|
|
Prag 1945: PRAG. Ein Dokumentarfilm über ein Massaker an Deutschen im Mai 1945 in Prag sorgt in Tschechien derzeit für Aufsehen. In der vom tschechischen Fernsehen ausgestrahlten Dokumentation „Töten auf tschechische Art“ des Regisseurs David Vondráček wird die Ermordung deutscher Zivilisten in böhmischen Städten und Gemeinden kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges behandelt. Zu sehen sind auch Amateur-Aufnahmen einer Massenhinrichtung von 42 deutschen Zivilisten während des Prager Aufstandes Anfang Mai 1945. Dabei führen tschechische Gardisten die Deutschen zu einem Straßengraben und erschießen sie. Im Anschluß überfährt ein Lkw die Niedergeschossenen, die zum Teil noch am Leben sind. Gezeigt wird auch ein kniender alter Mann, der betend die Hände faltet, bevor der Lkw ihn überrollt. Die Aufnahmen wurden Vondráček von einer Frau zur Verfügung gestellt, deren Vater, Jiří Chmelíček, die Szene gefilmt hatte. Aus Angst hatte er das Material jedoch bis zum Sturz der Kommunisten 1989 geheimgehalten. Danach waren die Aufnahmen in Vergessenheit geraten. Historiker machen ehemaligen Staatspräsidenten Beneš mitverantwortlich In einer Episode der vierteiligen Dokumentation werden zudem die Ereignisse in Postelberg vom Frühsommer 1945 behandelt. In der nordböhmischen Stadt waren einen Monat nach Kriegsende mehr als tausend Menschen von tschechoslowakischen Soldaten und Revolutionären Gardisten erschossen worden. In Massengräbern fand man später 763 deutsche Zivilisten. Den Opfern ist mittlerweile ein Denkmal gewidmet. Laut Vondráček handelt es sich bei den Erschießungen um das „größte Massaker zwischen Kriegsende und Srebrenica 1995 in Bosnien“. Historikern zufolge könnten Äußerungen des damaligen tschechoslowakischen Staatspräsidenten Eduard Beneš (Benesch) mit zu den Gräueltaten an den Deutschen beigetragen haben. Beneš hatte Mitte Mai 1945 in Prag dazu aufgerufen, „kompromißlos die Deutschen in den tschechischen Ländern und die Ungarn in der Slowakei völlig zu liquidieren“. Militärhistorisches Institut bestätigt Echtheit der Aufnahmen Die Echtheit der Aufnahmen aus dem Dokumentarfilm wird unter anderem vom tschechischen Historiker Eduard Stehlík vom Militärhistorischen Institut in Prag bestätigt, der aber darauf hinweist, daß die Taten aus dem historischen Kontext heraus bewertet werden müßten. Zwar sei die Ermordung von deutschen Zivilisten weder zu entschuldigen noch zu rechtfertigen, es dürfe aber auch nicht vergessen werden, welche Verbrechen Soldaten der Waffen-SS und Mitglieder der Hitlerjugend an Tschechen während des Prager Aufstandes begangen hätten, sagte Stehlík. Der Vorsitzende der sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt (CSU), zeigte sich tief beeindruckt von den Aufnahmen. Der Film sei eine mutige Tat, sowohl seitens des Regisseurs, als auch des tschechischen Fernsehens, das sich entschieden habe, diesen zur besten Sendezeit zu zeigen. „Dafür bin ich dankbar“, sagte Posselt der JUNGEN FREIHEIT. Posselt hofft auf Übersetzung ins Deutsche Der Film beweise, daß sich das Engagement der sudentendeutschen Landsmannschaft in Tschechien auszahle. Schließlich unterhalte Regisseur David Vondráček seit langem freundschaftliche Beziehungen zu dem Verband. Posselt erhofft sich nun, daß von dem Film ein Signal an die tschechische Politik und Gesellschaft ausgeht, die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten. „Denn die Beneš-Dekrete müssen endlich beseitigt werden“, forderte der Europaabgeordnete. Gleichzeitig kündigte er an, sich dafür einzusetzen, daß die Dokumentation ins Deutsche übersetzt und auch hier im Fernsehen gezeigt werde. „Allerdings“, so Posselt, „wird das bei uns wohl kaum zur besten Sendezeit geschehen.“ > Ausschnitte des Films auf der Internetseite des tschechischen Fernsehens
|