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Sichtbares Zeichen setzen
Wenn sich am letzten
Maiwochenende tausende Ostpreußen in Erfurt versammeln werden, um auf dem
Deutschlandtreffen in den Messehallen ein politisches Bekenntnis zur Heimat
abzulegen, dann soll auch die Seele nicht zu kurz kommen. So wird der Organist
des Königsberger Doms, Artjom Chatschaturow, ein Konzert im Erfurter Dom geben. Artjom Chatschaturow wurde 1983 in Balaschicha bei Moskau geboren. Er besuchte die Akademische Musikschule am Moskauer Staatlichen Konservatorium im Fach Klavier und im Fach Orgel und schloss seine Ausbildung 2002 mit Auszeichnung ab. 2007 been-dete er ebenfalls mit Auszeichnung seine Studien am Moskauer Staatlichen Tschaikowsky-Konservatorium im Fach Klavier und im Fach Orgel. Im selben Jahr noch wurde er zum Organisten und Orgelpfleger an der großen Schuke-Orgel im Dom zu Königsberg berufen. 2010 hat er dann noch am Moskauer Staatlichen Tschaikowsky-Konservatorium mit Auszeichnung das Examen für das Lehramt im Fach Orgel bestanden. Chatschaturow hat Konzerte in Perm, Saratow und anderen russischen Städten sowie Gastspiele außerhalb Russlands gegeben. Im Januar 2010 wirkte er als Solist an einem Konzert mit dem Sinfonieorchester des MDR mit, das im Hörfunk und Fernsehen sowie auf arte übertragen wurde. Auch hat er Einspielungen für Rundfunk und Fernsehen gemacht und zwei CDs mit Soloaufnahmen veröffentlicht. Die Besucher des Orgelkonzerts im Erfurter Dom wird ein ganz besonderes Erlebnis erwarten. Und manch einer wird daran denken, dass die 1992 errichtete Orgel im Erfurter Dom von den selben Meistern erbaut wurde wie die im Königsberger Gotteshaus. Die Entscheidung, die im Zweiten Weltkrieg zerstörte große Orgel im Königsberger Dom wiederher-zustellen, war während der Vorbereitungen zur 750-Jahrfeier Königsbergs 2005 gefallen. Dafür wurden aus dem Staatshaushalt rund vier Millionen Euro bereitgestellt. Orgelbaumeister Matthias Schuke erinnert sich an die Anfänge der Zusammenarbeit: „Bei den ersten Gesprächen mit dem Dombaumeister Odinzow im Dom zu Kaliningrad ging es um eine Orgel mit fünf Manualen und 135 Registern. Als Vergleich wurde damals der Rigaer Dom erwähnt und man wollte für Kaliningrad mindestens eben solch eine Orgel haben. Nach langen Gesprächen über die zukünftige Nutzung des Doms und der Orgel wurde zunächst von mir der Vorschlag gemacht, eine Hauptorgel und eine Chororgel zu konzipieren, um auch Konzerte mit Orgel und Orchester aufführen zu können. Dies stieß zunächst auf Ablehnung. Nach meinem Angebot, die Orgeln im Erfurter Dom zu besichtigen, um sich ein Bild über eine solche klangliche Möglichkeit zu machen, war Herr Odinzow bereit dazu, darauf einzugehen. Im Erfurter Dom brauchte es nur wenige Minuten und dann stand fest, im Kaliningrader Dom werden eine Hauptorgel und eine Chororgel gebaut, auf der die Kompositionen des Barock sowie der deutschen und französischen Romantik und auch zeitgenössische Musik dargestellt werden können. Das Ziel dieser Konzeption bestand darin, eine Besonderheit im baltischen Raum zu schaffen und den Kaliningrader Dom zu einer international anziehenden Orgelkonzertstätte werden zu lassen.“ - Silke Osman Das Konzert im Erfurter Dom findet am Sonnabend, 28. Mai, 19.30 Uhr, statt, der Eintritt ist frei, Spenden werden gern entgegengenommen. Das Konzert mit Stücken von Liszt, Bach und russischen Komponisten wird etwa eine Stunde dauern. Im Gespräch In einem Interview mit der PAZ-Redakteurin Silke Osman legte Artjom Chatschaturow dar, was ihn an Königsberg und seiner Arbeit fasziniert: PAZ: Herr Chatschaturow, Sie sind in dem Jahr geboren, in dem Herbert Wilhelmi, der letzte Organist des Königsberger Doms, starb. Fühlen Sie sich Ihrem Vorgänger verbunden? Artjom Chatschaturow : Die Geschichte des Königsberger Doms ist auch die Geschichte derjenigen Menschen, die mit ihm verbunden sind. Die Persönlichkeit des letzten Domorganisten hat mich immer interessiert. Im Jahre 2008 habe ich dank Gerfried Horst die Tochter von Herbert Wilhelmi kennengelernt, Gisela Kottmeier, und habe auf diese Art viel von ihm erfahren. Das war ein großer Königsberger, der sich ganz dem Dom und der Orgel hingegeben hat; deswegen fühle ich eine Verbindung mit ihm und verstehe, wonach man streben muss.PAZ: Wilhelmi hat einmal gesagt, jeder trage seine Landschaft in Wesenszügen in sich. Haben Sie neben der russischen Landschaft, in die Sie geboren wurden, auch bereits ein wenig die ostpreußische Landschaft in sich aufgesogen? Chatschaturow: Ich glaube, dass mein fast vierjähriger Aufenthalt in Kaliningrad es mir erlaubt hat, den Charakter der ostpreußischen Landschaft aufzusaugen, wenn es mir auch so scheint, dass sich der Ausspruch von Herbert Wilhelmi mehr auf die Landschaft bezieht, in der ein Mensch geboren wurde und aufgewachsen ist.PAZ: Königsberg war früher eine herausragende Musikstadt, in der Konzerte mit Dirigenten und Solisten von Rang stattfanden. Welche Erfahrung haben Sie im heutigen Königsberg gemacht? Chatschaturow: Im Dom von Kaliningrad gibt es jetzt sehr viele Konzerte; außer Orgelmusik erklingen symphonische und Klaviermusik sowie Gesangsdarbietungen. Im Juni ist eine grandiose Aufführung des „Prometheus“ von Skrjabin geplant; kurz gesagt, die Konzerttätigkeit im Dom gewinnt jedes Jahr mehr an Fahrt, und das hauptsächliche Verdienst daran gebührt dem Domdirektor Igor Alexandrowitsch Odinzow. Deshalb kann man meine Erfahrung hier als ziemlich erheblich einschätzen, da ich an der größten Zahl von Konzerten teilnehme, ohne meine Solokonzerte zu erwähnen.PAZ: In Erfurt spielen Sie neben Kompositionen russischer Größen wie Schostakowitsch auch Werke von Franz Liszt, dessen 200. Geburtstages man in diesem Jahr gedenkt. Wird dieser Komponist auch in Königsberg gewürdigt? Chatschaturow: In Kaliningrad, wie auch in ganz Russland, ist der Name von Franz Liszt jedem gebildeten Menschen bekannt, da dieser große Komponist die Musikkultur bereichert hat. Der Name von Schostakowitsch wird ebenfalls hoch geschätzt, vor allem dank seiner symphonischen Musik.
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