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Deutscher Dualismus

 


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Dr. M. Ruoff: Der deutsche (preußisch-österreichische) Dualismus – ein Überblick
Quelle: Ostpreußen-TV - www.youtube.com/watch?v=11ZR723US4U - 02.10.2016

Der deutsche (preußisch-österreichische) Dualismus – ein Überblick
Ein Vortrag von Dr. Manuel Ruoff

Der preußisch-österreichische Dualismus ist für die nächsten eineinhalb Stunden unser Thema. Was Preußen ist und was Österreich, das wissen wir. Doch was ist Dualismus? Der Duden sagt „Zweiheit; Gegensätzlichkeit“. „Meyers großes Tschenlexikon“ ist da schon etwas detaillierter. Dort heißt es: „historische Bezeichnung für die Doppelherrschaft, das koordinierte Nebeneinander von zwei Machtfaktoren oder Institutionen in einem politischen System. Dualismus im Sinne eines Antagonismus, zum Beispiel die Rivalität zwischen Österreich und Preußen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und 1850 bis 1866; Dualismus als teilweise Interessenidentität: etwa das Zusammenwirken der beiden Mächte im Deutschen Bund (1815 bis 1848)“

Es ist also die Rede von „Doppelherrschaft“ und „Rivalität“. Das setzt ein Mindestmaß an Gleichwertigkeit, neudeutsch Augenhöhe, voraus. Dazu gehört, dass Preußen neben Österreich die zweite deutsche Großmacht wird. Einige ganz wenige Stationen auf diesem Weg möchte ich vorstellen. Der Große Kurfürst ist der erste souveräne Hohenzoller, denn im Frieden von Oliva wird 1660 die Souveränität von Friedrich Wilhelms Herzogtum Preußen international anerkannt. Der Sohn und Nachfolger des Großen Kurfürsten macht dann 1701 Preußen zur Moarchie. Dessen Sohn und Nachfolger, der Soldatenkönig, schafft die militärischen und finanziellen Ressourcen, damit dessen Sohn und Nachfolger, Friedrich der Große, gegen Maria Theresia von Österreich den Aufstieg in die Großmächteliga erstreiten kann. Das ist der Beginn des deutschen Dualismus.

In der Zeit der napoleonischen Kriege kommt es zu einem bemerkenswerten Rollenwechsel. Die Rolle des Antipoden des französischen Erbfeindes wechselt von den Habsburgern zu den Hohenzollern. In diese Rolle geraten die Hohenzollern nicht unbedingt freiwillig. Napoleon verachtet Preußen und will es vernichten. Dass dieses nach dem Vierten Koalitionskrieg von 1805/06 nicht passiert, hat Preußen nur Russland zu verdanken.

Österreich hingegen will Napoleon nicht vernichten. Vielmehr nimmt er 1810 die Kaisertochter Marie-Louise zur Ehefrau. Im Fünften Koalitionskrieg von 1809 übernimmt Österreich noch einmal die Rolle des Antipoden des französischen Erbfeindes, aber der Krieg geht verloren. Johann Philipp von Stadion wird durch Klemens von Metternich ersetzt. Metternich ist anders als sein preußisches Pendant Karl August von Hardenberg. Während Hardenberg gute Miene zum bösen Spiel macht, und nach Napoleons Russlandfiasko und der Konvention von Tauroggen die erstbeste Gelegenheit nutzt, um an der Seite der Russen Deutschland von der französischen Fremdherrschaft zu befreien, möchte Metternich Napoleon den Thron erhalten und wechselt erst ziemlich spät nolens volens zu den Gegnern Bonapartes. Das macht Preußen zum Hoffnungsträger der erstarkenden antifranzösischen deutschen Nationalbewegung.

