie sehr die Erwartungen der Vertriebenen enttäuscht 
worden sind. Wir sind der Auslöschung der Wahrheit näher gekommen. 
Wahrheit war schon früh auf der Strecke 
geblieben. 
Gerade ist der Vertrag mit dem Direktor der Stiftung, Manfred Kittel, 
aufgelöst worden. Man fragt sich, warum dies nötig war, hatte doch Kittel in 
seinem Konzept bereits viele Leiden der Deutschen verharmlost, Tatsachen 
verfälscht und Taten anderer verschwiegen oder geleugnet. Die Toten der 
Vertreibung reduzierte er auf 600.000, er nannte die Vertreibung plötzlich 
Zwangsaussiedlung, verschwieg hunderttausende Tote unter den zivilen deutschen 
Zwangsarbeitern und ebenso die militärischen Interventionen Polens zwischen 1919 
und 1938 in die Nachbarländer Sowjetunion, Litauen, Deutschland und die 
Tschechoslowakei. Vieles ließe sich noch hinzufügen. Wenn selbst drei polnische 
Wissenschaftler in einem Gutachten für ein Bezirksgericht von 60-80.000 Toten in 
polnischen Zwangsarbeiterlagern ausgingen, obwohl sie auch viele Taten bei der 
Vertreibung beschönigten, bleibt unverständlich, warum auf deutscher Seite diese 
Toten geleugnet werden. 
Alle Vertreibungen in Europa sollen auf die 
NS-Politik zurückgeführt werden. 
Die Vertreibung der Deutschen muss ein Schwerpunkt einer Dauerausstellung 
sein, darüber herrschte einmal Konsens. Wenn die Konzeption auch Vertreibungen 
anderer Volksgruppen aufgenommen hat, und das keineswegs nur als Randnotiz, so 
ist dies eine wichtige Ergänzung. Damit wird den Verfechtern der These von 
Ursache und Wirkung die Widersinnigkeit ihrer Ansicht vor Augen geführt: 
Verbrechen an Deutschen mit Verbrechen des NS-Staates aufzurechnen und damit die 
Schuld anderer zu relativieren. Finnen, die baltischen Völker, Ungarn, 
Italiener, aber auch Polen, später die Zyprer, hatten nichts mit den 
NS-Verbrechen zu tun, mussten aber dennoch Vertreibungen erleiden. An ihren 
Schicksalen wird klar, dass es andere Gründe für Vertreibungen gibt, nämlich 
Rassismus und Nationalismus, die sich immer dann Bahn brechen, wenn sich 
Gelegenheit dazu bietet. Die Degradierung der Vertriebenen zu Objekten der 
Aufrechnung ist zutiefst beleidigend. Den Verfechtern von Ursache und Wirkung 
ist wohl klar, dass ihre Theorie auf andere Volksgruppen nicht passt, deshalb 
werden alle Vertreibungen in Europa auf die NS-Politik geschoben. 
NS-Politik verantwortlich für alle 
Vertreibungen in Europa. 
Um die deutsche Tragödie nicht zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen wird 
versucht, andere Geschehnisse in Europa einzubetten in eine Kausalkette, die mit 
dem Einmarsch in Polen und den ethnischen Flurbereinigungen begann, die dann 
insgesamt in die europäische Leidensgeschichte führte. Nach diesem verqueren 
Weltbild ist die nationalsozialistische Politik sowohl Auslöser als auch 
verantwortlich für alle Vertreibungen in Europa. Also ohne den deutschen Impuls 
keine Verbrechen in anderen Ländern. Geschichte soll danach ein physikalischer 
Prozess sein, verantwortliches Handeln von Vertreibern wird ausgeblendet. Es 
verwundert darum nicht, wenn die linke „taz“ mit Blick auf die 
Vertriebenenstiftung am 24.10.2007 schrieb: „Bedenken bestehen wegen der 
Europäisierung des Vertriebenenschicksals und im 20. Jahrhundert eine neue 
Ideologie zu konstruieren. Mit ihr würden die Spezifika des ´deutschen Weges´ 
und der damit verbundenen deutschen Verantwortung eingeebnet.“ 
Prominente Politiker schließen sich dem zwar 
nicht direkt an, jedoch reden sie - mit dem verengten Blick auf die deutsche 
Vertreibung - generell unter dem Aspekt von Ursache und Wirkung. Kanzlerin 
Merkel hat dies immer wieder deutlich gemacht, so am 22.10.2007 bei einem 
Festakt. Danach bleibt die Erinnerungskultur unverzichtbar, „und zwar natürlich 
in dem Bewusstsein der immer währenden Verantwortung Deutschlands für den im 
deutschen Namen begangenen Zivilisationsbruch des Holocaust während der Zeit des 
Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges. Am Ende schlug dieses nicht zu 
beschreibende Unrecht auf die Deutschen zurück.“ 
Kittels „Vergehen“ war, deutsche 
Alleinverantwortung nicht genügend berücksichtigt zu haben. Als endgültiger 
Auslöser für seine Demission kann auch gesehen werden, dass er eine Ausstellung 
einer griechischen Firma ohne rechtzeitige Unterrichtung des wissenschaftlichen 
Beirates gekauft hatte. Der erste Teil dieser Ausstellung über Vertreibungen in 
Europa befasst sich mit Deutschland und Polen. Kittel wurde heftig angegriffen 
und gebeten, den ersten Teil zu streichen. Der Vorgang war der Zündfunke für die 
Trennung. 
Anpassung hat Kittel nichts genutzt. 
