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Erika Steinbach trat in Reaktion auf die deutsche Flüchtlingspolitik aus der CDU aus und macht jetzt Wahlkampf für die AfD. Mitglied werde sie nicht, doch die AfD stehe für vieles, wofür die Union früher stand, sagte Steinbach im Dlf. Rassismus sehe sie in der Partei nicht. Martin Zagatta: Glaubt man den Meinungsumfragen, dann hat die AfD gute Chancen, sogar als drittstärkste Partei in den Bundestag einzuziehen. Ganz besonders freuen dürfte das die Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, die langjährige Vertriebenenpräsidentin, die im Januar aus der CDU ausgetreten ist – ausgetreten aus einer Partei, der sie vier Jahrzehnte angehört hat. Sie hat das insbesondere mit der Flüchtlingspolitik begründet. Inzwischen hat Steinbach per Zeitungsanzeige nicht nur verkündet, aus voller Überzeugung die AfD zu wählen, sie hat jetzt an der Seite von Alexander Gauland und Alice Weidel sogar Wahlkampf für die rechtspopulistische Partei gemacht – ein Auftritt, bei dem sie bejubelt und gefeiert wurde als neues Zugpferd der AfD. Guten Morgen, Erika Steinbach! Erika Steinbach: Einen schönen guten Morgen, Herr Zagatta! Zagatta: Frau Steinbach, wie fühlt man sich als Zugpferd? Steinbach: Ich fühle mich völlig normal, weil ich das wiedergebe, wovon ich überzeugt bin. Ich hab einfach die Fakten aufgeblättert, die in den letzten Jahren durch die Bundesregierung geschaffen worden sind, und das ist nicht mehr kompatibel mit dem, was das CDU-Parteiprogramm über Jahre hinweg festgeschrieben hatte und bis in die jüngste Zeit immer noch drinstehen hat. Zagatta: Sind Sie da stolz, dass Sie jetzt der AfD Stimmen einbringen? Steinbach: Nein, das hat mit Stolz überhaupt nichts zu tun. Eine Partei ist für mich nichts, was direkt emotional Verbindendes ist, sondern als ich seinerzeit in die CDU eingetreten bin, dann hab ich das nicht aus Liebe zur CDU getan, sondern weil ich überzeugt war, ach, das ist die Partei, die am besten für Deutschland mit Alfred Dregger wirken könnte. Symbole dieses Landes, das ist keine Liebe zu einer Partei, sondern eine rationale Entscheidung. Ich hab die CDU nicht mit der Muttermilch von der Schülerunion bis zur Jungen Union eingesogen, sondern ich war ja schon über 30, als ich in die CDU eingetreten bin. "Rassistische Positionen – ich bin noch keinen begegnet"Zagatta: Da ist es Ihnen dann sicher schwergefallen, aus der CDU auszutreten nach 40 Jahren, das kann ich mir vorstellen. Wenn Sie jetzt sagen, das sei rational zu begründen, und dass sie jetzt die politischen Positionen der AfD da weitgehend teilen, das ist ja dann das Eine. Aber schrecken die rassistischen Positionen, die in der AfD da immer wieder vertreten werden, schrecken Sie die nicht ab? Steinbach: Die AfD hat in ihrem Programm weite Teile dessen, was jahrelang CDU-Programme enthalten haben, das muss man sagen. Rassistische Positionen – ich bin noch keinen begegnet. Ich lese hin und wieder etwas, und das ist jeweils mit dem Namen Höcke verbunden, den ich nicht kenne, den ich auch wirklich nicht bewerten kann und dann auch nicht bewerten will, wenn ich nicht alles über ihn weiß. Aber das, was ich gelesen habe, da ging es um das Holocaust-Mahnmal in Berlin, da kenne ich nun die damaligen Debatten noch als Bundestagsabgeordnete, als dieses Mahnmal im Entstehen war, und vom Berliner Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen bis hin zu Rudolf Augstein gab es eine massive Gegenwehr. Und