Auf dem Wieder Kongress geht es weiter. Während Preußen mit der Nationalbewegung einen harten Frieden für Frankreich will, will Metternich einen weichen. Der Wiener Kongress ist überhaupt in seiner Bedeutung für den deutschen Dualismus kaum zu überschätzen. Preußen wächst in Deutschland hinein, während Österreich aus Deutschland herauswächst. Warum wächst Königgrätz in Deutschland hinein? Der preußische König möchte seine im Frieden von Tilsit 1806 verlorenen polnischen Gebiete gar nicht zurück haben. Stattdessen möchte er viel lieber mit Sachsen entschädigt werden, das schon Friedrich der Große haben wollte. Der preußische König und der russische Zar stellen sich auf den Standpunkt, dass der König von Sachsen und Großherzog von Warschau alle seine Rechte verloren habe, weil er bis zum Schluss, bis zu seiner Gefangennahme nach der Völkerschlacht bei Leipzig zu Napoleon gehalten hatte. Sein Großherzogtum Warschau sollte nun der russische Zar und sein Königreich Sachsen der preußische König erhalten. Österreichs Militärs waren entsetzt ob der Vorstellung, dass der traditionelle Verbündete Sachsen nun preußisch werden sollte. Metternich war von dieser Vorstellung auch nicht gerade begeistert, aber er setzte andere Prioritäten. Für ihn stellte Russland die größere Gefahr für das kontinentale Gleichgewicht dar und er war deshalb bereit, Preußen Sachsen zu überlassen, wenn denn Preußen Österreich dabei half, ein russisches Polen zu verhindern. Preußens Staatskanzler Hardenberg war dazu bereit. Metternich und Hardenberg waren sich soweit einig.

Bei einer Vergnügungstour des österreichischen Gastgebers Kaiser Franz I. mit dem preußischen König und dem russischen Zaren bearbeitete jedoch der Zar Friedrich Wilhelm III. und brachte ihn dazu, dass dieser Hardenberg zu einer prorussischen Politik verdonnerte. Ohne preußische Unterstützung konnte Metternich nicht verhindern, dass Polen russisch wurde, aber er konnte verhindern, dass Sachsen preußisch wurde. Er sorgte dafür, dass Preußen sich mit einem Teil Sachsens zufrieden geben musste und dafür dadurch entschädigt wurde, dass es ebenso wie Bayern mit einer relativ großen Exklave in Westdeutschland zum Nachbarn Frankreichs wurden, und zwar wohlweislich im besonders gefährdeten linksrheinischen Teil der deutsch-französischen Grenze. Metternich war es leid, dass Preußen und Bayern in der Vergangenheit, immer wieder mit Frankreich gegen die deutsche Zentralgewalt in Wien paktiert hatten. Nun sollten sie ein ureigenes Interesse daran bekommen, den französischen Expansionsdrang einzudämmen. Und eine zweite Hoffnung verband Metternich mit diesen preußischen und bayerischen Exklaven: Er hoffte, dass die beiden Königreiche versuchen würden, eine Landbrücke zu ihren Exklaven zu schlagen, und dass die dazwischen liegenden Staaten dagegen Anlehnung bei Österreich suchen würden.

Die „Wacht am Rhein“ belastete wie von Metternich geplant das preußisch-französische Verhältnis, brachte Preußen jedoch auch wichtige Sympathiepunkte bei der deutschen Nationalbewegung. Aus der traditionellen ostelbischen Ostmacht war nun ein gesamtdeutscher Staat geworden, der fast von der Maas bis an die Memel, von der französischen Grenze im Westen bis zur russischen im Osten reichte. Zudem erhielt Preußen mit der Rheinprovinz und Westfalen auch das Ruhrgebiet und damit das industrielle Herz Deutschlands. Österreich hingegen fiel wirtschaftlich ab, sodass es beim kleindeutschen Deutschen Zollverein wegen fehlender Wettbewerbsfähigkeit nicht mitmachen konnte.

Im Gegensatz zu Preußen wuchs Österreich auf dem Wiener Kongress aus Deutschland heraus, und das sowohl mental wie geografisch. Es gibt zwei schwerwiegende Entscheidungen des österreichischen Kaisers. Da ist zum einen der Verzicht auf die römisch-deutsche Kaiserkrone. Aufgrund der Illoyalität die er als römisch-deutscher Kaiser erlebt hatte, wollte er den Titel nicht wieder haben. Das ist verständlich, aber so verzichtete Österreich auf eine wichtige Hervorhebung aus dem Gros der deutschen Staaten. Zum anderen wollte der österreichische Kaiser Vorderösterreich und die österreichischen Niederlande nicht zurück und zog dem Arrondierungen seines Territoriums außerhalb Deutschlands vor. Er argumentierte, dass die Exklaven schwer zu verteidigen seien. Auch das ist richtig, aber so überließ Österreich Preußen und Bayern die „Wacht am Rhein“ und wuchs aus Deutschland heraus.

Für die Lösung der deutschen Frage, gab es im Grunde drei Modelle, eine kleindeutsche und zwei großdeutsche.

