|
|
Bedrohliche Identitätsfrage Von April bis Juni 2011 zählt die Republik Polen ihre Staatsbürger. Für die deutsche Volksgruppe stellt dieses Ereignis einen Prüfstein besonderer Art dar. Ihre Angehörigen müssen sich nunmehr nach jahrzehntelanger Unterdrückung deutlich bekennen. Sollten sie das nicht tun, wäre es ihnen nicht mal zu verübeln. Bekennende Vorbilder sind rar gesät, und die Bundesregierung nimmt ihre Obhutspflicht höchstens sehr diskret wahr. Sollte die Zahl der offiziell erfassten Deutschen sinken, droht ein Dammbruch. Substanziell wie auch finanziell (staatliche Unterstützung) wäre aufgrund der ermittelten Zahlen mit drastischen Einschnitten zu rechnen. In die mit ihrer Selbstfindung beschäftigten Reihen der Deutschen Oberschlesiens stößt jüngst massiv eine neue, sich jugendlich gebende und wohlfeil „europäisch“ argumentierende Gruppierung „schlesischer Autonomisten“, kurz RAS. Sie bringen interessante Aktionen zustande, übernehmen im ehemaligen Lager Zgoda öffentlichkeitswirksam das Gedenken an deutsche Opfer der Roten Armee und der polnischen Miliz in Oberschlesien, veranstalten „Autonomie-Märsche“ durch Kattowitz und verdrängen so die deutsche Volksgruppe nach und nach aus der öffentlichen Wahrnehmung. Die Autonomisten stellen daher bei der Volkszählung eine Gefahr für die Deutschen dar. Nicht nur, weil ihre Ziele ambitioniert, doch aus innerpolnischen, rechtlichen Gründen illusorisch sind. Auch nicht bloß deshalb, weil sie der Bevölkerung ein politisches Produkt ohne realen Wert verkaufen. Vielmehr pflegt die „Bewegung“ neben Demonstrationen als zweites Markenzeichen eine ominöse „schlesische Nationalität“, die bei der diesjährigen Zählung offiziell angeben werden kann. Die RAS propagiert diese „Nationalität“ überaus raffiniert in verschiedenen Medien und gewinnt so junge Menschen für sich, die über ihre familiäre Herkunft hinaus nie die Möglichkeit hatten, durch die deutsche Muttersprache eine enge Bindung an die deutsche Kultur zu entwickeln. Auch deshalb, weil die vormalige Führung der Deutschen in der Republik Polen die Problematik der fehlenden deutschen Kindergärten und Grundschulen entgegen der Warnungen der Gesellschaft zur Unterstützung der Deutschen in Schlesien, Ostbrandenburg, Pommern, Ost- und Westpreußen (AGMO e.V.) aus Bonn mindestens ignorierte und heute nicht die entscheidenden Schritte dahingehend zu unternehmen wagt. Der Humus fehlender Verwurzelung in der eigenen Kultur ist der Nährboden für Parolen der RAS. Die vom Zeitgeist geleitete Dis-kussion vom „kulturell
vielfältigen“ Schlesien, welches mit Hilfe einer Autonomie besser regiert werden
könne, findet auch hierzulande allzu gedankenlose Rezipienten. Viele mögen der Idee
eines „Europas der Regionen“ anhängen oder sich von der Überlegung, dass der Gegner
ihres Gegners ihr Freund sei, leiten lassen. Doch greift diese Phrase zu kurz. Die
Frage, wem es nützt, wenn die deutsche Volksgruppe in der Republik Polen durch das
Erstarken der schlesischen Autonomisten bei der Volkszählung 2011 geschwächt würde,
sollte gestellt werden.
|