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Europäisches Kulturerbe per Mausklick Wer kennt nicht dieses erhabene Gefühl beim Betreten einer altehrwürdigen Bibliothek, umgeben von Büchern, umgeben von Geschichte und Wissen? Dieses Gefühl will sich nicht einstellen, wenn man per Mausklick die virtuelle Bibliothek „Europeana.eu“ betritt. Die europäische digitale Bibliothek „Europeana“ wurde 2008 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und will eine umfassende digitale Sammlung des wissenschaftlichen und kulturellen Erbes Europas bieten. Der deutsche Beitrag dazu, die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB), ist bislang noch bescheiden. Vorreiter beim Einspeisen sind Großbritannien und Frankreich. Doch, so mahnt Hermann Parziger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK): „Wer weltweit wahrgenommen werden will, der muss seine Inhalte digital bereitstellen.“ Um diesem Anspruch gerecht zu werden, verstärkt die SPK ihre Digitalisierungsbemühungen. SPK-Digital ist ein digitales Nachweissystem für die gesamte Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Der Nutzer bekommt darüber nicht nur digitalisierte Dokumente gezeigt, das Nachweissystem enthält auch Informationen über die nicht – oder noch nicht – digitalisierten Bestände der SPK-Bibliotheken und -Archive. SPK-Digital hat das ehrgeizige Ziel, bis 2015 alle relevanten Bestände ihrer fünf Einrichtungen nach den Praxisregeln „Digitalisierung“ der Deutschen Forschungsgemeinschft zu digitalisieren und die Ergebnisse, die „Digitalisate“, mit den entsprechenden Metadaten zur Verfügung zu stellen – für nichtkommerzielle Nutzung kostenlos. Diese Daten sollen einfließen in die DDB, die Deutsche Digitale Bibliothek – wobei dieser Name etwas irreführend ist, da die DDB nicht nur Texte aus Bibliotheken in sich vereinen soll, sondern auch Bestände aus Archiven und Museen. Die Bestände der DDB wiederum werden einfließen in die „Europeana“, die Text-, Bild-, Ton- und Video-Dateien zur Nutzung bereithält. Die DDB-Geschäftsstelle, deren Kompetenznetzwerk sich im November 2010 konstituiert hat, ist bei der SPK angesiedelt. Im Kuratorium der DDB sind Mitglieder der Kultusministerkonferenz der Länder und der Bundesrepublik vertreten. Natürlich gehören zu diesem Mammutprojekt nicht nur inhaltliche, sondern auch technische Kenntnisse, um die fachliche Auswahl und Gliederung, versehen mit den entsprechenden Metadaten, in eine anspruchsvolle Präsentation zu setzen, die öffentlich nutzbar ist. Die Koordination zwischen diesen Stellen wie Fraunhofer-Institut und FIZ-Karlsruhe-Leibniz-Institut liegt in der Hand der Deutschen Nationalbibliothek. Die Finanzierung des Digitalisierungsprojektes ist noch nicht abschließend geklärt, obwohl es sich bereits in der Arbeitsphase befindet. Seit 2011 zahlen Bund und Länder jeweils 1,3 Millionen Euro jährlich. Diese Mittel dienen dem Projektaufbau und Betrieb der DDB. Außerdem hat der Bund acht Millionen Euro Sondermittel für die Konzipierung und Errichtung der Infrastruktur bereitgestellt. Nach Angaben der SPK wären Mittel in Höhe von 30 Millionen Euro jährlich notwendig, um eine Weiterentwicklung zu erreichen, was bedeutet, dass landesweit Bestände digitalisiert werden, um in die DDB eingespeist werden zu können. Dazu müssten weitere Digitalisierungszentren geschaffen werden. Derzeit beschränken sie sich auf München, Göttingen, Dresden und Berlin. Schulungen und Fortbildungen müssen angeboten werden, um Standards zu gewährleisten. Außerdem sind für die tatsächliche Einstellung noch keine Mittel bereitgestellt. Doch nicht nur die Finanzierung wirft Probleme auf, auch, wie mit dem Urheberrecht verfahren werden soll, ist nicht endgültig geklärt. Beim „Datenüberlassungsvertrag“, der zwischen den jeweiligen Einrichtungen und der DDB geschlossen wird, muss berücksichtigt werden, dass die Digitalisate nicht nur an die DDB, sondern auch an die „Europeana“ weitergegeben werden. Es bleibt also noch viel zu bedenken. Die SPK-Digital hat in ihrem Jahrbuch 2010 eine Prioritätenliste veröffentlicht. Das Vorgehen nach einer solchen Liste scheint sinnvoll, bedenkt man die Vielfalt des preußischen Kulturbesitzes. Schwerpunkte liegen beispielsweise bei national wie international bedeutsamem Kulturerbe oder bei Originalen, die vor äußerer Einwirkung geschützt werden müssen. Natürlich spielen auch Wirtschaftsinteressen eine große Rolle. Bei aller Euphorie beim Gedanken an die „Demokratisierung des Wissens“, wie Parzinger sagt, darf das jeweilige Original nicht in den Hintergrund rücken. Ein Museum kann online nicht erlebt werden, wohl aber ist eine Anregung auf diesem Wege möglich. Und selbstverständlich kann Forschung nicht auf die Originale verzichten, da ein Digitalisat nicht alle Eigenschaften des Originals erfassen kann – das Haptische fehlt gänzlich. Es muss also immer beides betrachtet und inszeniert werden, das Digitalisat und das Original. So bleibt das erhabene Gefühl beim Betreten einer
Bibliothek erhalten, über deren Bestände man sich schon im Vorhinein informieren
kann. Tatsächlich konnte schon jetzt gezeigt werden, dass Museen, die einen
digitalen Ausstellungsrundgang auf ihrer Internetseite anbieten, steigende
Besucherzahlen vorweisen. Die Besucher werden stimuliert, sich die Originale
anzusehen, und können sich auf einen Museumsbesuch vorbereiten.
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