1. Die zeitweise von Wien verfolgte große großdeutsche Lösung sah ein Deutschland unter Einschluss Gesamtösterreichs einschließlich seiner nationalen Minderheiten vor. Davon abgesehen, dass eine solche Supermacht schwerlich mit dem kontinentalen Gleichgewicht vereinbar war, widersprach es dem Nationalstaatsprinzip. Die deutsche Nationalbewegung wollte zum einen einen deutschen Nationalstaat und nicht ein Großösterreich, sprich einen großen Vielvölkerstaat. Zum anderen waren die Nationalbewegungen der österreichischen Minderheiten dagegen und die deutsche Nationalbewegung konnte schwerlich für die eigene Nation einen Nationalstaat fordern und ihn anderen verweigern.

2. Die kleinere großdeutsche Lösung sah ein Deutschland unter Einschluss nur des deutschen Teils von Österreich vor und stieß deshalb auf den entschiedenen Widerstand Wiens. Ihre Realisierung hätte die Spaltung Österreichs bedeutet.

3. Die kleindeutsche Lösung sah einen deutschen Nationalstaat ohne Österreich vor, in dem Preußen quasi automatisch als zweiter deutschen Großmacht die Führung zufiel. Für diese letztgenannte Lösung entschied sich schließlich nach schwerem Ringen das Paulskirchenparlament. Es bot dem preußischen König die deutsche Kaiserkrone an, die dieser ablehnte, womit die 48er Revolution gescheitert war, 

Friedrich Wilhelm IV. versuchte anschließend eine kleindeutsche Lösung ohne die Revolutionäre von 1848, aber er scheiterte in der Herbstkrise 1850 jämmerlich. In der sogenannten Olmützer Punktation musste der Preuße auf seine diesbezüglichen Pläne verzichten.

Diese sogenannte „Olmützer Erniedrigung“ wollte Otto von Bismarck, der ab 1862 preußischer Ministerpräsident war, auf keinen Fall wiederholt sehen. Bismarck war nicht antiösterreichisch, aber In seinen Augen war der österreichische Führungsanspruch in Deutschland vermessen. Diese Weigerung, Österreichs Führungsanspruch nicht anzuerkennen, war ihrerseits nicht vermessen, denn das Habsburgerreich hatte seine besten Zeiten hinter sich und ihm mangelte es zusehends an finanziellen und wirtschaftlichen Ressourcen, seinen Hegemonialanspruch durchzusetzen. Doch zu einem freiwilligen Verzicht waren die ehrbewussten Habsburger in Deutschland ebensowenig bereit wie sie es in Italien gewesen waren. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf, und der Konflikt eskalierte.

Vordergründig bekamen sich die beiden Großmächte über ihre gemeinsame Beute aus dem Dänischen Krieg von 1864 in die Haare: die Elbherzogtümer. Bismarck strebte eine preußische Provinz Schleswig-Holstein an, Wien einen weiteren selbstständigen Bundesstaat. Insofern war es schon ein Affront gegen Berlin, als Wien am 23. Januar 1866 im zum österreichisch verwalteten südlichen Teil Schleswig-Holsteins gehörenden Altona eine Massenversammlung zuließ, auf der die Einberufung einer Ständeversammlung für Schleswig-Holstein gefordert wurde.

Schleswig-Holstein war jedoch eher Anlass als Ursache des Deutschen Krieges von 1866. Der „große Schweiger“ Helmuth von Moltke hat es auf den Punkt gebracht:

„Der Krieg von 1866 ist nicht aus Notwehr gegen die Bedrohung der eigenen Existenz entsprungen, auch nicht hervorgerufen durch die öffentliche Meinung oder die Stimme des Volkes; es war ein im Kabinett notwendig erkannter, längst beabsichtigter und ruhig vorbereiteter Kampf nicht für Landerwerb, Gebietserweiterung oder materiellen Gewinn, sondern für ein ideales Gut – für Machtstellung. Dem besiegten Österreich wurde kein Fußbreit seines Territoriums abgefordert, aber es musste auf die Hegemonie in Deutschland verzichten.“

Im Februar 1866 fiel sowohl in Preußen wie in Österreich die wichtige Grundsatzentscheidung, einem Krieg mit der jeweils anderen deutschen Großmacht nicht aus dem Wege zu gehen. Einem diesbezüglichen österreichischen Ministerrat in Anwesenheit des Monarchen vom 21. Februar folgte eine Woche später ein entsprechender preußischer Kronrat.

