Staatsanwalt
Maciej Schulz vom Institut des Nationalen Gedenkens IPN in Danzig
hat nach eigenen Angaben eine Liste von etwa 10 Zeugen zusammen, welche bei der
Aufklärung um das Massengrab in Malbork, dem früheren deutschen Marienburg in Westpreußen,
dienlich sein könnten. Es handele sich hierbei um Polen und Deutsche welche hochbetagt
in den jeweiligen Heimatländern leben sollen. In 2-3 Wochen will man die Untersuchungen
der Opfer und die Exhumierungen im Massengrab abschließen und nach einer erneuten
Bewertung der Befunde in die Zeugenbefragung gehen, wobei man deutsche Staatsanwaltschaften
um Amtshilfe bitten wolle, da man den betagten Zeugen nicht zumuten möchte nach
Polen zu reisen. Schulz schwieg sich aber weitestgehend über den Inhalt von ihm
zugegangenen Briefen von Zeugen aus. Doch klärte er auf, dass unter diesen potentiellen
Zeugen eine Frau sei die heute in Deutschland lebe und als damals 10-jähriges Mädchen
die Kampfhandlungen zwischen Deutschen und Russen im Frühjahr 1945 miterlebt habe.
Die Aussage einer Frau die 1945 als Kind in Marienburg gelebt haben
will und eine weitere Schilderung eines älteren Herrn, der behauptete ebenfalls
als Zehnjähriger in Marienburg das "Abräumen" der Leichen nach den Kampfhandlungen
erlebt zu haben und hierbei noch recht konkret wird, sind offensichtlich für die
Staatsanwaltschaft Grund genug zu erwägen, dass im Frühjahr 1945 wahrscheinlich
die deutsche Bevölkerung von Marienburg in einem Bombenkrater verscharrt wurde,
nachdem man ihre Leichen in der ganzen Stadt eingesammelt hatte. Aus anderen Quellen
waren uns und Anderen diese und auch weitere angebliche Zeugen-Schilderungen bereits
bekannt, sodass die Geheimniskrämerei der Staatsanwaltschaft fast ein wenig schleierhaft
erscheint wie so vieles in diesem Drama. Staatsanwalt Schulz bemerkte noch, dass
außer den Marienburgern auch Flüchtlinge aus Ostpreußen in dem Massengrab verscharrt
worden sein könnten, die auf der Flucht vor der roten Armee gestorben waren, denn
Marienburg sei ein großer Eisenbahn-Knotenpunkt gewesen. "Wahrscheinlich hatte man
diese Menschen in einen Bombenkrater gelegt, nachdem man ihre Kleidung aus Furcht
vor einer Epidemie verbrannt hatte" - meinte Staatsanwalt Schulz. Nach Angaben des
IPN wurden bis zum Montag 1.900 Schädel in dem Massengrab gefunden, einige Dutzend
davon mit Kopfschüssen. Die Opfer waren alle unbekleidet. Man habe keine persönlichen
Gegenstände, Zahnspangen oder Kugeln in dem Grab gefunden.
Die vom IPN genannte Zeugin aus Deutschland, war in den 70er Jahren
aus Polen übergesiedelt. Ihre Vitalität beweist sie vor allen Dingen durch ein offensichtlich
phänomenales Gedächtnis, welches immer durch die Erzählungen ihrer Mutter wachgehalten
worden sein soll. Die heute 74-jährige hatte einen Brief an die Stadtverwaltung
von Malbork geschrieben, nachdem sie von dem Massengrab in den Medien erfahren hatte:
"Ich bin mir sicher dass es noch mehr als 1.800 Tote waren, aber wo sind sie ? Ich
war damals 10 Jahre alt und wohnte in der Wilhelm Strasse. Am 21. Januar [1945]
um 17 Uhr kamen russische Soldaten in die Stadt. Wir versteckten uns in einem Keller.
Hier waren damals 39 Personen, neun davon waren Kinder., ich, meine Großeltern,
meine Tante, meine Mutter. mein Bruder und die Nachbarschaft. 14 Tage dauerten die
Straßenkämpfe, tagsüber sah man die Russen, nachts die Deutschen, es war die Hölle.
