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Aus Deutschen wurden Ausländer
Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Heimatvertriebene erhielten jetzt per Post mit der Steuer-ID-Nummer bescheinigt, dass sie in Polen geboren wurden. Viele protestierten dagegen.

Derzeit erhält jeder Bürger mit der Post seine neue Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID). Zu großem Unmut führte bei zahlreichen Menschen die letzte Zeile des Schreibens. Dort wird bei Bürgern, die im Ausland geboren wurden, der jeweilige Staat angegeben.

Jene, die vor 1945 im damaligen Deutschen Reich zur Welt kamen, lesen nun in dieser Zeile Polen. Heimatvertriebene aus Schlesien oder Polen fühlen sich diskriminiert und reagierten zum Teil harsch. Die Wut wird an den Meldebehörden in den Kommunen abgelassen, die als Kontakt für Korrekturen angegeben werden. Nicht nur in Sachsen, sondern auch in anderen Bundesländern gab es Proteste. Doch die Kritik erreichte dabei wie so oft die Falschen.

Automatisierter Abgleich

„Schuld an dem Dilemma ist der Bund“, so ein Sprecher des Sächsischen Städte- und Gemeindetages SSG, bei dem zahlreiche Kommunen um Rat fragten. Für die neue Steuer-ID waren die Datenbestände des kommunalen Melderegisters und des Steuerregisters abgeglichen worden. „Doch das automatisierte Verfahren übertrug die Steuerdaten nur grobmaschig“, so der SSG-Sprecher. Hatte ein Meldeamt völlig korrekt den Geburtsort eines Zwangsumgesiedelten mit im heutigen Polen liegend ergänzt, so wurde daraus im neuen Datenbestand: Geburtsland Polen.

Datenchaos in Niedersachsen

Ein noch krasseres Datenchaos trat in Stade in Niedersachsen auf. Die 45000-Einwohner-Stadt verwandelte sich übers Wochenende durch die Steuer-ID in eine Multi-Kulti-Gesellschaft. Ein Arzt, seine Frau und ein Sohn bekamen britische Wurzeln, der zweite Sohn soll dagegen Russe sein. Eine Elfjährige wurde zur Rumänin und ist dem Bescheid zufolge sogar schon verheiratet.

Anders gelaufen wäre der Datenabgleich, wenn Bund und Länder besser zusammengearbeitet hätten. Die Vereinheitlichung von 16 Landes-Meldegesetzen geschah mit massivem Druck aus Berlin. „Die Länder haben sich geweigert, den immensen Arbeitsaufwand zu übernehmen“, so der SSG-Sprecher. Da hätte es sich der Bund einfach gemacht. Ein einheitliches Schema mit zehn Angaben wurde installiert, das aber mit dem System der kommunalen Melderegister nicht mehr deckungsgleich ist.

Auf Wunsch der Bürger werden falsche Angaben von den Meldeämtern nun wieder gelöscht. Neue Bescheide gibt es voraussichtlich aber nicht. (mit dpa)

Quelle:
Sächsische Zeitung, Donnerstag, 14. August 2008,
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1909758

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