In dieser Situation goss der Kaiser der Franzosen Napoleon III. Öl ins Feuer. Ihm war an einer Selbstzerfleischung der deutschen Großmächte gelegen. Zum ersten schwächte es Deutschland; zum zweiten stärkte es Frankreichs im Krimkrieg von Russland übernommene Stellung als Primus inter Pares unter den vier kontinentalen Großmächten; und zum dritten versprach es ihm die Möglichkeit, als Zünglein an der Waage einmal wieder zwischen den Parteien zu makeln und entsprechende Provisionen zu kassieren.

So versuchte Napoleon, sowohl Preußen als auch Österreich die Entscheidung für den Bruderkrieg zu erleichtern. Auf dem preußischen Kronrat vom 28. Februar hatte Moltke als Chef des Generalstabs die Notwendigkeit einer Unterstützung Italiens für einen Sieg gegen Österreich betont. Folgerichtig ließ Napoleon seine guten Beziehungen zu Italien spielen, sodass letzteres sich in der Offensiv- und Defensivallianz vom 8. April 1866 verpflichtete, Preußen in einem Krieg gegen Österreich beizustehen.

Österreich hingegen hatte die Sorge, dass bei einem Krieg gegen Preußen Frankreich wie im Sardinischen Krieg von 1859 dem Gegner beispringen könnte. Auch hier wusste Napoleon Rat. Am 12. Juni 1866 sicherte er Österreich die französische Neutralität für den Fall eines preußisch-österreichischen Krieges zu.

Unabhängig davon, dass diese Deutschlandpolitik den von ihm erstrebten innerdeutschen Krieg wahrscheinlicher werden ließ, winkten Napoleon dafür, dass er Preußen bei den Bündnisverhandlungen mit Italien half und Österreich seine Neutralität zusicherte, Gegenleistungen. Bismarck war da zurückhaltender als seine österreichischen Kollegen. Dem Preußen gelang es des Franzosen Begehrlichkeiten auf französischsprachige Gebiete zu lenken sowie konkrete Zusagen zu vermeiden. Die Donaumonarchie dagegen versprach Frankreich in dem genannten Geheimvertrag für den Fall ihres Sieges über Preußen ihr eigenes Venetien zu dessen freier Verfügung sowie das preußische Rheinland als Einflusssphäre.

Das Ausmaß, um nicht zu sagen die Maßlosigkeit dieser Zugeständnisse spiegelt Phantasie-, Rat- und Hilflosigkeit. Wenn man in Berlin den Krieg auch nicht unbedingt anstrebte, so bereitete man ihn dort doch zielstrebig vor. In Wien hingegen war man „zum Kriege resigniert“, um es mit dem russischen Zaren Alexander II. zu sagen.

In dieser Situation der Bedrängnis durch die aufstrebende norddeutsche Großmacht setzte Wien auf den Deutschen Bund. Am 1. Juni 1866 forderte es diesen auf, über das weitere Schicksal des österreichisch verwalteten Herzogtums Holstein zu entscheiden. Berlin interpretierte das als wider die preußisch-österreichische Gasteiner Konvention des Vorjahres, in der ungeachtet der dort vorgenommenen Verwaltungsteilung noch einmal die „Rechte beider Mächte von der Gesamtheit beider Herzogtümer“ betont worden waren. Am 9. Juni marschierten die Preußen in Holstein ein. Die dortigen österreichischen Truppen verzichteten auf Gegenwehr und zogen ab, sodass es noch zu keinen Kampfhandlungen kam. Wieder setzte Wien auf den Deutschen Bund. Am 11. Juni beantragte es die Mobilisierung des nichtpreußischen Armeekorps des Bundesheeres, ein Antrag, der drei Tage später vom Bundestag angenommen wurde. Daraufhin erklärte der preußische Bundestagsvertreter den Deutschen Bund für aufgelöst. Nichtsdestoweniger beschloss der Bundestag am 16. Juni die Bundesexekution gegen Preußen. Vier Tage später erklärte Italien gefolgt von Preußen Österreich den Krieg und am 21. Juni überschritten preußische Truppen die böhmische Grenze.

Nachdem mit seiner Unterstützung im Juni 1866 der Deutsche Krieg entfesselt worden war, hoffte der Kaiser der Franzosen auf eine lange blutige Selbstzerfleischung der Deutschen, an deren Ende er als lachender Dritter mitteln konnte. Es kam anders. Der Krieg war kurz, was sowohl militärische als auch politische Gründe hatte. Und der Krieg wurde zur Überraschung vieler von Preußen gewonnen. Am 3. Juli 1866 fiel in einer Schlacht bei Königgrätz und Sadowa in Nordostböhmen die militärische Entscheidung.

