Der Landkreis Ebenrode bis 1938 Landkreis Stallupönen,
703,90 qkm groß, hat 41.265 Einwohner, das sind 58,6 auf 1 qkm. Die Ostgrenze des
Kreises fällt mit der Staatsgrenze zusammen und wird auf langer Strecke von dem
Schirwindtfluß und seinem Nebenfluß Lepone gebildet. Den Südteil des Kreises durchfließt
die Pissa. An der südlichen Grenze gegen den Kreis Goldap breiten sich die
Forstreviere Warnen und Nassawen aus; sie gehen in die Rominter Heide über; sonst
ist der Kreis arm an Waldungen. Stallupönen, der alte Name der Kreisstadt, bezeichnet
eine prußische Kultstätte, jedenfalls eine „Opferstelle nahe dem Wasser". Zu dieser
Stätte sind bis 1730 jährlich am Himmelfahrtstage Tausende von Wallfahrern gepilgert.
Stallupönen wird 1539 erstmals erwähnt, es hatte in jenem Jahre neun Höfe. Der Ort
erhielt 1585 die erste Kirche. Da er an der Fernstraße Königsberg-Kauen lag, mehrere
Krüge hatte und die Bauern der Umgegend hier ihre Erzeugnisse absetzten, wurde Stallupönen
schon früh ein besuchter Marktort.
König Friedrich Wilhelm I. verlieh ihm 1722 das Stadtrecht. Nach den Pestjahren,
in denen viele Menschen dahingerafft worden waren, wurden im Kreise und in der Stadt
Nassauer, Franken, Schweizer und im Jahre 1732 Salzburger angesiedelt. Die Stadt
wurde 1726 nach einem Plan des Schultheiß von Unfriedt neu angelegt. In der Südostecke
des alten großen Marktplatzes entstand in jenem Jahre die Kirche mit einem ansprechenden
zweigeschossigen Turm, dem eine doppelte hölzerne Laterne aufgesetzt ist. Nach einem
Brand mußte die Kirche 1770 erneuert werden. Die Stadt war seit 1717 Garnison von
Reitertruppen, zuletzt des Ulanen-Regiments Nr. 8 Graf zu Dohna. Sie erfreute sich
im 18. Jahrhundert eines guten Lederwarenabsatzes und wirtschaftlichen Aufstiegs.
Nach dem Anschluß an die Ostbahn 1860 und damit an den internationalen Verkehr blieb
die erwartete weitere Entwicklung aus, weil diese durch das Wachstum der Nachbar-
und Grenzstadt Eydtkau (Eydtkuhnen) beeinträchtigt wurde. Am 17. August 1914 wurde Stallupönen
bei dem Gefecht des I. Armeekorps gegen die Russen zum großen Teil zerstört, wurde
aber ab 1915 unter Mithilfe der Patenstadt Kassel neuzeitlich aufgebaut. 1937 hatte
Stallupönen 6.540 Einwohner, 1938 wurde es in Ebenrode umbenannt. Mitte Oktober
1944 verließen die letzten Bewohner die Stadt, als diese durch Fliegerangriffe zerstört
worden war. Das unmittelbar an der russischen bzw. litauischen Grenze gelegene Eydtkuhnen erhielt 1938 seinen ursprünglichen Namen Eydtkau. Es ist aus einem
Einzelhof „Eittkau" entstanden, der 1557 von dem Wildnisdorf Leponischken abgezweigt
wurde und sich bald zu einem Bauerndorf entwickelte. Um 1600 kam der Name Eydtkuhnen
auf. Nach dem Anschluß an die Mitte August 1860 vollendete Ostbahn und dann im April
1861 an das russische Eisenbahnnetz wuchs Eydtkuhnen durch den Bahnhofsverkehr,
den lebhaften Speditionsund Grenzhandel. Da die Dorfflur für die Siedlung nicht
ausreichte, wurden Teile von Kinderweitschen (Kinderhauser) (1873), Kryschullen
(Narwickau) und Jodringkehmen (Sinnhöfen) (1905) eingemeindet. Der Markt mit trapezförmigem
Grundriß unweit der Grenze bildet den wirtschaftlichen Mittelpunkt. Die in Kreuzform
und mit zwei Türmen 1887/1889 erbaute Kirche zeigt neuromanischen Stil. Für den
Warenaustausch bestanden in Eydtkau 1914 46 Speditionsgeschäfte. Im Spätsommer mußten
täglich bis zu 5.000 lebende Gänse aus Rußland in großen Gänsebuchten gefüttert
werden. Im August 1914 wurde Eydtkau bei den Grenzkämpfen zerstört, aber bald mit
Hilfe der Patenstadt Wiesbaden wiederaufgebaut. 1922 wurde Eydtkau zur Stadt erhoben,
1923 hatte es 7.619 Einwohner, diese Zahl ging bis 1936 auf 5.220 zurück, weil der
Fernhandel mit dem Osten durch die Bildung des litauischen Staates unterbunden worden
war. 1938 wurde Eydtkuhnen in Eydtkau umbenannt. Im Herbst 1944 zerstörten die Russen
die Stadt.
In der von der Pissa durchflossenen Niederung,
die durch einen 7 km langen Kanal entwässert worden ist, liegt Trakehnen. Es war ursprünglich
ein Hofgestüt für Wagen- und Reitpferde des königlichen Hofes in Berlin; 1732 wurden
mehrere verstreut liegende Gestütsabteilungen der Domänen im „Kgl. Stutamt Trakehnen"
zusammengefaßt. 1740 hatte Trakehnen 51 Hengste und 368 Mutterstuten. 1779 verwandelte
der Kammerpräsident von Domhardt Trakehnen in ein Landgestüt, um es der heimischen
Pferdezucht dienstbar zu machen. In mehreren Vorwerken mit umfangreichen ausgezeichneten
Wiesen und Weiden wurden Hunderte von Hengsten, Stuten
und
Fohlen gezüchtet und aufgezogen. Als Brandzeichen erhalten sie seit 1787 die siebenzackige
Elchschaufel. Die Trakehner Zucht ist aus der Kreuzung des ostpreußischen Pferdes
mit vornehmlich englischem Blut erwachsen; der Trakehner ist ein Pferd mit hervorragenden
Eigenschaften, das Weltruf besaß und noch heute besitzt. Infolge des verspäteten
Räumungsbefehls vom 17. Oktober 1944 fielen die nach Mitteldeutschland verladenen
Gestütsabteilungen in russische Hand. Mit den im winterlichen Treck 1944/1945 geretteten
Zuchtpferden entstanden in der Bundesrepublik Deutschland neue Gestüte, die für
reine Weiterzucht sorgen. - Im Kirchspiel Göritten, in dem die gleichnamige
Domäne mit einem herrlichen Park liegt, ließ König Friedrich Wilhelm I. Einwanderer
aus Nassau, der Pfalz und aus Württemberg ansiedeln. - In landschaftlich malerischer
Gegend liegen die Kirchdörfer Schloßbach (Pillupönen) im Tal der Pillup und Birkenmühle (Alehlkehmen) an der Pissa im südöstlichen Zipfel des Kreises.
- Der Name des in der Nähe liegenden Dorfes Nassawen erinnert an die eingewanderten
Nassauer.
Patenschaftsträger für den Kreis und die Stadt
Ebenrode ist die Stadt Kassel.
Quellen:
Wappen: Das Ostpreußenblatt (www.Ostpreussenblatt.de),
2001;
Text: Guttzeit: Ostpreußen in 1440 Bildern, Rautenberg, 1972-1996, Seite 42-43
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