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Politaktivisten verdrängen Vertriebenensprecher von Podium
Gießen (fm). - Zu Tumulten und Handgemengen kam es
im Bürgerhaus Kleinlinden beim Auftritt des Vizepräsidenten des Bundes der Vertriebenen
in Hessen und Sprechers der Pommerschen Landsmannschaft,
Hartmut Saenger, vor rund
40 Mitgliedern und Freunden des Kreisverbands der Union der Vertriebenen (UdV).
Noch vor Eintreffen der vom Pächterpaar Hans Otto und Nicole Daniel alarmierten
Polizei verdrängten zwei Dutzend Jugendliche einer Gießener Antifa-Gruppe den Gastredner
vom Pult, entrollten ein Transparent mit der Aufschrift „Gegen Geschichtsrevisionismus
und deutschen Opfermythos“ und warfen dicke Stapel von Flugblättern in den Saal.
Unter der Überschrift „Deutsche Täter sind keine
Opfer!“ wird darin der Bund der Vertriebenen (BdV) als „ein Tummelplatz für Ewiggestrige,
RevanchistInnen und GeschichtsrevisionistInnen“ bezeichnet. Bereits während der
Begrüßungsrede des UdV-Kreisvorsitzenden Egbert Schellhase, der nach eigenen Worten
„eine kurze Einführung in unser Grundverständnis als Union der Vertriebenen“ geben
wollte, kam es zu lautstarken Störungen. Zunächst durch überlautes - und ironisch
gemeintes - Jubeln und Klatschen, danach im Minutentakt durch Zwischenrufe, tosenden
Applaus, Pfiffe und Trillerpfeifen. Zu Beginn hatte Schellhase betont: „Die Vertreibung
von unschuldigen Menschen aus ihrer Heimat ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“
und sich für die „vollständige Wahrheit“ eingesetzt. Neben Stadtrat Dr. Bernhard
Höpfner und dem Kreisvorsitzenden des BdV, Alfred Klarner, begrüßte Schellhase „so
viele junge Leute mit Interesse an diesem Thema“ und hieß sie „herzlich willkommen
zum Gespräch“. Die „hysterisch aufgeregte Debatte“ um die BdV-Präsidentin Erika
Steinbach sowie Arnold Tölg und Hartmut Saenger als Mitglieder im Rat der Stiftung
„Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ habe das Ziel, der Bundesstiftung zu schaden und
die Opfer in Misskredit zu bringen, sagte Schellhase. Mit dem vor zehn Jahren als
Vorläufer gegründeten „Zentrum gegen Vertreibung“ habe man die Flucht und Vertreibung
von Menschen im 20. Jahrhundert - darunter nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als 15
Millionen Deutsche - weltweit ächten wollen. Als Beleg für seine These „Die Wahrheit
siegt“ nannte Schellhase den Münchner Konrad Löw, der als Mitarbeiter der Bundeszentrale
für politische Bildung wegen seiner Bemerkung „Die Mehrheit der Deutschen hatte
während der NS-Zeit mit den Juden sympathisiert“ verächtlich gemacht wurde. Doch
nach einem achtjährigen Kampf sei er durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts
rehabilitiert worden.
Als es zu Beginn von Saengers Rede zu den lautstarken
Zwischenfällen mit Geschiebe, einem umgekippten Tisch und mehreren umgeworfenen
Stühlen, einem auf dem Boden liegenden Besucher und in Richtung der Demonstranten
geleerten Gläsern kam, rief Nicole Daniel in das Gedränge: „Ich bin entsetzt, so
was hab ich in meinem Haus noch nie erlebt.“
Äußerlich gelassen („als 68-er haben wir ganz andere
Kontroversen ausgestanden“) beschrieb Saenger danach eine Stunde lang die Entwicklungsgeschichte,
die Ziele und Leitlinien der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung (Direktor:
Manfred Kittel) nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Deutsches
Historisches Museum“ in Berlin. Im Kern gehe es um „Erinnern und Gedenken im Geiste
der Versöhnung“ mit dem Hauptakzent Flucht und Vertreibung der Deutschen.
Vor Jahresfrist sei er wegen einer „unseligen Begleitsituation“
in die Schlagzeilen geraten, sagte der aus Rosbach stammende Vertriebenenfunktionär.
Auf die danach „von Flensburg bis zum Bodensee“ entstandene Medienkampagne ging
Saenger nicht näher ein. „Ich habe eine Meinung vertreten, die wurde bestritten,
damit bin ich umstritten.“ In der lebhaften Diskussion bestand Einigkeit, dass die
„Vermittlung der ungeschminkten Wahrheit die beste Lehre für unsere Kinder und Jugendlichen“
sei. Für die Zukunft ist Saenger optimistisch: „Die junge Generation erschließt
sich ihr eigenes Informationsfeld im Internet.“
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