Samland (Landschaft). Das Rechteck zwischen Ostsee, Kurischem und Frischem Haff, Deime
und Pregel, auch dessen Südufer bis zum Waldgürtel einschließend, ist wohl diejenige
Landschaft des alten Preußen, in der sich schon in frühester Zeit geschichtliches
Leben deutlich erkennbar verdichtet hat. Den Reichtum des Landes bildete der Bernstein,
der hier in solcher Menge und Güte gewonnen wurde wie sonst nirgends. So kamen die
Bewohner frühzeitig in Berührung mit der übrigen Welt, wurden kenntnisreicher und
aufgeschlossener als ihre Landsleute im Innern und entsprachen wohl am ehesten dem
von wikingischen Gewährsleuten übernommenen Bilde Adams von Bremen als homines humanissimi
(sehr menschenfreundliche Leute). Am höchsten rechnet ihnen der Chronist an, dass
sie keine Schiffbrüchigen plünderten, vielmehr sogar Schiffen in Seenot zu Hilfe
kamen. Von den Dänen wurde der Name Sembi gleichbedeutend mit Pruzzi gebraucht,
als seien sie deren führende Schicht. Auch hat wohl dies Gebiet unter den altpreußischen
Landschaften die meisten Bewohner gehabt. Für das Interesse der Kulturvölker des
Altertums sprechen die vielen Namen, die ihm von den Reisenden beigelegt worden
sind: Raunonia, Abalus, Basilia, Osericta. Erst Wulfstan (um 890) hat den einheimischen
Namen, Witland, festgestellt, der noch Dusburg (1324) als Weydeland geläufig ist,
offenbar ein altpreußischer Stamm, der auch im Fürstennamen Weydewut überliefert
ist. Die vom Volksstamm gebildete Bezeichnung Samland (terra Sambiensis) ist wohl
mit dem litauischen szeme = Erde, Land, gleicher Herkunft und steckt auch im Gebietsnamen
Szamaiten.
Schon aus
der mittleren Steinzeit haben wir Bodenfunde an der Küste, die jüngere Bronzezeit
um 1000 v. Chr. bringt im nordwestlichen Winkel die ältesten baltischen Kulturerzeugnisse,
die sich in der frühen Eisenzeit um 500 v.Chr. schon zu häufen beginnen, wie überhaupt
die Ausbeute der Grabungen für alle folgenden Perioden hier am reichsten ist. Die
Wikinger erscheinen vom 9.-11. Jh. n. Chr. an der Küste wegen des Bernsteins und
der Handelsverbindungen auf den großen Flüssen. Ihre Niederlassung an der Wurzel
der Kurischen Nehrung (siehe auch: Wiskiauten) weist vor allem auf die Memel und
entspricht dem Handelsplatz, Truso an der Weichselmündung. Auch der Pregel hat schon
früh einen Weg zur Memel geboten, nachdem die Deime, zuerst ein Fluss, durch einen
Kanal zum Mündungsarm des Pregels geworden war. Dem Deutsehen Orden gegenüber
nahmen die Samländer ebenfalls eine besondere Stellung ein: Sie verhielten sich
zunächst abwartend, und auch der der Orden vermied
zwei Jahrzehnte lang einen Angriff. 1246 wurden bei den Kämpfen südlich des Pregels
gefangene junge Samländer nach Lübeck zu sorgfältiger Bekehrung und Taufe gesandt.
Ein erster kriegerischer Vorstoß des Christburger Komturs im Winter 1252/1253 gegen
Germau hatte keinen Erfolg. Erst der Feldzug König Ottokars v. Böhmen mit seinem
starken Kreuzfahrerheere, ebenfalls über das vereiste Haff, im Januar 1255 durch
die Gebiete von Medenau, Rudau, Quednau, Waldau, Kaimen und Tapiau führte zur Unterwerfung,
wozu die inzwischen entlassenen, getauften jungen Adligen beigetragen haben werden.
Im großen Aufstande von 1260
blieben viele samländische Adlige dem Orden treu - ihre
Namen sind urkundlich erhalten -, so dass hier bereits 1264 Ruhe eintrat, wenn auch
noch nicht ohne gelegentliche Widerstände.