In der Frage der Gewichtung der Gründe für den Kriegsausgang gehen die Meinungen auseinander. Unbestreitbar sind ein paar beachtliche Vorteile für die Preußen – neben dem nicht zu unterschätzenden Kriegsglück, das auf Borussias Seite stand. Die Österreicher befanden sich – im Gegensatz zu den Preußen – in einem Zweifrontenkrieg. Im Norden kämpften sie mit ihrer Nordarmee gegen Preußen und dessen deutsche Verbündete und im Süden mit ihrer Südarmee gegen die Italiener, die entsprechend der Offensiv- und Defensivallianz vom 8. April 1866 den Preußen beisprangen. Die Österreicher konnten also im Gegensatz zu den Preußen nicht ihre gesamte Kampfkraft auf dem deutschen Kriegsschauplatz zum Einsatz bringen.

Preußen hatte die allgemeine Wehrpflicht nicht erfunden, aber perfektionierte sie und setzte sie mit preußischer Gründlichkeit und preußischer Unbestechlichkeit durch. Davon, dass sich die gehobenen Schichten nicht drücken konnten, profitierte das Niveau der Armee. Zudem kannten die Preußen im Gegensatz zu den Österreichern die Wehrpflicht bereits aus der Friedenszeit und die Wehrpflichtigen gingen entsprechend gut ausgebildet in den Krieg.

Österreichs Wirtschaft war nicht wettbewerbsfähig. Der preußische Soldatenkönig hatte auch nur über beschränkte ökonomische Ressourcen verfügt. Er hatte sich aber durch einen sauberen, effizienten Staatsapparat, strikte Sparsamkeit und entsprechende Prioritätensetzung trotzdem eine schlagkräftige Armee leisten können. Das war bei Österreich etwas anders. Das Habsburgerreich litt chronisch unter Geldmangel. und das Militär besaß keine Priorität. Preußen hingegen besaß seit dem Wiener Kongress mit dem Ruhrgebiet das schwerindustrielle Herz Deutschlands.

Mit dem Rotstift, der bei den österreichischen Streitkräften das Sagen hatte, hängt auch zusammen, dass die Österreicher noch Vorderlader verwendeten, während die Preußen bereits mit dem Zündnadelgewehr und damit mit einem Hinterlader ausgestattet waren. Das preußische Gewehr hatte den Vorteil, dass man mit ihm schneller schießen und es auch im Liegen laden konnte. Letzteres war vor allem in der Verteidigung wertvoll, weil der Soldat dann im Kampf überhaupt nicht mehr aufstehen und ein entsprechend großes und erkennbares Ziel darstellen brauchte.

Schlussendlich sei der Unterschied in der Führung genannt. Im Gegensatz zu den Österreichern hatten die Preußen einen Helmuth von Moltke als Chef des Generalstabes der Armee. Moltkes Erfolge resultierten nicht zuletzt daher, dass er der Moderne Rechnung trug. Durch die allgemeine Wehrpflicht und das Bevölkerungswachstum infolge der industriellen Revolution waren die Heere enorm angewachsen. Geschlossen waren sie kaum noch bewegungsfähig. Derart große Menschenansammlungen verstopften die Straßen und waren kaum noch in der Lage, sich aus dem Gebiet, das sie durchquerten, zu versorgen. Abgesehen davon, dass Moltke auf das moderne Transportmittel der Eisenbahn zur Beförderung setzte, zog er daraus die Lehre: „Getrennt marschieren, vereint schlagen.“

Das Problem beim getrennten Marschieren war die Koordinierung und dass der Oberkommandierende nicht überall gleichzeitig sein konnte. Hierzu setzte Molke auf die Telegrafie, die eine schnelle Befehlsübermittlung über weite Strecken ermöglichte, sowie die Auftragstaktik. Wenn die Unterführer gut motiviert und ausgebildet waren sowie zur Selbständigkeit erzogen, bedurfte es gar nicht ständiger Befehle, damit sie im Sinne des Oberkommandierenden agierten, es genügte ein Auftrag.

