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Für viele Polen war Vertriebenen-Präsidentin Steinbach lange ein rotes Tuch. Sie verdächtigten sie, die Kriegsschuld Deutschlands relativieren zu wollen. Vor allem in der Debatte über ein Zentrum gegen Vertreibung sorgten Äußerungen von ihr wiederholt für Empörung. Doch der Reizeffekt scheint sich abgenutzt zu haben. Bei einem Besuch in Polen traf sie vor allem auf Gleichgültigkeit. Von Ludger Kazmierczak, ARD-Hörfunkstudio Warschau Gerade mal sechs Demonstranten hatten sich vor dem Büro der deutschen Minderheit in Danzig in Stellung gebracht, um mit zwei Transparenten und einem Megaphon gegen den Besuch von Erika Steinbach zu protestieren. "Wir wollen von Frau Steinbach nichts als die Wahrheit. Sie soll endlich aufhören zu lügen und die Oder-/Neiße-Grenze nicht länger in Frage stellen." Zu mehr Widerstand haben sich die Polen nicht aufraffen wollen. Die Vorsitzende des Deutschen Bundes der Vertriebenen ist längst nicht mehr die Reizfigur, die sie mal war. Die CDU-Politikerin wird hierzulande eher als Problem für ihre eigene Partei denn als Belastung für das deutsch-polnische Verhältnis wahrgenommen. In ihrem Geburtsort Rumia in der Nähe von Danzig schlägt Erika Steinbach vor allem eins entgegen: Gleichgültigkeit. "Ich weiß, dass sie aus Rumia kommt, und mal für die Rückgabe von Eigentum gekämpft hat. Aber das ist schon lange her, wir sollten dieses Thema endlich ruhen lassen. Die Meinung über sie hier ist sicher eher negativ, aber eigentlich ist sie kein Thema für die Leute, eher für die Medien", sagte eine Frau. Und eine andere Frau fügte hinzu: "Wir sind nicht froh über diesen Besuch, aber vielleicht wird es eine demütige Verbeugung vor den Polen. Vielleicht wird dieser Besuch sie zum Nachdenken anregen." Bürgermeisterin an Treffen nicht interessiertBeim Besuch der Seemannskirche von Gdynia ließ sich der zuständige Priester nicht blicken. Und auf ihrem kurzen Spaziergang durch den Ort, in dem sie 1943 als Tochter eines deutschen Besatzungssoldaten geboren wurde, musste Erika Steinbach auf die Anwesenheit der Bürgermeisterin verzichten. Elzbieta Rogala Konczak hatte eine Begegnung an Bedingungen geknüpft, die der Gast aus Deutschland nicht erfüllen wollte. "Frau Steinbach hat mich um ein Treffen gebeten und ich dachte, wir könnten zunächst auf dem Friedhof von Rumia vor den Gräbern der polnischen Soldaten niederknien, die hier im Krieg gefallen sind. Danach hätten wir, wie das in Kaschubien so üblich ist, bei Tee oder Kaffee miteinander geredet. Frau Steinbach hat dieses Angebot jedoch abgelehnt, also werde ich mich nicht mit ihr treffen." Während Alt-Bundespräsident Horst Köhler vor zwei Wochen in seinem ostpolnischen Geburtsort mit großem Bahnhof empfangen wurde, haben die Polen Erika Steinbach nun die kalte Schulter gezeigt. Die Gründe für diese Ablehnung sucht sie nicht bei sich. "Weil ich Präsidentin des Bundes der Vertriebenen bin, wird ein Unterschied gemacht. Es ist ja auch der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker mit hohen Ehren empfangen worden, obwohl er am 1. September 1939 als Soldat Polen mit überfallen hat. Aber man hat ihm trotzdem den roten Teppich ausgerollt." Wären die vielen Fernseh- und Fotokameras nicht gewesen, hätte sich Steinbach sehr einsam fühlen müssen. Immerhin gab es ein paar Vertreter der deutschstämmigen Bewohner Pommerns, die mit ihr reden wollten. Genau deshalb war sie offiziell auch nach Polen gekommen - nicht als Vertriebenenpräsidentin, sondern als Menschenrechtsbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die den Dialog mit der deutschen Minderheit sucht.
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