Manfred Kittel galt immer als Wissenschaftler, der durchaus Sympathien für 
Vertriebene erkennen ließ. Bemerkenswert sein Ausspruch von der zweiten 
„geistigen Vertreibung“ der Vertriebenen. Seine Vorträge unterschieden sich 
allerdings in den letzten Jahren sehr von seiner Konzeption. Sicher war ihm 
immer bewusst, in welchem Zwiespalt er leben musste. In einem kleinen Kreis 
hatte ich ihn auf die vielen Fehler in der Konzeption hingewiesen. Er ging gar 
nicht darauf ein, sondern erging sich in allgemeinen Erklärungen wie mit dem 
Hinweis auf Angriffe von links. Klar war, dass er unter starkem Druck stand. 
Auch seine direkte Vorgesetzte, Staatsministerin Grütters [CDU], soll schon vorher zu 
erkennen gegeben haben, dass es Veränderungen geben soll. Keine Überraschung bei 
ihrer Sicht der Dinge. Laut „Tagesspiegel“ hatte sie im Sender RBB ausgeführt: 
„Bei der Realisierung des Zentrums müsse Vertreibung in ihrem historischen 
Zusammenhang gesehen werden, nicht isoliert. Ganz wichtig ist, dass wir Ursache 
und Wirkung nicht verwechseln, wenn wir als Deutsche über Flucht und Vertreibung 
nachdenken. Der Zivilisationsbruch des Dritten Reiches bleibe immer die Ursache 
und wird von niemandem in Frage gestellt.“ 
Ob die Staatsministerin bei dieser Einstellung 
einen Nachfolger ins Amt bringen wird, der dem Stiftungsauftrag noch halbwegs 
gerecht wird, bleibt zu bezweifeln. 
Ausland darf nicht bestimmen, wie Deutsche 
gedenken sollen. 
Zweifellos hat deutsche Versöhnungsbereitschaft vornehmlich in Polen und 
Tschechien nicht zu einer Öffnung, sondern vielfach auch zu Verhärtungen 
geführt. Die Personalie Krzysztof Ruchniewicz, Direktor des 
Willy-Brandt-Zentrums an der Universität Breslau, ist ein Beispiel dafür. Als 
Mitautor der Forschungsarbeit von Karol Jonca, Marek Maciejewski, Maciej Marszat, 
Miroslaw Sadowski und Tomasz Scheffler zum Thema „Die Aussiedlung der Deutschen 
und die Ansiedlung der polnischen Bevölkerung im Raum Kreisau-Schweidnitz 
1945–1948“ ließ er in den 1990er Jahren seine Unvoreingenommenheit gegenüber der 
Aufarbeitung der Vertreibung erkennen. An dem Werk gab es wenig auszusetzen. 
Ruchniewicz war auf meine Einladung mehrmals als Referent in Leverkusen und 
Düsseldorf. Es hatte sich ein Verhältnis des Vertrauens entwickelt. Ruchniewicz 
war auch einige Male zu Gast in meiner Wohnung. Er schenkte mir das vorgenannte 
Buch und ich übergab Jahrbücher der Universität Breslau aus einem Nachlass. Als 
2004 der Kontakt abbrach, teilten mir Bekannte mit, dass er inzwischen Distanz 
wahrte. Diese Distanz offenbarte Ruchniewicz, als er im Februar 2011 gemeinsam 
mit anderen als Kritiker des Bundestagsbeschlusses zur Einführung eines 
Gedenktages für Vertriebene auftrat. In einer Erklärung wurde vor allem der 
Bezug zur Charta der Heimatvertriebenen moniert, weil dort nicht auf die 
Verbrechen der NS-Zeit eingegangen werde und das Wort Versöhnung nicht vorkomme. 
Bemerkenswert ist, das Ruchniewicz dem wissenschaftlichen Beirat der 
Vertriebenenstiftung angehört und als ein starker Kritiker Kittels 
hervorgetreten ist. Wie berichtet wurde, stehen die beiden polnischen Vertreter 
in dem Beirat selbst unter Druck. Warschauer Zeitungen haben ihnen wegen ihrer 
Mitwirkung Verrat an der polnischen Sache vorgeworfen. Inwieweit auch 
Regierungen im Ausland Einfluss nehmen, ist mehr als eine Vermutung. Denken wir 
nur an den ehemaligen polnischen Außenminister 
Bartoszewski und seine 
Angriffe 
auf das Zentrum gegen Vertreibungen. 
Gauck: Erinnerung an Vertreibung leugnet nicht 
den Nazi-Terror. 
Nicht intellektuelle Unordnung und platte Formeln über Ursache und Wirkung 
dürfen über die Wahrheit obsiegen, sondern das würdige Gedenken an die Opfer der 
größten Vertreibung in Europa. Wer den Deutschen ein solches Gedenken 
bestreitet, sei erinnert an eine Aussage des heutigen Bundespräsidenten Joachim 
Gauck im Deutschlandradio am 31.08.2006: „Die (Anmerkung: Die Vertriebenen) 
haben dann ihre ganze Heimat verloren, und das kann man jetzt erinnern, ohne 
dass damit der Nazi-Terror oder auch die Schuld der Deutschen geleugnet würde. 
Das müssen wir erst mal lernen. Da gibt es auch Erinnerungsbesitzstände, die 
verteidigt werden von Menschen, denen daran liegt, ihre Deutungshoheit über die 
Geschichte zu behalten. Da müssen wir an den Fakten orientiert und an der 
Wahrheit orientiert offen sein auch für das Leid von Menschen aus unserem 
eigenen Land.“ 
8. Januar 2015 
  
  
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     Quelle: 
    Rudi Pawelka – Landesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien NRW 
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