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Die Geschichte eines Beutezugs Zwischen 1945 und 1949 wurden unter dem Schlachtruf „Junkerland in Bauernhand“ in der Sowjetischen Besatzungszone Grundbesitzer enteignet, die mehr als 100 Hektar besaßen. Und nicht nur ihr Land wurde enteignet, auch Wohnhäuser, Geldvermögen, Mobiliar. Meistens war es ihnen sogar untersagt, im näheren Umkreis wohnen zu bleiben. Entschädigung erhielten sie keine. Mit dieser „Bodenreform“ (der Begriff verschleiert, daß es sich in Wirklichkeit um staatlichen Diebstahl gehandelt hat) ging ein langjähriger Traum der Kommunisten in Erfüllung, die in der Sowjetzone das Sagen hatten und wenig später die DDR gründeten. Sie verfolgten damit schließlich auch das Ziel, die konservativen Eliten loszuwerden, was ihnen gelang: Die meisten Bodenreformopfer gingen prompt in den Westen. Das enteignete Land, insgesamt mehr als drei Millionen Hektar (das entspricht ungefähr der Größe des Bundeslandes Brandenburg), kassierte der Staat ein. Er behielt ein Drittel für sich, zwei Drittel wurden an Landarbeiter und Flüchtlinge verkauft. Sie galten als Neubauern und wurden bald darauf gezwungen, sich zu Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) zusammenzuschließen. Auch die Neu-Besitzer waren deswegen nicht immer glücklich mit den Umständen, unter denen sie unfreiwillig zu Inhabern des gestohlenen Landes geworden sind. Sie mußten das Land bezahlen und später Grundsteuer dafür entrichten. Die Raten wurden ihnen laut kommunistischem Gesetz zunächst in Naturalien abgeknöpft. Später dann wurde es ihnen im Rahmen der Kollektivierung praktisch wieder weggenommen. In der DDR-Propaganda (Meyers Neues Lexikon von 1972) hört sich die Geschichte diese monströsen Aktion dann so an: „Die Durchführung der Bodenreform vollzog sich in härtestem Klassenkampf, da die Großgrundbesitzer und ihre Interessenvertreter erbittert um ihren riesigen Besitz auf dem Lande kämpften. Doch gelang es unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei, die seit Jahrhunderten erträumte Bauernbefreiung durchzuführen und die Forderungen der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848 bzw. 1918 zu erfüllen.“ Als sich die Menschen in der DDR 1989 vom Joch der SED-Herrschaft befreiten, bestand die Chance, auch das Bodenreformunrecht rückgängig zu machen. Doch dies blieb nur ein frommer Wunsch der entrechteten Eigentümer. Von der abgewirtschafteten SED bis hin zur westdeutschen CDU/CSU/FDP-Regierung war man sich einig: Die Bodenreform wird nicht angetastet. Dabei schwang offenbar auch die Angst mit, die Neubesitzer, die selbst nicht am Unrecht der Enteignungen beteiligt waren, gegen sich aufzubringen: Eine Regierung, die Tausende von Landbesitzern enteignet, die bereits seit Jahrzehnten gutgläubig auf ihrem kleinen Landbesitz ansässig sind, kann die nächste Wahl kaum überleben. Noch dazu, weil viele der Neubauern als Opfer der Kollektivierung darauf hofften, endlich wieder Herr über ihre Scholle zu werden. Wie konnte sichergestellt werden, daß die Bodenreform in Kraft bleibt? Den Anfang machte die letzte SED-Regierung. Elf Tage vor der ersten freien Wahl zur Volkskammer 1990 verabschiedete das Ost-Berliner Marionettenparlament das sogenannte „Modrow-Gesetz“, benannt nach dem letzten undemokratischen DDR-Ministerpräsidenten, der DDR-Bürgern vor der bevorstehenden Wiedervereinigung noch schnell die Möglichkeit einräumte, billig das Land zu kaufen, auf dem ihr Haus stand. Oft war wegen der Bodenreform der Hauseigentümer ein anderer als der Besitzer des Grundstücks. So sollten klare Verhältnisse geschaffen und die Ergebnisse der Bodenreform in Beton gegossen werden – im Wortsinne. Auch die Bundesregierung war nicht daran interessiert, die rechtmäßigen Verhältnisse wiederherzustellen, und gab die Parole aus: Die Russen haben in den 2+4-Verhandlungen die „Unantastbarkeit der Bodenreform“ zur Bedingung gemacht. Helmut Kohl hat dies immer wieder behauptet, konnte es aber nie beweisen. 1998 widersprach ihm Michail Gorbatschow öffentlich. Trotzdem hat sich die offizielle Haltung der Bundesregierung bis heute nicht geändert, sie „versteckt“ sich hinter angeblichen Forderungen der Sowjets während der Verhandlungen zum Einigungsvertrag. Die juristischen Auseinandersetzungen um eine Restitution (sprich: Wiedergutmachung) ziehen sich bis heute hin. Immer wieder haben ursprüngliche Eigentümer geklagt, auch vor europäischen Gerichten. Allerdings nur mit dem Ziel, das noch immer in Staatsbesitz befindliche Land zurückzuerhalten – und nicht das, auf dem jetzt Neubauern oder deren Erben leben. Aber vergeblich. In Einzelfällen gab es Eigentum zwar zurück, aber eine grundsätzliche Revision der kommunistischen Landenteignung von 1945 bis 1949 blieb bislang aus.
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