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Die „Political correctness“ am
Beispiel des Films „Kolberg (1945)“ Seit meiner Jugendzeit bin ich interessiert an geschichtlichen und zeitgeschichtlichen Vorgängen. Ich habe viele Berichte im Radio und ab 1965, als wir den ersten Fernseher bekamen, auch über dieses Medium verfolgt. Leider bekam ich in diesen Medien die Historie als O-Ton immer nur ausschnittweise vorgesetzt und dazu auch noch kommentiert, wie ich diese bitte zu verstehen und einzuordnen habe. Dies hatte mich von Beginn an geärgert, denn ich wollte mir zu den geschichtlichen Vorgängen (gerade auch aus der NS-Zeit) meine eigene Meinung bilden können – oder wie es heute so schön öffentlich-rechtlich heißt: „das ganze Bild machen“. Dies war jedoch nur möglich, wenn ich tiefer in die Materie einstieg. Ich sammelte also mit meinem damaligen Tonbandgerät jeden O-Ton, dem ich habhaft werden konnte. Ich nahm dafür sogar Urlaub, um interessante Sendungen, die tagsüber ausgestrahlt wurden, aufzuzeichnen, kaufte Schallplatten mit kompletten und unkommentierten Reden. Heute hätte ich vermutlich nach solch einem Einkauf sofort den Verfassungsschutz im Haus. Inzwischen habe ich einen zeitgeschichtlichen Bestand von einigen hundert Bandspulen (Schnürsenkeln) und unzähligen Schallplatten (Vinyl und Schellack - gerade darauf mit heute immer noch verbotenen Titeln). Geärgert hat mich während meiner Studienzeit (1) – mit dem Nebenfach Politik - ebenfalls, dass es die Literatur von Marx und Engels im Buchhandel frei zu kaufen gab, aber nicht das ebenfalls im Rahmen der Politik behandelte Buch „Mein Kampf“ von Adolf Hitler. Die Rechte liegen beim bayrischen Staat, der einem Nachdruck in Deutschland heute immer noch nicht erlaubt. Damals gab es noch kein Internet. Heute ist dieser Titel über das Netz im Ausland frei zu bestellen. – Die im Inland inzwischen erhältlichen Titel sind nur kommentierte Auszüge … Daran kann man erkennen, dass wir von der Politik auch heute – 65 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges – immer noch bevormundet werden. Und dies hat nichts mit der sogenannten „Political correctness“ zu tun, denn diese entwickelte sich erst ab Ende der 60er Jahre. Und damit sind wir beim aktuellen Thema: dem Film „Kolberg“. Der Film wurde 1945 von den Alliierten in allen vier Besatzungszonen verboten und wurde später, seit die Filmrechte bei einer bundeseigenen Stiftung (2) liegen, als sogenannter Vorbehaltsfilm (3) eingestuft. Er darf also in Deutschland nur in geschlossenen Veranstaltungen mit sachkundiger Einführung von mindesten 30 Minuten Dauer (!) und nur zu Studien- und Bildungszwecken gezeigt werden. Dieser Film ist jedoch bei unseren „alliierten Freunden“ in den USA ohne Beschränkungen frei käuflich (4). Ebenso auch in Russland (in beiden Ländern deutsch mit englischen Untertiteln). Im europäischen Umland wird der Film beispielsweise in Spanien (5) und in Belgien (5a) (beide in Deutsch ohne Untertitel) frei zum Verkauf angeboten. Der Film „Kolberg“ basiert auf historischen Tatschen und behandelt (aus der Perspektive von 1813) den Freiheitskrieg gegen Napoleon in den Jahren 1806/1807. In seiner Darstellung der Tatsachen ist er genauso korrekt oder unkorrekt wie die heutigen Filme „Die Gustloff“ oder die „Die Flucht“. „Kolberg“ wurde nur zum Verhängnis, dass dieser Film in der NS-Zeit im Auftrag von Dr. Joseph Goebbels entstanden ist … Der Film wurde 1965 in einer kommentierten Kino-Fassung
(6) gezeigt, verschwand dann aber nach massiver
Medienkritik wieder in der Versenkung und wurde erst wieder in der Wendezeit vom
ZDF neu entdeckt und in einer restaurierten Fassung im Rahmen eines Themen- /
Dokumentationsabends ausgestrahlt. Hier stellt sich mir unweigerlich die Frage:
Warum gerade in der Wendezeit? Wie dem auch sei. Der Film wurde dann von Arte 1998 in einer 2sprachigen Fassung (7) ausgestrahlt. Diese Fassung geistert inzwischen durch das weltweite Netz (8) und kann auch in Deutschland (in verminderter PC-Qualität) – aber nicht bei Arte - abgerufen und angeschaut werden. Auslöser der Aktion „Kolberg-Film“ und dieser Gedanken ist eine laufende Ausstellung (vom 20.9.2009 bis 31.1.2010) im Preussenmuseum Wesel (9) zum Thema "Für die Freiheit – gegen Napoleon! - Ferdinand von Schill, Preußen und die deutsche Nation", in der auch einmalig in oben beschriebener Weise der Film gezeigt wurde (10). Ich habe daraufhin in Netz die Bezugsquellen (4-5a) des Films recherchiert und in Spanien und Belgien den Film bestellt. Den Film mit weiteren Informationen finden Sie hier: Der Film: Kolberg (1945), eine ausführliche Filmdokumentation unter www.jenspeterkutz.de/kolberg.html. -o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o- ____________ 1. 1978-1980:
4 Semester Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Datenverarbeitung an einer Rechteinhaber aus dem Netz genommen worden. Verfügbar ist noch die Untertitelversion: http://video.google.de/videoplay?docid=-4014496749646250441&ei=_3MZS_L3GaS... Film-Laufzeit 104 Min., Format 4:3, 1,33:1, restauriert, Quelle: Arte, 1998. Nachtrag Jan. 2012: Diese Version ist inzwischen auch aus dem Netz genommen worden. Da das Internet aber nichts vergisst, hilft dieser Link weiter: www.archive.org/details/KolbergDerDurchhaltefilm. 9. Preussenmuseum NRW: http://www.preussenmuseum.de; Hinweise zur Ausstellung unter: http://web.preussenmuseum.de/sa_wesel.htm; weitere Ausstellungs-Informationen unter: »Für die Freiheit – gegen Napoleon«. 10. Begleitprogramm zur Ausstellung: http://web.preussenmuseum.de/wesel_begleitp1.pdf; weitere Ausstellungs-Informationen unter: »Für die Freiheit – gegen Napoleon«.
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