In der Entscheidungsschlacht bei Königgrätz vom 3. Juli 1866 wäre dieses „Getrennt marschieren, vereint schlagen“ fast schiefgegangen. Lange mussten die Elbarmee und die Erste Armee Preußens nämlich alleine gegen die von Sachsen unterstützte österreichische Nordarmee kämpfen, die Preußen im Westen, die Österreicher und Sachsen im Osten. Doch dann kam Kronprinz Friedrich Wilhelms Zweite Armee – ersehnt wie Blüchers Preußen von den Engländern bei der Schlacht von Belle Alliance – aus dem Norden und fuhr den Österreichern in die rechte Flanke. Wollten die Österreicher nicht, dass ihre Front von der Zweiten Armee vom Norden bis zum Süden aufgerollt wurde, blieb ihnen nur der schnelle Rückzug.

Durch diesen noch rechtzeitigen Rückzug der Österreicher misslang Moltke zwar im zweiten Einigungskrieg die erstrebte Umfassung, Einkreisung und anschließende Vernichtung des Gegners, die ihm im dritten Einigungskrieg dann endlich gelang. Doch war der Ausgang der Schlacht eindeutig genug, dass sie als kriegsentscheidend eingestuft werden kann. Die Österreicher verloren 42812 Soldaten. Davon waren 330 Offiziere und 5328 Mann gefallen, 431 Offiziere und 7143 Mann verwundet, 43 Offiziere und 7367 Mann vermisst sowie 509 Offiziere und 21661 Mann gefangen. Hinzu kamen 1501 Sachsen. Von denen waren 15 Offiziere und 120 Mann tot, 40 Offiziere und 900 Mann verwundet sowie 426 Mann vermisst. Gegenüber diesen 44313 Österreichern und Sachsen kann man die Verluste der Preußen mit 9153 Soldaten nur als auffallend gering bezeichnen. Von jenen waren 99 Offiziere und 1830 Mann gefallen, 260 Offiziere und 6688 Mann verwundet und 276 Mann vermisst. Am Tage nach der Schlacht kam es bei einer Verhandlung zwischen hochrangigen Parlamentären zu einem bemerkenswerten Dialog. Auf die Frage eines Preußen an seinen österreichischen Gast „Braucht Ihre Armee einen Waffenstillstand?“ antwortete der Gefragte: „Mein Kaiser hat keine Armee mehr, sie ist so gut wie vernichtet.“

Nach dieser militärischen Vorentscheidung erstrebte Bismarck einen schnellen Verständigungsfrieden. Zum einen war sein Kriegsziel auf Österreichs Verzicht auf die Hegemonie in Deutschland beschränkt. Zum anderen wollte er einer Einmischung durch andere Großmächte, vor allem Frankreichs zuvorkommen. Letzteres gelang ihm nicht. Bismarck hatte kaum eine Chance, Napoleon III. draußen zu halten, denn dieser brauchte sich gar nicht erst ungefragt einzumischen. Das übernahmen die Österreicher für ihn. Wie schon vor dem Kriegsausbruch beim österreichisch-französischen Geheimvertrag vom 12. Juni 1866 warfen sie sich auch im Krieg hilfesuchend an die Brust des Franzosen. Schon einen Tag vor der Niederlage von Königgrätz hatte der österreichische den französischen Kaiser um Vermittlung gebeten. Drei Tage später sah sich Preußen mit Napoleons Vermittlungsangebot konfrontiert.

Die Preußen schlossen es nicht aus, nötigenfalls nicht nur gegen Österreich, sondern auch noch gegen Frankreich Krieg zu führen. Für diesen Fall setzte Bismarck auf ein Bündnis mit dem Nationalismus. Er hätte versucht, die deutsche Nationalbewegung gegen Frankreich und die ungarische Nationalbewegung gegen Österreich zu mobilisieren. Aber entsprechende Planungen waren für den Worst Case, also den schlimmstmöglichen Fall, vorgesehen. Erst einmal ging Preußen auf Napoleons Vermittlungsangebot ein. Damit war der Kaiser der Franzosen im Boot und Frankreichs Interessen von großer Bedeutung für den Fortgang der Friedensverhandlungen zwischen den beiden deutschen Großmächten.

Die Verhandlungen führten zum Vorfrieden von Nikolsburg vom 26. Juli 1866, dem der Friedensvertrag von Prag am 23. August 1866 folgte. Preußens größter Kriegsgewinn bestand darin, dass Österreich nicht nur auf die Hegemonie in Deutschland verzichtete und die Auflösung des von ihm geführten Deutschen Bundes anerkannte, sondern darüber hinaus einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne seine Beteiligung zustimmte. Der Kaiserstaat wurde dafür nicht nur bei den finanziellen Kriegsentschädigungsleistungen, sondern auch bei den Landabtretungen weitgehend geschont.

