Kriegsgeneration bis heute
traumatisiert
Schlafstörungen, Panikattacken: Einer aktuellen Studie zufolge leiden
überdurchschnittlich viele Senioren unter posttraumatischer Belastungsstörung.
Die Erlebnisse während des Zweiten Weltkrieges wirken offenbar bis heute nach.
Leipzig
- Der Zweite Weltkrieg liegt mehr als 60 Jahre zurück, doch noch immer leiden
alte Menschen in Deutschland wegen der schrecklichen Erinnerungen an psychischen
Störungen. Nach einer aktuellen Studie leiden Ältere dreimal so häufig an einer
sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) wie die jüngere
Bevölkerung. Das haben Wissenschaftler der Universität Leipzig in Zusammenarbeit
mit Kollegen von der Universität Zürich herausgefunden. Sie hatten 2400 Menschen
aus allen Altersgruppen befragt.
Rund 60 Prozent der über 75-Jährigen gaben dabei
an, ein traumatisches Erlebnis während des Kriegs gehabt zu haben. In manchen
Fällen waren das einschneidende Geschehnisse wie die Bombardierung Dresdens, oft
aber auch ganz persönliche Erlebnisse von Soldaten oder Daheimgebliebenen, die
Grausames zu sehen bekamen. Die Ereignisse wirken offenbar bis heute nach: "So
berichten Betroffene zum Beispiel von Panikattacken, wenn sie Feuerwehrfahrzeuge
im Einsatz vorbeifahren hören, weil sie als Kleinkinder Bombenangriffe erleben
mussten", sagte der Leipziger Psychologe Elmar Brähler. Immer wieder habe er von
Älteren dann Sätze wie "Die Bilder kommen zurück" gehört. In der Erinnerung
würden auch Verluste von Geschwistern oder Schulkameraden neu erlebt.
Die psychischen Folgen des Zweiten Weltkriegs
seien lange tabuisiert worden, sagte Brähler. Erst heute nach dem Eintritt in
den Ruhestand bilanzierten viele der Betroffenen ihr Leben. "Und dann setzen die
PTBS ein." Insgesamt sind in Deutschland den Angaben zufolge 2,3 Prozent der
Bevölkerung von PTBS betroffen. Während es bei jüngeren Menschen knapp über ein
Prozent seien, zeigten immerhin 3,44 Prozent der über 60-Jährigen dieses
Krankheitsbild.
Diese Zahlen seien "international einmalig",
sagte der Psychopathologe der Universität Zürich, Andreas Maercker. Studien in
anderen Ländern hätten ein völlig anderes Bild ergeben: In den USA, Kanada,
Australien und Mexiko hätten die älteren Menschen die jeweils wenigsten PTBS
aufgewiesen.
Die Wissenschaftler riefen Haus- und Fachärzte
auf, sensibler für solche Belastungen zu sein. Maercker sagte, die Betroffenen
litten häufig an Schlafstörungen, Panikattacken und Schuldgefühlen. Die Probleme
würden aber häufig falsch als Depressionen diagnostiziert.
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