Die Russen haben 14 junge Frauen aus unserem Keller geholt, hierunter auch meine
Tante. Bis heute wissen wir nicht was aus ihnen geworden war. Die Stadt war in den
Händen der Russen, die Marienburg noch nicht. Rotarmisten hatten uns aus der umkämpften
Stadt gebracht. Die Kämpfe um die Burg dauerten noch 6 Wochen. Nach etwa 8 Wochen
sind wir nach Marienburg zurückgekehrt. Dass was ich dann als junges Mädchen erlebt
habe, traue ich mich garnicht zu beschreiben. Die Russen sammelten im März die noch
lebende Restbevölkerung ein um sie für die Entsorgung der Leichen im Stadtgebiet
einzusetzen. Es waren sehr viele, sie lagen auf der Strasse wie die "Heringe". Meist
waren es Soldaten in Uniform. Man lud sie auf Handkarren und fuhr sie zur Jagiellońska
Strasse auf einen kleinen Sportplatz, warf sie auf einen Haufen und überschüttete
sie mit "Chlor". Was dann aus ihnen geworden ist, weiß ich nicht".
Als wichtigster Zeuge der polnischen Staatsanwaltschaft wird allerdings
ein Bürger aus Ełk in Masuren dem früheren deutschen Lyck namens Tadeusz Bronowski
genannt. Ihn hatte die deutsche Tageszeitung in Polen "Dziennik Bałtycki" aufgetan
und unter der Schlagzeile: " Wir haben den einzigen Zeugen zum Massengrab". "Der
Redaktion von "Dziennik Bałtycki" ist es gelungen, den Menschen zu finden, der zusah
wie das Massengrab in Marienburg zwischen der Solna- und Piastowska Strasse entstand."
- behauptet Jarosław Zalesiński, Leiter der Kultursparte dieser Zeitung. Demnach
sei Bronowski als 10-jähriger bereits am 12. Mai [1945] mit seiner Mutter, dem Großvater,
seinen Geschwistern und mehreren Dutzend weiterer Flüchtlinge in Marienburg angekommen.
"Sie kamen im Rahmen der Vertreibungen aus der Region Wolhynien in der heutigen
West-Ukraine. Genau zu jenem Zeitpunkt, als die rote Armee anfing die Strassen und
Gebäude von Leichen zu räumen. Genauer gesagt machten dies deutsche Kriegsgefangene
unter Aufsicht der Rotarmisten. Die Stadt machte einen gespenstischen Eindruck,
war gänzlich zerstört und verwüstet. Ausser den Kriegsgefangenen gab es hier keine
Deutschen mehr und Polen waren noch nicht zugesiedelt worden. Tadeusz Bronowski,
Bruder und Mutter suchten in den Trümmern nach Eßbarem, denn der Hunger war schrecklich.
Der Bericht dieses Zeugen kann Hinweis dafür sein, dass es in den Massengräbern
von Marienburg nicht nur Opfer des NKWD und deutsche und russische Soldaten gab,
sondern auch solche die an Krankheiten und Epedemien gestorben waren" - schreibt
"Dziennik Bałtycki".
Tadeusz Bronowski: "Auf der Burg waren besonders viele Tote. Ich
sah eine große Grube, unweit des Speisesaales, auf dem Hof des mittleren Schlosses.
