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Bunt wie das Leben Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“ Dieses Zitat von Jean Paul wird in den Kreisen der Heimatvertriebenen oft und gern benutzt. Denn schließlich ist vielen von ihnen oft nicht mehr geblieben als die Erinnerung. Mehr als sechs Jahrzehnte nach der blutigen, unfreiwilligen Völkerwanderung von Ost nach West gehen die Gedanken zurück in die Heimat Ostpreußen. Man erinnert sich neben dem erlebten Schrecken auch an die unbeschwerte Kindheit, an eine glückliche Jugend. Über Sitten und Brauchtum, über Land und Leute Ostpreußens kann man sich wieder bei den unterschiedlichsten Ausstellern informieren, die während des Deutschlandtreffens der Ostpreußen am 28. und 29. Mai in der Erfurter Messe in Halle 2 ihre Stände aufgeschlagen haben. Zu denen, die ihre Erinnerungen in Worte umsetzen können, zählt der 2005 verstorbene Horst Michalowski. Aus seinem Nachlass hat seine Witwe Siegrid ein Roman-Fragment sowie seine Biographie und Stimmen zum Werk zu dem Buch „Wenn der Schnee geschmolzen ist“ zusammengefügt. Sie wird mit einem Stand vertreten sein, auf dem das Buch aus dem Isensee Verlag zu erwerben sein wird. Viele „gute alte Bekannte“ wird der treue Besucher wiedertreffen. Allen voran die Ausstellung „Erhalten und Gestalten“ der Kulturabteilung der Landsmannschaft Ostpreußen, in der heimatliche Volkskunst zu bestaunen ist. Wer Fragen zu der einen oder anderen Handarbeitstechnik hat, der wird dort auch ganz gewiss fachkundige Auskunft erhalten. Handarbeiten zeigt ebenfalls Regina Romahn, die sich engagiert für Deutsche in Königsberg einsetzt, und so heißt ihr Motto denn auch „Helfen mit Handarbeiten“. Helfen steht auch im Mittelpunkt des Engagements von Ulrike Madeya und ihrer Initiative „Hilfe für Euch“, die Handarbeitsaufträge an Frauen in Ostpreußen vergibt, damit diese ihre Familien versorgen können. Jürgen Peters von der Handweberei Peters wird mit seinem großen Webstuhl auch wieder mit von der Partie sein. Er wird zeigen, wie für das Ostpreußenkleid das Rauten- oder Kränzchenmuster entsteht. Der Ursprung der Weberei lag einst in Ostpreußen, genauer gesagt bei Annelore Nünninghoff (1914–1995), die ihre Kindheit auf dem Gut Saucken-Tartaren, Kreis Darkehmen (Angerapp) verlebte. Nach der Schule nahm sie in Insterburg ihre Lehre in der Handweberei von Marie Thierfeldt auf und legte 1937 ihre Gesellenprüfung ab. Drei Semester lang besuchte Annelore Nünninghoff dazu noch die Kunstakademie Königsberg und erhielt so eine solide und vielseitige Ausbildung. 1938 meldete sie die Handweberei als Gewerbe an und legte 1940 ihre Meisterprüfung in Braunschweig ab, wo sie eine Handweberei eröffnet hatte und auch Lehrlinge ausbildete. 1951 trat der Kaufmann Jürgen Peters in die Weberei und in das Leben von Annelore Nünninhoff ein und konnte sich der kunsthandwerklichen Faszination nicht entziehen. Bald lernte er, den Webstuhl zu bedienen und selbst Trachtenstoffe zu weben. Nach dem Tod seiner Frau erhielt er sogar die Ausnahmegenehmigung, die Handweberei weiterzuführen und Lehrlinge ausbilden zu dürfen. Mittlerweile ist die Weberei in Velpke bei Wolfsburg beheimatet. Allerdings ist Jürgen Peters mit seinem Webstuhl auf den Dachboden seines Hauses am Marktplatz 6 gezogen, um dort in kleinerem Rahmen zu arbeiten. Das weitere Angebot ist so bunt wie das Leben in Ostpreußen einst war. Tief in die Historie Ostpreußens eintauchen kann man an den Ständen mit Ansichtskarten von Königsberg um 1900 und der Tolkemita e. V. Prußendeutsche Gesellschaft. Drei großen Dichtern Ostpreußens widmen sich mit Informationsständen und Ausstellungen die Agnes-Miegel-Gesellschaft, der Hermann-Sudermann-Fanclub und Sigrid Kaminsky zu Johannes Bobrowski. Die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen sowie die Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen wird ebenso mit dabei sein wie das Ostpreußische Landesmuseum, das zwei Ausstellungen (Flucht und Vertreibung aus der Sicht deutscher Künstler sowie eine Tafelausstellung zu Leben und Werk von Walter von Sanden) präsentieren wird. Das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen wird an einem großen Stand über seine Aktivitäten informieren. Das Museum Stadt Königsberg wird ebenfalls mit einem Info-Stand vertreten sein. Natürlich darf auch die Gemeinschaft evangelischer Ostpreußen nicht fehlen, über deren Arbeit man sich an dem Stand informieren kann. Natürlich ist auch Bernstein als Synonym für Ostpreußen mit dabei. Dieses edle fossile Harz wird in all seinen Erscheinungsformen ebenfalls auf dem Deutschlandtreffen zu finden sein. Marlies Saul, Barbara Schütz und Rima Senkuriene (aus Polangen) zeigen Schmuckstücke, die sie aus dem fossilen Harz gefertigt haben. Einen besonderen Augenschmaus bietet der Freundeskreis zur Erhaltung und Pflege Ostpreußischen Kulturgutes e. V., der mit einer umfassenden Ausstellung vertreten ist. Gemeinsam mit einem privaten Sammler zeigt das Ehepaar Tuschewitzki wieder außerordentliche Exponate zum Thema Cadinen und Bernstein. Apropos Bernstein, der Sänger Bernd Krutzinna, der als BernStein große Erfolge feiert, wird mit einem Stand und seinen CDs vertreten sein. Etwas fürs Auge zu bieten haben die Stände der Malerin Elsa Reiken-Bossen und des Fotografen Christian Papendick, der an diesem Wochenende mit dem Ostpreußischen Kulturpreis ausgezeichnet wird. Auch sind verschiedene Reiseveranstalter vor Ort, die Fahrten nach Ostpreußen organisieren. Wer sich vorab über das Land der dunklen Wälder informieren will, der kann das anhand einer Reihe ausgewählter Bücher, die auf dem Stand des Preußischen Mediendienstes, des Verlagshauses Würzburg sowie des Husum Verlags angeboten werden. Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt: Zwei Anbieter für Marzipan sind in Halle 2 zu finden – Ewald Liedtke und Schwermer. Selbst Honig gibt es zu kaufen und zu bestellen. Unmöglich, an dieser Stelle alle Aussteller zu erwähnen. Da hilft nur eines: Hingehen und selbst schauen. Vielleicht schaut der eine oder andere auch einmal beim Stand der Preußischen Allgemeinen Zeitung vorbei. Die Kolleginnen und Kollegen von Redaktion und Vertrieb sind gern bereit, Fragen zu beantworten und Anregungen entgegenzunehmen. Wir sehen uns am 28. und 29 Mai in Erfurt.
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