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Der Landkreis Mohrungen war mit seiner Flächengröße von 1.265,36
qkm und 56.255 Einwohnern, das sind 44,5 auf 1 qkm, der zweitgrößte Kreis im Regierungsbezirk Königsberg.
Er erstreckte sich im hügeligen und seenreichen Oberland vom linken Mittellauf
der Passarge nach Südwesten. Er hat Anteil am Oberländischen
Kanal und weist landschaftliche Schönheiten auf, die durch die herrlichen
Buchenwälder, größere und kleinere Seen und eine ausgeprägte Moränenlandschaf t
bedingt sind. Geserich-, Ewing-, Röthloff- und Nariensee sind die bedeutendsten
Seen. In der wunderbaren Landschaft liegen eingebettet drei Städte, zahlreiche wohlhabende
Dörfer und viele Herrensitze. Die Kreisstadt Mohrungen, auf einer Halbinsel
zwischen Mohrung- und Schertingsee gelegen, ist neben einer angeblich 1280 entstandenen,
dreiseitig von Wasser umgebenen Ordensburg gegründet worden. Von dem Ordenshaus
ist nur der Nordwestflügel erhalten geblieben. Auf den Fundamenten des 1815 abgebrochenen
östlichen Burgflügels wurde ein Schulhaus erbaut, und im Nordostflügel war das Amtsgericht
untergebracht. Auf dem Mohrunger Schlosse verstarb im Jahre 1470 der Hochmeister
Heinrich von Plauen, der sich während des 13jährigen Ständekrieges einen ruhmvollen
Namen gemacht hat. Die vor der Burg gelegene Siedlung erhielt wahrscheinlich 1327
das Stadtrecht und 1331 eine erneuerte Handfeste. Von der mittelalterlichen Befestigung
sind noch Mauerreste und Türme erhalten. Nach der Schlacht bei Tannenberg nahmen
die Polen die Stadt ein und hielten sie bis 1461 besetzt, 1520 nahmen sie sie wieder
ein und brannten sie aus. Von 1525 bis 1573 waren Amt und Schloß den Burggrafen
und Grafen zu Dohna verpfändet, 1573 wurde das Schloß der Herzogin als Leibgedinge
verschrieben. 1562/1571 erbauten die Grafen zu Dohna auf der Südwestecke der Stadtmauer
das Schlößchen es
wurde nach einem verheerenden Stadtbrand von 1697, bei dem Kirche und Schloß verschont
blieben, von Johann Kaspar Hindersin 1717/1719 erneuert. Nach 1818 diente es als
Landratsamt. Die nahe der Stadtmauer gelegene Kirche wird 1331 erstmalig erwähnt,
ihre ältesten Teile stammen aus dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts, das Langhaus
ist vom 14. bis 16. Jahrhundert mehrfach umgebaut worden. Besonders wirkungsvoll
sind der schöne Turm und die Innenausstattung, z. B. besitzt die Kirche eine prächtige
Doppelorgel aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, einen silbervergoldeten Kelch aus
der Zeit um 1500, der dem gefallenen Ordensmarschall Erasmus von Reitzenstein gewidmet
ist. Der breitgelagerte Backsteinbau des Rathauses ist um 1360/1380 mit reich profilierten
Portalen errichtet worden. Es wurde nach dem Brande von 1697 erneuert. In der Kirchenstraße
steht das Geburtshaus (abgebrochen und 1959 durch einen Neubau ersetzt) des am 25.
August 1744 geborenen Johann Gottfried
Herder; am Hause ist „dem gediegenen Schriftsteller, Dichter, Philosophen
und Orientalisten zum Andenken und der Jugend zu Mohrungen zur Nacheiferung" eine
Gedächtnistafel angebracht worden. Im Jahre 1790 wurde in Mohrungen die „Physikalisch-ökonomische
Gesellschaft" gegründet; sie ist später nach Königsberg verlegt worden. Seit
1825 war in Mohrungen der Verlagsbuchhändler Carl Ludwig Rautenberg ansässig, durch
den Mohrungen, wie es in der Weydeschen Stadtgeschichte heißt, in ganz Ostdeutschland
bekannt wurde. Um Kenntnis wie Volksbildung zu fördern, verbreiteten er und später
seine Nachfolger viele Bücher, auch Zeitschriften, von denen heute noch „Der Redliche
Preuße und Deutsche" unvergessen ist. Von diesem sogenannten „Mohrunger" sind bis
zur Vertreibung 113 Jahrgänge erschienen; seine Tradition führt seit 1950 „Der redliche
Ostpreuße" im gleichnamigen Verlag in Leer (Ostfriesland) fort. Mohrungen ist auch
der Geburtsort des 1836 geborenen Fabeldichters Johann Gottlieb Willamow; er war
viele Jahre Direktor der Deutschen Schule in Petersburg und starb 1777 in Armut.
In der Nähe der Stadt Mohrungen kam es „am 25. Januar 1807 bei Pfarrersfelden zum
Gefecht zwischen den Russen und den Truppen des französischen Marschalls Bernadotte,
bei dem der russische Generalleutnant von Anrepp fiel; ihm wurde an der Kunststraße
nach Liebstadt ein Denkmal gesetzt. 1882 erhielt Mohrungen Eisenbahnanschluß nach
Güldenboden, 1883 nach Allenstein,
1894 nach Wormditt und 1909 nach Liebemühl. Von 1898 bis 1920 bestand
in Mohrungen eine Präparandenanstalt, seit der Ordenszeit eine Volksschule und seit
1925 eine Realschule. 1937 hatte die Stadt 6.223 Einwohner.
Die Patenschaft über den Kreis und die Stadt Mohrungen
hat die Stadt Gießen übernommen.
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Quellen:
Wappen: Johannisburger Heimatbrief 2000, Seite 108;
Text: Guttzeit: Ostpreußen in 1440 Bildern, Verlag Rautenberg,
1972-1996, Seite 24-26
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