Kriegsgefangene warfen hier Leichen hinein. Auch draußen an der "Solna" Strasse
waren riesige Gruben und der Gestank besonders heftig. Auf dem Platz an der Grunwaldzka
Strasse, wo heute das sowjetische Denkmal steht, sah ich zwei gigantische Erdlöcher
die mit menschlichen Körpern gefüllt waren. "Wir wohnten in Marienburgu auf dem
Memmelerweg 4 (?). Der Hunger setzte uns schrecklich zu, und gekochter Sauerampfer
und Rhabarber verschärften dieses Gefühl noch mehr. An irgendeinem Nachmittag fanden
wir auf dem Memmelerweg ein totes Pferd. Dies gehörte offensichtlich deutschen Nachbarn
die noch hungriger als wir, das Aas offensichtlich teilweise gegessen hatten. Über
den Ruinen der Häuser herrschte immer noch das ebenfalls sehr zerstörte Schloss,
aber dort lebten keine Menschen mehr. Es lag viel Papier herum oder flog mit Windesantrieb
durch die Luft, Poesie und Prosa, wie die Leiden des jungen Werter von Goethe und
Hitlers "Mein Kampf, aber auch aus dem Zauberberg von Thomas Mann und den Märchen
der Gebrüder Grimm. Und immer wieder sahen wir Lastwagen mit deutschen Krieggefangenen
die von Rotarmisten mit Gewehren und aufgesetzten Bajonetten bewacht wurden. Sie
sammelten die Toten ein, hievten sie mit speziellen Gabeln auf die Fahrzeuge und
brachten diese dann zu ausgehobenen Gruben an verschiedenen Stellen der Stadt. Es
waren Berge von Leichen. In deutschen Uniformen, in sowjetischen Uniformen, und
Zivilisten - Männer, Frauen und Kinder. Große Fliegen mit glänzenden Hinterteilen
krochen ihnen aus dem Mund. Die Leichen waren bereits ausgetrocknet und federleicht,
man warf sie mit einer Hand auf die Lastwagen. Die Russen waren freundlich zu uns,
sie liebten Kinder. Manchmal verjagten sie uns aber auch. Ein großes Sammelgrab
gab es auch in der Nähe des Sportplatzes wo einige ausgebrannte sowjetische Panzer
standen. Aus einem Panzer hatte ich mir ein Fernglas abmontiert. Es war genauer
gesagt beim späteren Kino Włókniarz (Dem ehemaligen polnischen Haus an der Piastowska
Strasse, wo im vergangenen Oktober das Massengrab entdeckt wurde). Alsbald belebte
sich Malbork wieder, es kamen Polen aus Danzig, Warschau und ganz Pommern hierher.
Auch aus meiner Heimat Wolhynien kamen mehr Leute. Die Lebenden hatten nun Oberhand
gegenüber den Toten. Die Sowjets begannen Marienburg zu verlassen. Aus Marienburg
wurde Malbork".
"Polskaweb News" möchte an dieser Stelle nicht das Erinnerungsvermögen
und die Glaubhaftigkeit von Zeugen in Frage stellen, dennoch sind wir gehalten die
Angaben der "Dziennik Bałtycki" und der Staatsanwaltschaft auch mit belegten geschichtlichen
Fakten und unserer bisherigen Recherche zu vergleichen. Es gab keine Bombenkrater
in Marienburg, da die Stadt nie bombardiert wurde. Bombardiert wurden nur die Focke-Wulf
Flugzeugwerke etwa 7 Kilometer außerhalb der Stadt und dies ganz präzise, um die
in Marienburg vermuteten alliierten Kriegsgefangenen zu schützen. Dennoch starben
bei zwei US Angriffen auf diese Werke insgesamt 115 Zwangsarbeiter. Im Frühjahr
1945 herrschten in Westpreußen eisige Verhältnisse mit Temperaturen um minus 25
Grad. Der Boden war steinhart und hierbei eine Grube auszuheben die fast 5.000 Quadratmeter
groß und teilweise bis zu 3,50 Meter tief ist, scheint unwahrscheinlich. Der Zeuge
Bronowski will allerdings im Mai 1945 die Füllung dieses Massengrabes beobachtet
haben. Dass alle Menschen nackt in diese gigantische Grube gelegt oder geworfen
wurden, berichtet er nicht. Der katholische Pfarrer Konrad Will, der bis 1957 in
Marienburg amtierte und 1945 die Leichen in der Stadt einsammelte, hatte akribisch
