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Schicksal: Stolperfalle Bodenreform Edith Milius kämpft um 1518,33 Euro Vertriebenengeld Von Uta Franke LÖWENDORF - Die Heimatvertriebenen des Zweiten Weltkrieges vergessen die schwere Zeit der Umsiedlung und des Neubeginns nie. Edith Milius im Ortsteil Löwendorf der Stadt Trebbin ist gleich doppelt betroffen. Sie fühlt sich Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg erneut als Verliererin. Es geht um das Vertriebenenzuwendungsgesetz. Auf dieser Grundlage erhielten Vertriebene, die bis zur Wiedervereinigung in der ehemaligen DDR gelebt haben, eine einmalige Zuwendung von 4000 Deutsche Mark (DM). Edith Milius stammt aus Pommern. Dort wurde sie am 3. Januar 1942 geboren. Der Vater war im Krieg vermisst. Ihre Mutter harrte mit drei Kindern in der alten Heimat aus. Im Juni 1947 wurde die Familie aus Polen ausgewiesen. Der Vater war nicht wiedergekommen. „Wir landeten im Kreis Wittenberg“, erzählt Edith Milius. Später lernte sie ihren Mann Horst Milius aus Löwendorf kennen, Sohn Peter wurde geboren. „Wir alle haben uns gefreut, als wir erfuhren, dass wir diese Zuwendung erhalten sollten“, erinnert sich Edith Milius. Sie hat viele Jahre als Fleischwaren-Verkäuferin in Trebbin gearbeitet. Die Rente der 69-Jährigen ist nicht gerade üppig. Umso größer war die Enttäuschung, als ihr Antrag auf Vertriebenengeld mit lediglich 1030,40 DM bewilligt wurde. Der Grund dafür war Bodenreformwald, den ihr Mann von seinem Vater geerbt hatte. „Ich galt automatisch mit als Eigentümerin des Waldes. Wir hatten ja damals keinen Ehevertrag“, so Edith Milius. Das ihr zustehende Geld wurde mit der Waldfläche verrechnet. Laut Vertriebenenzuwendungsgesetz sind Vertriebene, „die rechtsbeständig Bodenreformland erhalten haben, von der Zuwendung ausgenommen“. Gut, dachten Edith und Horst Milius, „dann verkaufen wir halt den Wald“. Die Idee hatten sie ohnehin schon eine Weile. Doch der Bodenreformwald war inzwischen dem ursprünglichen Besitzer, der Johannischen Kirche Berlin-Nikolassee, wieder rückübertragen worden. „Hätten die Behörden nicht vorher prüfen können oder müssen, wer der Voreigentümer des Waldes war?“, so Edith Milius. Daraus hätte sich aus ihrer Sicht ableiten lassen können, ob eventuell berechtigte Rückübergabeansprüche bestehen. Das hätte möglicherweise die Entscheidung über die ihr zustehende Zuwendung beeinflussen können. „Mein Zuwendungsbescheid wurde offenbar auf einer falschen Grundlage erstellt“, sagt sie. Edith Milius fühlt sich ungerecht behandelt. „Mir müsste noch ein Betrag von 1518,33 Euro Vertriebenengeld zustehen“, hat sie ausgerechnet. Edith Milius hat sich in den letzten Jahren an verschiedene Behörden gewandt. Zu Hause stapeln sich Aktenberge. Das alles hat auch schon ein erkleckliches Sümmchen Geld gekostet. „Ich hätte mir meinen Ruhestand auch anders gewünscht, als mich mit Ämtern herumzuschlagen“, sagt Edith Milius. Sie hat auch schon an Ministerpräsident Matthias Platzeck geschrieben. Er verwies die Angelegenheit an das zuständige Landesamt und das wiederum auf die gesetzliche Grundlage. „Außerdem hätte ich eine Widerspruchsfrist nicht eingehalten, was heißt, ich hätte damals darauf verzichtet, Rechtsmittel einzulegen“, so Edith Milius. Sie weiß bis heute nicht genau, welche Frist das gewesen sein soll. „Ich war von Anfang an hinterher und habe nichts schleifen lassen“, ist sie sich sicher. Edith Milius weiß trotzdem langsam nicht mehr weiter. Der Wald gehört wieder den ursprünglichen Besitzern „und ich bin trotz allem Vertriebene“. Mit Hilfe eines Rechtsanwalts könnte sie versuchen, den Differenzbetrag von 1518,33 Euro vielleicht doch noch zu erstreiten. Doch die Rentnerin weiß, dass sie das sehr viel kosten könnte.
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