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Der Stadtkreis
Memel
Der Stadtkreis Memel hatte 1933 eine Flächengröße
von 31,28 qkm und 1932 42.818 Einwohner, d. s. 1.368,86 auf 1 qkm. Er umfaßte die Stadt Memel und die
eingemeindeten Ortschaften Budsargen, Schmelz, Bommelsvitte, Janischken, Rumpischken,
Charlottenhof und auf der Kurischen Nehrung Süderspitze, Sandkrug. Die letzte Ortschaft
spielte einst eine bedeutende Rolle, als die Poststraße von Königsberg-Memel-Libau
bestand und die Reisenden nach Memel von Sandkrug übergesetzt werden mußten. Bei
Sturm und Eisgang kam es dann zu unliebsamem, unfreiwilligem Aufenthalt im Sandkrug.
Der 1819 erstochene Dichter August von Kotzebue dichtete bei solcher Wartezeit im
Sandkrug das Lied „Es kann ja nicht immer so bleiben".
Die Stadt Memel „ist eine der
ältesten und schicksalsreichsten Städte des deutschen Ostens". Sie wurde auf ursprünglich
kurischem Volksgebiet 1252 gleichzeitig mit der „Mümmelburg" an der Mündung der
Dange ins Kurische Haff gegründet, und zwar nicht von Preußen, sondern von Livland aus.
Dort war der Schwertbrüder-Orden zur Unterstützung des Bischofs in Riga entstanden
und hatte sich 1237 mit dem Deutschen
Orden in Preußen vereinigt. Der Schwertbrüder-Orden und der Bischof von
Kurland legten Burg und Stadt gemeinsam an, um den Ausgang des Kurischen Haffs zur
Ostsee und die Landverbindung zwischen dem preußischen und dem livländischen Ordenszweig
zu sichern. Die Memelburg war als Komturshaus mit vier Gebäudeflügeln und starken
Rundtürmen an jeder Ecke erbaut. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde sie mehrfach umgebaut
und diente einem Amtshauptmann als Verwaltungssitz. 1672 ließ der Große Kurfürst
seinen Widersacher und Führer der ständischen Gegner, Christian Ludwig von Kalckstein,
im Schlosse hinrichten. Seit 1770 wurden die Festungswerke abgetragen. Auf dem Burggelände
ließ der Große
Kurfürst zum Schutz der Haffseite 1627 eine Zitadelle erbauen, die 1686
erweitert, von 1888 bis 1940 nach und nach beseitigt worden ist.
Neben dem Ordenshaus entstand seit 1252 die Stadt Memel, sie erhielt
das in Preußen seltene Lübische Recht, 1475 wurde ihr das Kulmische Recht verliehen.
Da Memel Grenzstadt war, hatten Burg und Stadt mehrfach unter Zerstörungen in Kriegen,
bei Überfällen und durch Brände zu leiden. Samländer (1254), Schamaiten, Kuren und
Litauer waren an den Verheerungen bzw. Bränden beteiligt, z. B. 1323, 1360, 1365,
1379, 1402, 1409 (Brand), 1414. Im 13jährigen Ständekriege
drangen die Danziger mehrmals bis Memel vor, um den Seeverkehr zu sperren. Memel
war zuerst eine livländische Stadt, 1328 fiel sie an Preußen. Ihre Bewohner setzten
sich aus Deutschen, Kuren, Litauern, später als der Handel Memels sich ausweitete
auch aus Schotten, Holländern u. a. zusammen. Das Gesicht der Stadt war stets auf
das Wasser gerichtet; ihr Handel litt aber lange Zeit unter der Konkurrenz der Städte Königsberg und Danzig. 1629/1635 war Memel
von den Schweden, im
Siebenjährigen Kriege 1758/1762 von den Russen besetzt. Gegen Ende des 18.