Rudolf Augstein hat sich wesentlich drastischer noch als Höcke geäußert, aber ich sage, ich kann Höcke nicht beurteilen. Zagatta: Da geht's ja jetzt nicht nur um dieses Holocaust-Denkmal, da geht's ja auch um Rassentheorien, also er hatte da vom afrikanischen Ausbreitungstyp gesprochen. Da wird Ihnen nicht mulmig bei so was? Steinbach: Heutzutage wird ja alles als rassistisch oder Rassenpolitik bezeichnet, selbst wenn es irgendwelche Fakten sind. Also, ich glaube, wenn Medien selber mal ihre Produkte auf die Goldwaage legen würden, würden sie in manchen Dingen selber auch nachdenklich werden müssen. Zagatta: Aber bei Rassismus würden Sie bei uns nicht unbedingt fündig, aber zu Höcke, da wollen Sie sich nicht so genau dazu äußern. Steinbach: Ich kenne ihn nicht. Gaulands "Entsorgen" gängige Vokabel in PersonalfragenZagatta: Aber Sie kennen doch Alexander Gauland ganz gut, mit dem sind Sie ja jetzt sogar aufgetreten. Steinbach: Ich kenne Alexander Gauland … Zagatta: Was sagen Sie denn da zu seinen Ausfällen gegen die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, gegen Frau Özoguz, die er in Anatolien "entsorgen", also so war das Wort, "entsorgen" wollte? Steinbach: Lieber Herr Zagatta, also da muss ich sagen, da sollen also wirklich die Medien mal bei sich selber durchblättern. Die Printmedien – inwieweit das jetzt im Deutschlandfunk auch schon benutzt wurde, weiß ich nicht –, aber von der "FAZ" bis zum "Spiegel", da stand drin, Oettinger wird nach Brüssel "entsorgt". Also die Vokabel "entsorgen" kommt vor. Gabriel hat noch in der Opposition gesagt, er will die Bundeskanzlerin mit dem gesamten Kabinett rückstandsfrei "entsorgen". Also wenn das jemand von der AfD gesagt hätte, dann wären die aber mausetot heutzutage, da bliebe nichts mehr davon übrig. Man soll sich jetzt also auch nicht über etwas aufregen, was gängige Vokabel im Bereich des Personals auch in Firmen ist, wo es nicht bösartig gemeint ist, aber als "Mensch, wie werde ich den los", so, Punkt. Zagatta: Da geht's ja drum, aber was anderes ist ja, wenn man da eine deutsche Staatsbürgerin in der Türkei entsorgen will, in dem Zusammenhang. Würden Sie das denn noch als tolerierbar oder witzig finden, wenn da jemand sagen würde, also, "die alte Steinbach, dort ist sie geboren, die sollte man in Polen entsorgen"? Steinbach: Also wissen Sie, was ich alles über mich ergehen lassen muss? Wenn ich mich darüber aufregen würde, ich könnte ein Buch mit diesen Sammlungen an Unverschämtheiten zusammentragen. Aber ich finde viel schlimmer, was Herr Gabriel gesagt hat: Merkel und das Kabinett "rückstandsfrei" entsorgen, "rückstandsfrei". Anatolien ist ja noch ein Urlaubsgebiet, das ist ja geradezu noch human dagegen. Das ist eine künstliche Aufregung, weil man sich bisher, wie ich das verfolgt habe – ich hab natürlich dann im Internet auch mal nachgeblättert –, noch niemals eine Aufregung über die Benutzung dieses Wortes in welchem Zusammenhang auch immer gegeben hat. Zagatta: Da soll es aber, wenn ich das recht jetzt in Erinnerung habe, um die Regierung Merkel gegangen sein. Steinbach: Angela Merkel mit ihrem gesamten Kabinett, "rückstandsfrei". Dann bleibt verbrennen oder was, ich weiß es nicht. Also ich sage, man soll hier nicht mit zweierlei Maß messen. "Das ist ein besonnener und hoch intelligenter Mann"Zagatta: Also Sie sehen auch keinen Anlass, Gauland müsste sich da nicht entschuldigen? Steinbach: Da ich Alexander Gauland nun seit 40 Jahren kenne … Als ich Stadtverordnete wurde, weil Walter Wallmann die absolute Mehrheit errungen hatte für die CDU in Frankfurt, wurde er sein Büroleiter. Das ist ein besonnener und ein hoch intelligenter Mann, sehr nachdenklich auch, und er gehörte eher zu dem linksliberalen Teil der CDU. Manche sagten dann auch an anderer Stelle, ach, Mensch, was der Gauland uns schon wieder für einen liberalen Scheiß hier andient, das wollen wir alles gar nicht und so weiter. Also, ich kenne ihn sehr lange, ich schätze ihn sehr, und ich glaube, es ist natürlich Wahlkampf, und mancher will das einfach überspitzt so betrachten, wie es jetzt betrachtet wird. Zagatta: Also, Sie schätzen Herrn Gauland, können wir festhalten, zu Herrn Höcke, den Sie nicht so gut kennen, wollen Sie sich nicht genau äußern. Steinbach: Ich kenne ihn überhaupt nicht. Zagatta: Überhaupt nicht, gut. Aber nach dem, was Sie jetzt alles von ihm gehört haben, wenn es da demnächst eine AfD-Veranstaltung gibt mit Herrn Höcke, hätten Sie da Skrupel oder würden Sie mit dem auch auftreten? Steinbach: Nein, ich hab gesagt, ich trete an einer Veranstaltung auf, und die war jetzt am letzten Mittwoch. Zagatta: Setzen Sie sich sonst noch für die AfD ein, also welche Rolle spielen Sie denn da, sind Sie da jetzt regelmäßig … Steinbach: Gar keine. Zagatta: Sie sind auch nicht regelmäßig mit denen in Kontakt, Sie sind auch keine Beraterin? Steinbach: Nein, ich bin keine Beraterin. Ich habe gesagt, ich bin bereit, weil ich glaube, dass die AfD wesentliche Elemente von CDU-Politik in ihrem Programm hat, und insbesondere, was die Zuwanderung betrifft, hat ja Angela Merkel all das, was ihre Partei ins Programm hineingeschrieben hat, völlig ignoriert. Und, Herr Zagatta, was mir ein Anliegen ist: Die Tatsache, dass im Deutschen Bundestag auch die Oppositionsparteien komplett versagt haben, komplett, es hat sich niemand bei dieser illegalen Massenmigration, gesetzeswidrigen Massenmigration … Der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hat es ja sehr deutlich gesagt, und der andere hochrangige Jurist Udo di Fabio auch. Die haben beide gesagt … Sie bleibe parteilos, sagt SteinbachZagatta: Es gibt aber auch andere Stimmen. Steinbach: Die haben beide gesagt, es ist rechtswidrig. Und ich bin nun jahrelang im Innenausschuss, und ich weiß, was unsere Gesetze dazu sagen, und ich weiß auch, dass man das vielleicht, was Angela Merkel einmal an einem Wochenende temporär hätte sagen können … Aber danach hätte sie den Bundestag damit konfrontieren müssen und dazu ein Gesetz und einen Beschluss herbeiführen müssen. Aber es hat sich ja niemand empört. Die Grünen haben gejubelt, haben gesagt, noch mehr rein, noch mehr, und die Linken waren auch begeistert. Heute wollen sie … Zagatta: Frau Steinbach, das haben Sie alles lang erläutert. Noch kurz die Frage, weil die Nachrichten warten auf uns: Wann treten Sie in die AfD ein? Steinbach: Überhaupt nicht. Zagatta: Überhaupt nicht, okay. Steinbach: Nein, ich bleibe parteilos. Zagatta: Dann halten wir das so fest. Die Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, die der CDU den Rücken gekehrt hat und inzwischen für die AfD zumindest Wahlkampf macht. Frau Steinbach, danke für dieses Gespräch heute Morgen! Steinbach: Ein schönes Wochenende! Äußerungen unserer Gesprächspartner geben
deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen
seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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