Zum
Jahresende noch einmal kräftig eingetrübt haben sich die ohnehin schlechten Beziehungen
zwischen Deutschland und seinem östlichen Nachbarn Polen. Die offene Wunde aus Krieg
und Vertreibung ist nicht geschlossen. Das Ehrliche am derzeitigen deutsch-polnischen
Verhältnis ist, daß die Dinge deutlicher beim Namen genannt werden als sonst. Das
liegt auch daran, daß wir es unter den Zwillingsbrüdern Kaczyński mit einer nationalpolnischen
Regierung zu tun haben, die in aller nationaler Offenheit die eigenen Interessen
kenntlich macht.
So fliegen die Fetzen zwischen Warschau und Berlin,
wo man auf polnische Provokationen mit immer neuen Besänftigungen und Zugeständnissen
reagiert – eine unselige Tradition! Es ist selten, daß deutsche Politiker das Unrecht
der Vertreibung klar beim Namen nennen. Jochen-Konrad Fromme, Vorsitzender der Arbeitsgruppe
Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler der Unionsfraktion, äußerte kürzlich gegenüber
der polnischen Zeitung Rzeczpospolita, bei der Vertreibung der Deutschen aus Ostpreußen,
Schlesien und Pommern habe es „zwei Täter“ gegeben: „Erstens Hitler und zweitens
Polen, genauer: das kommunistische Regime des damaligen Polen.“ Nun hatte er schon
Hitler als „Mittäter“ ausdrücklich angeführt, dennoch war der Aufschrei aus allen
politischen Lagern Polens groß. Empört warf man Fromme die Gleichsetzung Polens
mit dem Dritten Reich vor. Kaum brandete der polnische Protest auf, schob Fromme
eilig nach, die Verbrechen des Dritten Reiches seien natürlich „singulär in der
Geschichte und mit nichts anderem vergleichbar“.
Nun sorgt für erneute Empörung, daß der private Zusammenschluß
von durch Vertreibung geschädigten Deutschen, die
Preußische Treuhand, Beschwerde
vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht hat. Treuhand-Chef
Rudi Pawelka, gleichzeitig auch Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, klagt
vor dem höchsten europäischen Gericht für 22 zwischen 1944 und 1950 aus Polen vertriebene
Deutsche. Die „Kollektivstrafe“ des Vermögensentzugs sei eine schwere Menschenrechtsverletzung,
erklärte Rechtsanwalt Thomas Gertner, der die
Preußische Treuhand in Straßburg vertritt.
Der polnische Regierungschef Jaroslaw Kaczyński tobt, kündigt eine „blitzschnelle
Aktion“ an, seine Außenministerin stellt den deutsch-polnischen Grenzvertrag von
1990 in Frage. Der hat wohlgemerkt den Abtritt der von Polen 1945 okkupierten deutschen
Ostgebiete völkerrechtlich anerkannt. Es ist schon bemerkenswert, daß Polen ausgerechnet
diesen Vertrag in Frage stellen will.
Deutschland hat sich mit seinem unendlichen Entgegenkommen
gegenüber Polen keinen Dienst erwiesen. Das bedingungslose Appeasement wird nicht
honoriert. Berlin hat Polen in die EU verholfen, ohne daß dies in Warschau gedankt
würde. Polen gedachte gegenüber der EU primär die Hand aufzuhalten, nun sieht es
sich aber mit dem dortigen Rechtssystem und den europäischen Gerichten konfrontiert.
Es wird interessant werden, ob Brüssel polnische Sondergesetze zur Sicherung enteigneten
Vermögens akzeptieren wird. Der Preußischen Treuhand ist zu danken, daß sich der
Mantel des Schweigens nicht über das Unrecht der Vertreibung legt.
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