Jahrhunderts blühte der Handel auf und erreichte im 19. Jahrhundert durch den Holzhandel
mit England Höhepunkte. Die Einwohnerzahl, die sich zwischen 1782 und 1818 von 5.559
auf 7.766 vermehrt hatte, stieg von 1849 ab bis 1900 auf 20.166. Nicht nur die Erhebung
zur Kreisstadt und zum Sitz mehrerer Behörden wie die Garnison ließen Memel so wachsen,
sondern ihr Handel mit Holz, Getreide, Flachs, Hanf, Pottasche, Leinsaat u. a.,
auch Brauerei, Branntweinbrennerei und Seifenfabrikation trugen zu der wirtschaftlichen
Blütezeit bei. Den Mastenhandel gründete der Kaufmann Peter Emanuel Meier, der 1752
einen Mastenbraker aus London kommen ließ. Neben dem Handel trugen bedeutende Ereignisse
zum Wachstum und zum Ansehen Memels bei. Im Jahre 1802 trafen König Friedrich Wilhelm III.
und Zar Alexander I. in Memel zusammen; an dies Ereignis erinnert das nördlich der
Stadt gelegene „Königswäldchen". Im Unglücklichen
Kriege blieb Memel als einzige Stadt Preußens vom Feind unbesetzt; deshalb
wohnten die königliche Familie und die preußischen Regierungsbeamten vom 8. Januar
1807 bis zum 15. Januar 1808 in der Stadt, die kgl. Familie im späteren Rathaus.
Memel war damals Preußens Hauptstadt. Am 28. Januar 1807 schlossen Preußen und
England einen Vertrag, in dem Preußen auf
Hannover verzichtete. Anfang Oktober 1854 wütete ein großer Brand, der die Altstadt
und die Vitte mit drei Kirchen (Jakobs-, Johannis- und Reformierte Kirche) in Asche
legte. Sie wurden nebst zahlreichen Häusern noch in den fünfziger Jahren von neuem
erbaut. 1853/1865 entstand auch die katholische Kirche. 1899 wurde im Norden der
Stadt das Lepraheim erbaut, in ihm fanden Aussätzige aus ganz Deutschland Aufnahme.
Um die Jahrhundertwende wurde der Hafen erweitert, vertieft und modernisiert. Nach
dem Ersten
Weltkrieg, in dem die Stadt einen russischen Überfall erlebte, mußte das Memelgebiet an die Alliierten
abgetreten werden. Im Januar 1923 fielen litauische Freischärler ins Memelgebiet ein. Memel
war von 1924 bis 1939 Sitz des litauischen Gouverneurs und des Direktoriums. Zahlreiche
Litauer wanderten ein und suchten das Deutschtum zu verdrängen. Die Stadt behielt
aber ihr deutsches Gepräge. Der See- und Flußhafen war ein wichtiger Umschlagplatz
für die Handelsgüter. Seit 1936 gewann Memel auch als Kriegshafen eine größere Bedeutung.
Umfangreiche Holzverarbeitungs-, Zellulose- und landwirtschaftliche Veredelungsindustrie,
Zigaretten-, Likör-, Düngemittel- und Fleischkonservenbetriebe bildeten die Hauptgrundlagen
des blühenden Wirtschaftslebens, das den Ausbau kultureller Einrichtungen ermöglichte:
Schulen, Kirchen, Theater, Künste usw. Das 1849 als liberale Zeitung gegründete
„Memeler Dampfboot" war bis Februar 1945 die führende Tageszeitung des Memelgebiets;
sie erscheint seit 1950 unter dem alten Titel in Oldenburg. 1939 hatte die Stadt,
nachdem sie am 22. März 1939 wieder zum Deutschen Reich zurückgekehrt war, 35.845
Einwohner. Im Winter 1944/1945 lagen die Stadt und die Umgebung im Kampfgebiet,
dabei wurde die Stadt stark zerstört. Am 28. Januar 1945 räumten die deutschen Truppen
Ostpreußens nördlichste Stadt; die Russen bemächtigten sich ihrer. Bis 1990 war
Memel Hauptstadt der Provinz Klaipeda in der Litauischen SSR. In Memel wurden der
Dichter Simon Dach am 29. Juli 1605 (+1659), der Astronom Friedrich Wilhelm
August Argelander am 22. März 1799 (+1875) und Martin Melck geboren; er hat im 18.
Jahrhundert in Kapstadt die erste lutherische Kirche Südafrikas aus eigenen Mitteln
erbaut; das dortige Pfarrhaus heißt noch heute das „Martin-Melck-Haus".
Patenschaftsträger für den Stadtkreis Memel ist
die Stadt Mannheim.
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Quellen:
Wappen: Das Ostpreußenblatt (www.Ostpreussenblatt.de),
2000;
Text: Guttzeit: Ostpreußen in 1440 Bildern, Verlag Rautenberg, 1972-1996,
Seite 57-59
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weitere Informationen zur Namenskunde:
www.naanoo.com/freeboard/board/show_thread.php?userid=21893&topic=131772&forumid=13550
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