Der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder beim 70. Sudetendeutschen Tag 2019 in Regensburg
Erregte Gemüter
Tschechen fühlen sich durch Sudetendeutschen Tag provoziert
Bei seiner Ansprache auf dem Pfingsttreffen der
Sudetendeutschen in Regensburg
hatte Bundesinnenminister Horst
Seehofer zunächst die Verbesserung der
Beziehungen zur Tschechischen Republik gelobt und diese als fast normal
bezeichnet. Als er dann jedoch als Beweis der Normalisierung einen
Sudetendeutschen Tag in Prag oder anderswo in der Heimat vorschlug, schlugen
auf tschechischer Seite die Wellen hoch. „Das würde ich für eine nicht zu
akzeptierende Provokation halten“, sagte der tschechische Ministerpräsident
Andrej Babiš von der Protestbewegung ANO 2011.
Auch andere linke Politiker
in der Tschechei kritisierten das Vorhaben von Seehofer. Der
Fraktionsvorsitzende von Babiš’ sozialdemokratischem Koalitionspartner CSSD,
Jan Chojka, bezeichnete derartige Gesten „so viele Jahre nach dem Krieg“ als
unnötig. Miroslav Kalousek von der konservativen Oppositionspartei TOP 09
glaubt, dass die Zeit für derartige Gesten, die unnötig die Gemüter erregen
könnten, noch nicht gekommen sei.
Dabei scheint man in Prag zu vergessen, dass die Friedliche Revolution sich
in diesem Jahr zum 30. Mal jährt und dass die Tschechei seit 15 Jahren
Mitglied der EU ist, in der auch für Vertriebene Freizügigkeit herrscht. Die
Erlebnisgeneration muss wohl erst wegsterben, bevor von tschechischer Seite
ein solches Angebot erfolgt. Dabei treffen sich Vertriebene aus anderen
Vertreibungsgebieten, etwa aus Ungarn, der Slowakei, Litauen oder auch aus
Rumänien, schon seit Jahrzehnten in ihrer Heimat.
Zustimmung fand der Vorschlag von Seehofer nur bei den oppositionellen
tschechischen Christdemokraten (KDU-CSL) und der Piratenpartei. Nach dem
Zweiten Weltkrieg waren rund drei Millionen Deutsche aus der damaligen
Tschechoslowakei vertrieben worden. Die meisten von ihnen fanden in Bayern
eine neue Wohnstätte. „Die
Sudetendeutschen sind ein wichtiger Teil der
bayerischen Identität“, betonte Ministerpräsident Markus Söder zum 70.
Sudetendeutschen Tag in Regensburg. „Die
Sudetendeutschen sind der vierte
Stamm in Bayern. Sie gehören wie die Altbayern, Schwaben und Franken fest zu
unserer Heimat“, sagte Söder.
„Die
Sudetendeutschen haben einen großen Anteil daran, dass Bayern heute so
gut dasteht: Als Vertriebene haben sie sich im Freistaat neue Existenzen
aufgebaut. Ihre Handwerksbetriebe und Unternehmen haben Bayern mit zu Wachstum
und Wohlstand verholfen“, sagte Söder.
Vor drei Jahren hatte es beim Sudetendeutschen Tag in Nürnberg einen ersten
Aufschrei von tschechischer Seite gegeben, als mit Kulturminister Daniel
Herman erstmals ein aktiver tschechischer Minister auf einer solchen
Veranstaltung auftrat. Babiš’ ANO 2011 gehörte damals noch zu denen, die
diesen Schritt begrüßten. Heute ist Babiš auf die Kommunisten als
Mehrheitsbeschaffer angewiesen und muss seine Politik entsprechend anpassen.
Allerdings steht Babiš auch unter dem Druck der Straße. Prag erlebt seit
einigen Tagen die größten Massendemonstrationen seit 1989. Die Demonstrationen
richten sich gegen Babiš, dem sie Korruption und Zweckentfremdung von
EU-Subventionen vorwerfen. Seine Breitseite gegen die
Sudetendeutschen und
Bayern könnte also auch ein Ablenkungsmanöver im innenpolitischen Kampf
gewesen sein. - B. B.
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