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Regierung sucht Erben Matthias Platzeck hat eine Regierungserklärung abgegeben, abgeben müssen. Denn die Bodenreformaffäre entwickelt sich zum größten politischen Skandal in der Geschichte des jungen Bundeslandes. Übersteht er diese Krise? Er räumte ein, daß seine Regierung Vertrauen bei den Bürgern verloren habe. Der Ministerpräsident begann seine Rede am Mittwoch vor einer Woche mit langatmigen Erklärung en über die „Bodenreform und ihre Folgen“. Sie war „eine gewaltige Eigentums-Umverteilungsmaßnahme“, stellte er richtigerweise fest, um dann folgenden Satz hinterherzuschieben, der sich wie Hohn in den Augen der Alteigentümer lesen dürfte: „Seit dem Ende der DDR werden nunmehr die tiefgreifenden Folgen der Enteignungen rechtlich und tatsächlich aufgearbeitet und geklärt.“ Tatsache ist, daß die Bundesrepublik die Alteigentümer nie entschädigt, geschweige denn ihre Rechte durchgesetzt hat. Das einzige, was an „Aufarbeitung“ nach 1990 geleistet wurde, ist, daß die Neueigentümer nun zu Tausenden auch wieder enteignet worden sind. Dies geschah mit Grundstücken, die in der Zeit bis zum 2. Oktober 2000 vererbt wurden, weil Eigentümer von Bodenreformland dieses danach „normal“ weitervererbten. Vorher jedoch hatte das Bundesland die Möglichkeit, sich selbst zum Erben zu machen, wenn kein Erbe zu ermitteln ist. Es hat davon reichlich Gebrauch gemacht. Die Ermittlung der eigentlichen Erben wäre jedoch problemlos möglich gewesen, wurde aber einfach nicht gemacht. Die betroffenen Grundstücke aber gehören – aufgrund des BGH-Urteils („sittenwidrige Praxis“) – nicht dem Staat, sondern nach wie vor den Eigentümern. Oder, wie Platzeck es in Politikerdeutsch sagt: „Im Ergebnis fehlt es an einer wirksamen Eigentumsübertragung der in Rede stehenden Grundstücke auf das Land.“ Dann erst die halbe Entschuldigung: „Die Landesregierung bedauert zutiefst, daß sich das Land in einer Vielzahl von Fällen fehlerhaft verhalten hat und dadurch das Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert wurde. Ich weiß, daß das für die betroffenen Menschen nervenaufreibend war. Die Landesregierung steht zu ihrer Verantwortung.“ Im anschließend von Platzeck angekündigten Maßnahmenkatalog („erste Konsequenzen“) sticht vor allem Punkt drei ins Auge: Platzeck will Erben mit Zeitungsannoncen suchen. Was will er damit bezwecken? Will er vor der Öffentlichkeit so tun, als wisse das Land wirklich nicht, wer die Erben sind? Die Beamten müssen doch nur im Grundbuchamt nachsehen. Oder haben sie etwa die Spuren auf frühere Besitzer auch noch beseitigt, so daß sie jetzt wirklich nicht in der Lage sind, dies nachzuvollziehen? Dann wäre der Skandal allerdings noch schlimmer als bisher angenommen. Platzeck bestreitet das. Aber seine geheimnisvollen Suchanzeigen legen genau das nahe. Verdrängung warf die Oppositionschefin der Linkspartei Kerstin Kaiser dem Ministerpräsidenten daraufhin vor. „Das ist – auf deutsch gesagt – Diebstahl“, sagte sie in der Landtagssitzung. Ein CDU-Vertreter kritisierte, es stehe den SED-Nachfolgern nicht an, sich als Vorkämpfer des Privateigentums darzustellen. Inzwischen wurde bekannt, daß Brandenburg nicht nur schnell dabei war, sich fremdes Land anzueignen. Es war auch schnell im Verscherbeln. So wurden bereits 282 Grundstücke des besagten Bodenreform-Landes verkauft, wie die „Berliner Morgenpost“ herausgefunden haben will. Diese Kaufverträge werden übrigens auch nicht rückgängig gemacht. Sollten sich die echten Erben noch melden, so erhalten sie nur den mitunter mickrigen Verkaufs-erlös. Begründung: Die insgesamt 112 Käufer handelten in gutem Glauben. 282 Grundstücke und 112 Käufer – da paßt doch etwas nicht zusammen, oder? Offenbar haben hier einige Personen gleich mehrere Grundstücke gekauft – und das zum Schnäppchenpreis. Denn der gesamte Verkaufserlös von 282 Grundstücken betrug nur 1,64 Millionen Euro. Macht einen durchschnittlichen Kaufpreis von weniger als 6000 Euro pro Grundstück. Im Oderbruch mag das ein angemessener Preis für ein Stück Ackerland sein – aber als Durchschnittspreis? Der angekündigte Untersuchungsausschuß wird sich mit solchen Fragen zu beschäftigen haben. Schadenersatzklagen gegen das Land sind wohl auch nicht mehr allzu fern.
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