Frankreich wiederum setzte sich mit seinem Wunsch durch, die Trias-Idee wieder aufzugreifen, sprich die Dreiteilung Deutschlands in Preußen mit seiner polnischen Minderheit, Österreich mit seinen diversen nichtdeutschen Minoritäten und das sogenannte dritte oder reine Deutschland der deutschen Mittel- und Kleinstaaten. Klassischerweise wird diese Idee in den größeren deutschen Mittelstaaten vertreten, nicht zuletzt in der Hoffnung, dass das eigene Königreich dieses „dritte“, „reine“ Deutschland leiten könnte. Doch auch unter den Franzosen, die Deutschland so sehr lieben, dass sie froh sind, wenn es mindestens drei davon gibt, hat diese Idee traditionell ihre Anhänger. In der napoleonischen Zeit wurde sie mit Preußen, Österreich und dem Rheinbund verwirklicht. Napoleon III. hoffte nun auf eine Neuauflage dieser Idee. Da war auf der einen Seite der Kriegssieger Preußen, das seine nördlich der Mainlinie gelegenen Kriegsgegner von 1866 mit Ausnahme Sachsens einverleiben und mit seinen nördlich der Mainlinie liegenden Verbündeten und Sachsen einen von ihm dominierten Norddeutschen Bund gründen durfte. Dann war da Österreich. Und dann war da die süddeutschen Mittel- und Kleinstaaten, von denen Napoleon hoffte, dass sie sich zu einer dritten Kraft, einem süddeutschen Bund analog zum Norddeutschen Bund, zusammenschließen würden.

An die Stelle des deutschen Dualismus war also eine Dreiteilung Deutschlands getreten. Das bedeutete aber nicht zwangsläufig das endgültige Ende des deutschen Dualismus. Vielmehr gab es zumindest Ansätze einer Rivalität zwischen Wien und Berlin bei dem Versuch, die süddeutschen Klein- und Mittelstaaten an sich zu binden. Preußen gewann schließlich diesen Kampf um Einfluss, was die Realisierung der kleindeutschen Lösung der deutschen Frage ermöglichte, mit der spätestens der deutsche Dualismus endete. Dass Preußen diesen Kampf um Einfluss gewann, lag maßgeblich am Verhalten Frankreichs. Napoleon genügte nämlich die Dreiteilung Deutschlands in Norddeutschen Bund, Österreich und einen süddeutschen „Verein“ nicht, er wollte Land. Napoleon III. war wie sein berühmterer Onkel ein Kind der Revolution, und wie sein Oheim legitimierte er seine Herrschaft nicht mit der Gnade Gottes, sondern mit der Zustimmung der Nation. Und diese Zustimmung glaubte er sich durch immer neue außenpolitische Erfolge erhalten zu müssen. Wenn er auch ein Kind der 48er Revolution war, so strebte er doch in klassischer französischer Manier an den Rhein.

Wie viele war er vor dem Deutschen Krieg davon ausgegangen, dass Österreich daraus als Sieger hervorgehen würde. Im österreichisch-französischen Geheimvertrag vom 12. Juni 1866 hatte Paris sich deshalb von Wien die Zustimmung zur Schaffung eines formal zwar unabhängigen, aber de facto von Frankreich abhängigen neuen Staates aus rheinländischem Territorium des prognostizierten Kriegsverlierers Preußen zusichern lassen. Durch den unerwarteten preußischen Sieg war dieser Geheimvertrag jedoch entwertet, und Frankreich versuchte nun, bei Preußen nachzuholen, was es vor dem Krieg verabsäumt hatte. Naheliegenderweise konnte Paris schwerlich mit Erfolgsaussicht von Berlin preußisches linksrheinisches Territorium verlangen; aber Preußens Kriegsgegner Bayern und Großherzogtum Hessen besaßen doch auch linksrheinische Gebiete, die Preußen ja nun als Sieger Frankreich großzügig zuschanzen könne. Legitimiert wurden derartige französische Forderungen damit, dass ein Machtgewinn eines Kriegssiegers durch Machtgewinne Frankreichs kompensiert werden müssten, um das europäische Gleichgewicht zu wahren. Am 5. August 1866 ließ sich Bismarck die französischen Forderungen nach dem bayerischen und hessischen Territorium links des Rheins vom französischen Botschafter aushändigen. Statt sie zu erfüllen, machte er sie über eine französische Zeitung öffentlich.

