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Kleidung der Prußen
von Beate Szillis-Kappelhoff
Die Prußinnen halfen nicht nur auf dem Feld, beim
Fischen und in der Scheune, sondern waren auch auf ihrem eigenen hausfraulichen
Gebiet sehr geschickt. Sie waren in allen Handarbeiten bewandert und fertigten
ihre Kleidung sowie die eigene Aussteuer durch Weben, Stricken, Nähen, Häkeln,
Sticken und Klöppeln selbst. Das "Hakeln" von Arbeitshandschuhen war dagegen
Männersache und hat eine etwas andere Technik als das Häkeln. Gebügelt wurde die
Wäsche mittels zweier Holzstöcke: Man legte das Teil auf eine Holzrolle und
strich mit dem oberen Stock solange darauf herum, bis die Wäsche glatt war.
Auch wenn die Trachten in selbst nahe beieinander
liegenden Regionen stark wechselten, so war doch die "Marginne" bei allen Frauen
üblich. Es war eine Art breiter Schal, der von der linken Schulter bis zu den
Füßen herabhing, dabei die rechte Schulter frei ließ und an der Hüfte mit einem
Gürtel gebunden wurde. Darunter wurde ein mit Rautenmustern verzierter Rock
getragen sowie ein hoch geschlossenes weißes Hemd, das an den Ärmeln mit
schwarzen Verzierungen bestickt war. Dazu trugen sie feuerrote oder blaue
Zwickelstrümpfe und "ein Dutzend leichter Schürzen". An fast jedem Finger
blitzten Ringe aus Edelmetall, in die oft "böhmische Steine" eingefasst waren.
Ein deutscher Zeitzeuge findet: "Im Ganzen ist
die Tracht zu überladen, auch zu bunt und grellfarbig, besonders diesseits der
Memel, als daß sie für geschmackvoll gelten könnte; doch macht sie einen
frappanten und bleibenden, weil durchaus fremdartigen und vielfach an den Orient
erinnernden Eindruck."
Die Rautenform war typisch für prußische
Trachten, sie hatte eine heilige Bedeutung und deutet auf eine Verbindung mit
der Erdgöttin Zhemina. Die Blume "Raute", prußisch "rutelle", wurde als Heil-
und Giftpflanze genutzt. "Rutains" bedeutet "rautiert, kariert, geflochten", und
so gab es auch einen Rautenkranz-Tanz, der ausschließlich von Frauen getanzt
wurde, bei dem sich vier Tänzerinnen gegenüber stellten, gegeneinander tanzten
und sich umeinander schwangen und umflochten. Der Tanz endete mit einem Kuss und
Knicks. Auch bei der Hochzeits-Zeremonie spielte die Raute eine große Rolle für
die Verbindung des jungen Paares ("Verknotigung", wie es im Lied "Ännchen von
Tharau" heißt).
Die Männer, von denen gesagt wurde, dass sie wie
ihre Frauen meistens ritten und die Pferde nicht so schonten wie der deutsche
Bauer, werden so beschrieben: "In der Regel haben sie dunkelbraune Haare und
helle Augen und eine frische Gesichtsfarbe. Die Physiognomie ist ausdrucksvoll,
ihre Züge sind etwas listig, aber im Ganzen angenehm. Sie lieben einen
Schnurrbart und lassen das Haar gern lang über den Nacken herabfallen."
In der Regel waren Männer mit einem weißen,
grauen oder blauen Leinenkittel mit einem kleinen Ärmelaufschlag bekleidet, der
keine Knöpfe sondern nur Haken und Ösen aufwies. Als Kopfbedeckung trugen sie im
Sommer einen schmalkrempigen Filzhut, im Winter eine "sturmhaubenartige"
Tuchkappe, die auch Nacken und und Gesicht bedecken konnte. Der Schuster konnte
nicht viel verdienen, denn sowie die Witterung es zuließ, wurde barfuß gelaufen
oder selbstgefertigte Holzschuhe getragen. Im Haus trug man Filz-Schlorren.
Strümpfe zogen Männer nicht an, man umwickelte die Füße mit Lappen. Gebräuchlich
waren auch "Pareisgen" oder "Paresken" von Linden- oder Birkenbast, die mit
schmalen Riemen rautenförmig bis an die Waden gebunden wurden.
König Friedrich Wilhelm I. verfügte am 13.7.1732
für die neuen Salzburger Siedler: "Ansonsten sollt ihr wohl verhüten, daß diese
Leute sich nicht auf litauisch kleiden noch in Pareisgen gehen oder dergleichen
schädliche Tracht annehmen, sondern müssen selbige sich auf gute deutsche Art
kleiden und dabei erhalten bleiben.“
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Bildquelle:
Hans Georg Podehl, 4444 ostpreußische Namen prußisch erklärt, Rautenberg
Verlag 1987 |
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