die Anzahl der von ihm bestatteten Opfer festgehalten. Dass auch Russen mit Hilfe
deutscher Kriegsgefangener Massengräber angelegt haben könnten, erwähnt er mit keinem
Wort. Ein weiterer Zeuge der Staatsanwaltschaft wurde ihr von der "Bild Zeitung"
präsentiert. Hier schreibt ein gewisser Gerhard M., der ebenfalls als Zehnjähriger
in Marienburg gewesen sein will und dort das Massengrab von seinem Onkel gezeigt
bekommen habe. "Die Russen haben die Deutschen auf eine Platz getrieben, dann ging
schon die Schiesserei los. Polen die sich dazwischen stellen wollten, wurden gleich
miterschossen. Dann sind Panzer über das zugeschüttete Loch gefahren in denen man
die Toten geworfen hatte um die Erde zu glätten." Ein weiteres Zechen von sehr widersprüchlichen
Angaben und das nicht nur in sich. Eine andere, nach unserer Ansicht sehr wichtige
Aussage aus Deutschland, haben bisher weder von der Staatsanwaltschaft noch von
den polnischen Medien irgendwo Berücksichtigung gefunden:
"Am 10. Januar 2009 gegen 20.00 Uhr wurde dem Heimatkreisvertreter
Bodo Rückert telefonisch folgendes Erlebnis mitgeteilt: "Im November 1945 hielt
ich mich als Fünfzehnjähriger in der unmittelbaren Nähe des Marienburger Bahnhofs
auf. Mit großem Geschrei stürzten plötzlich unter massiver Gewaltanwendung (Knüppeleinsatz)
durch die polnische Miliz etwa 200 bis 300 Personen, Frauen und Kinder, durch das
Haupttor des Bahnhofs auf die Straße. Sie wurden wie Vieh in Richtung Innenstadt
getrieben. Ein auf die Straße gefallener Junge wurde dabei niedergetrampelt und
unversorgt liegen gelassen. Das damalige brutale Geschehen durch die polnische Miliz
ist mir unvergessen geblieben und durch die jetzige Berichterstattung in der Presse
über die Funde in Marienburg ganz unverhofft in meine Gegenwart zurückgekehrt. Mit
dieser Mitteilung, die ich auch beeiden würde, möchte ich der Aufklärung dienen.
(Name, Anschrift und Telefonnummer des Anrufers sind dem Heimatkreisvertreter bekannt)
www.heimatkreis-marienburg.de/ratselhafter_fund.html". Hierzu passen auch Angaben
aus dem Stadtarchiv von Marienburg wonach im Juni 1945 in Stadt und Kreis Marienburg
noch 2.050 Deutsche statistisch erfasst wurden. Dass im Juni 2005 [*]
in Marienburg noch viele Deutsche lebten beweisen auch Berichte von Familien die
zurückgekehrt waren und ihre Großeltern, die vorher sich geweigert hatten ihre Heimat
zu verlassen, glücklich wieder in die Arme schließen konnten. Seitdem gelten allerdings
dann die Marienburger als verschollen. Unverständlich ist dass die Staatsanwaltschaft
diese Aussage nicht erwähnt. Das mag aber auch daran liegen, dass niemand in Deutschland
offiziell diese Aussage an die polnische Staatsanwaltschaft weitergegeben hatte.
Aber man weiß sicher davon. Die jetzigen, neuen Aussagen welche dem IPN vorliegen
sollen, scheinen zeitmäßig nun die Mär vom Bombenkrater auszumerzen, denn im Mai
1945 konnte man auch ein Loch im Zentrum von Marienburg graben. Die Lösung dieses
Verbrechens findet man sicherlich in deutschen Archiven oder bei Heimatverbänden,
denn das Leben der Deutschen in Marienburg ging ja nach dem Ende des zweiten Weltkrieges
weiter, wenn auch leider nur wenige Monate.
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Fordern Sie per E-Mail Abgeordnete unseres Bundestages dazu auf,
sich für eine Klärung dieser Schicksale einzusetzen.
Über www.abgeordnetenwatch.de
ist jeder Abgeordnete mit Anfragen erreichbar.
Wenn diese Anfragen nicht nur über die Landsmannschaften, sondern auch von vielen
persönlich betroffenen Bürgern kämen, gewönnen sie an Gewicht.
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