Von der
preußischen Landschaft ist zu unterscheiden die Diözese Sam land, die das ganze
Ordensgebiet nördlich des Pregels umfasste, wie 1246 durch den päpstlichen Legaten
Wilhelm v. Modena bestimmt worden war, von dieser wiederum die Territorien des Bischof
und des Domkapitels. Die erste Landesteilung zwischen Orden und Bischof
hat sich nicht durchgesetzt: Bestand hatte erst die von 1322, die auch weiter nach
0sten auf das inzwischen eroberte Nadrauen
hinübergriff. Das bischöfliche Territorium zerfiel in drei Stücke, ein westliches
mit Fischhausen, einen Streifen, der östlich von Königsberg begann und, das Meer
nicht berührend, ans Kurische Haff reichte, und ein östliches im Norden von Insterburg in dem flachen Bogen, den Inster
und Pregel bilden, mit dem Hauptort Georgenburg. In die Frische Nehrung und die
Bernsteinküste bis Palmnicken musste sich der Bischof mit dem Orden teilen. Ein
Drittel dieses bischöflichen Drittels war in Streulage dem Domkapitel zugewiesen.
Auch die Kurische Nehrung rechnete bis zum mittelalterlichen Tief bei Pillkoppen
zum Samland. Der Orden
hatte zunächst, ebenso wie der Bischof einen besonderen Vogt für das Land, nach
1404 gehörte es unmittelbar zur Komturei
Königsberg. Das Waldgebiet in der
nordwestlichen Ecke um St. Lorenz und Heiligkreuz bevölkerte der Orden 1283 mit umgesiedelten
Sudauern; es hieß bis in die neueste Zeit der »Sudauer Winkel«. Die samländischen
Freien preußischer Abstammung mit ihren zu Kriegsdiensten verpflichteten Gütern
waren eine sichere Stütze des Orden. Der Hochmeister Heinrich
v. Plauen verlieh ihnen 1413 freie Fischerei im Kurischen Haff nebst Weide
und Holzung in den Ordenswäldern. Das war ein wirksamer wirtschaftlicher Ausgleich
für die starke militärische Inanspruchnahme. Erst zu Ende der Ordenszeit hat die
unberechtigte Heranziehung der Freien zu bäuerlichen Diensten (Scharwerk) von seiten der Großgrundbesitzer und Amtleute das gute Verhältnis derart
unterhöhlt, dass sich 1525 offener
Aufstand eben dieses Bevölkerungsteiles erhob. Er brach jedoch schnell zusammen,
weil die erwartete Beteiligung der Gewerke in
Königsberg ausblieb und die Natanger
Freien keine rechte Hilfe leisteten. Die Folge dieses Fehlschlages war verstärkte
Unterdrückung, die sich zu besonders schroffen Standesunterschieden steigerte, bis
1807 die Erbuntertänigkeit aufgehoben wurde.
Der samländische
Kreis nach der Säkularisation von 1525 umfasste, wie die alte Diözese, nunmehr evangelischer
Bischofssprengel, das ganze Gebiet nördlich des Pregels. Von den neu gebildeten
Hauptämtern waren Fischhausen, Schaaken und Tapiau die angesehensten, weil sie nebst
Brandenburg die vier Oberräte des Herzogs
stellten. In der Schwedenzeit 1626-1635
stand das Samland unter schwedischer Sequesterverwaltung. Die Kreiseinteilung des
19. Jh. bildete aus dem westlichen Samland den Kreis Fischhausen, der 1939 in Kreis Samland umgetauft wurde;
vom östlichen wurde die anschließende Hälfte der Landkreis Königsberg; in den Rest
bis zur Deime teilten sich die Kreise Labiau
und Wehlau. Für den Ostpreußen war gefühlsmäßig
ohnehin die westliche Hälfte das Samland schlechthin und neben Kurischer Nehrung
und masurischen Seen vielleicht das beliebteste Stück landschaftlicher Schönheit
in der auch anderswo (Rominter Heide, Oberland)
so reizvollen Heimat. Nicht nur die vielgerühmte Steilküste, auch das Innere mit
seinen Wäldern, Höhen und Teichen waren unversiegbare Quellen des Naturgenusses,
der Lebensfreude und der Heimatliebe. 1945 war das Samland das letzte Stück Heimat,
um das ostpreußische Regimenter gekämpft und das ostpreußische Menschen gesehen
haben, ehe sie in Pillau die Schiffe erreichten.
Quellen:
Karte: Veröffentlichungen des VFFOW
1953-2000,
Sonderschrift 100, Hamburg, 2000, Seite 8;
Text: Handbuch der historischen Stätten Ost- und Westpreußen,
Kröner Verlag, 1966-1981, Seite 196-197
weitere Informationen
in:
der redliche Ostpreuße, Kalenderbuch 1986, Seite 28-34
Die samländischen Ortsnamen gehören zu den ältesten im alten Preußenland.
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