Nicht nur die Hessen und Bayern, sondern auch die übrigen Süddeutschen waren schockiert und verängstigt ob des bloßgestellten französischen Imperialismus. Sie zeigten sich deshalb offen für Bismarcks Schutz- und Trutzbündnisangebote. Dies galt umso mehr, als der preußische Kriegssieger sie mit großzügigen Friedensvertragsangeboten an die süddeutschen Kriegsverlierer verband. Den Anfang machte Württemberg, das am 13. August 1866 mit Preußen ein Verteidigungsbündnis schloss, das weder befristet noch kündbar war und dem preußischen König für den Verteidigungsfall den Oberbefehl zusprach. Es folgten am 17. August Baden, am 22. August Bayern und am 11. April 1867 das Großherzogtum Hessen mit vergleichbaren Bündnisverträgen.

So blieben die süddeutschen im Gegensatz zum Gros der norddeutschen Verlierer des zweiten Einigungskrieges weitgehend verschont und wurden von Kriegsgegnern zu Verbündeten Preußens. Um Frankreich nicht zu provozieren, das den Einfluss der norddeutschen Großmacht durch den Friedensvertrag von Prag auf Norddeutschland beschränkt wähnte, blieben die Bündnisverträge vorerst geheim. Doch bei dem nächsten und letzten Einigungskrieg, dem gegen Frankreich, sollten sie noch eine große, wenn nicht kriegsentscheidende Rolle spielen. Nicht zuletzt dank der von Bismarck durchgesetzten Schonung der süddeutschen Staaten und Österreichs nach dem Deutschen Krieg von 1866 sprangen die süddeutschen Mittel- und Kleinstaaten Preußen 1870 im Deutsch-Französischen Krieg zur Seite und Österreich blieb zumindest neutral und verzichtete auf die Chance zur Revanche. Das waren entscheidende Voraussetzungen für den Sieg über Frankreich, welche die Gründung des Deutschen Reiches 1871 ermöglichten.

Abgesehen von ihrer schonenden Behandlung durch Bismarck nach dem Deutschen Krieg gibt es noch einen weiteren Grund dafür, dass die Verlierer von 1866 vier Jahre später Preußens Krieg gegen Frankreich nicht zu einer Revanche nutzten. Die antifranzösische deutsche Nationalbewegung und öffentliche Meinung war inzwischen ein entscheidender Verbündeter Preußens geworden. Im Falle Österreichs kam ein weiterer Grund hinzu: Ungarn.

Ich habe den deutschen Dualismus in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre mit dem Aufstieg Preußens in die Riege der Großmächte beginnen lassen. Ich möchte ihn enden lassen mit dem Abstieg Österreichs aus der Riege der Großmächte. Keine Angst, Sie kriegen von mir jetzt nicht österreichische Geschichte bis 1918. Ich spreche von 1867. 1867 fand der sogenannte Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn statt. Dieser Ausgleich beinhaltete, dass Österreich Ungarn verlor, das nun gleichberechtigt mit Österreich die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie bildete. Die Umwandlung Österreichs in die k. u. k. Monarchie war eine indirekte Folge des Deutschen Krieges. Durch den Verlust der Hegemonie der Deutschösterreicher in Deutschland war ihre Stellung im Vielvölkerstaat nachhaltig erschüttert. Statt Deutscher dominierte nun mit Gyula Andrássy ein Ungar die österreichische Außenpolitik. Ungarn wie er sahen in Preußen keinen Rivalen, sondern einen natürlichen Verbündeten. Und das gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen in der Niederhaltung der Deutschösterreicher, auf dass sie weder in Deutschland noch in der Donaumonarchie je wieder die Hegemonie gewannen. Und zum anderen gegen Russland. Im Gegensatz zur deutschösterreichischen war ihre ungarische Außenpolitik Wiens nicht von der deutschösterreichischen Rivalität mit Preußen um die Hegemonie in Deutschland bestimmt, sondern von ihrer eigenen ungarischen Rivalität mit Russland um die Hegemonie auf dem Balkan. Und da schien der deutsche Nachbar Preußen der ideale Verbündete. Und so kommt es dann zu einer großen Harmonie zwischen Bismarck und Andrássy, zwischen Berlin und Wien, die das Gegenteil von Dualismus war und auch den Berliner Kongress von 1878 prägte und ein Jahr später zum kleindeutsch-österreich-ungarischen Zweibund führte.
 

 

Quellen:
Grafiken und Foto: Archivmaterial;
Text: © Dr. Manuel Ruoff


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