|  |  | 
  
    |  | „Sag mir, wo die Toten sind“ | 
    
    
     |  
  
    | 
    neuer Dokumentarfilm über 
    Massaker an deutschen Zivilisten |  Es ist ein dunkles Kapitel in der 
tschechischen Geschichte, das auch nach mehr als 60 Jahren Emotionen hervorruft. 
Ein Teil der Bevölkerung will nichts mehr davon wissen und es lieber vergessen. 
In letzter Zeit gibt es aber immer mehr Menschen, die die Massengräber öffnen 
lassen und den Tatsachen auf den Grund gehen. Die Massengräber, in denen an 
verschiedenen Orten Tschechiens kurz nach dem Kriegsende getötete deutsche 
Zivilisten begraben wurden. Das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen 
brachte am Donnerstag einen neuen Dokumentarfilm von Regisseur 
David Vondráček. 
Der Regisseur sucht darin ähnlich wie in seinem Film „Töten auf tschechisch“ 
nach dem Verbrechen, zu denen es während der so genannten „wilden Vertreibung“ 
kam. 
 Der Film heißt „Sag mir, wo die Toten sind“. Mit 
dem Titel habe er eine Parallele zum bekannten
Lied von Marlene Dietrich 
hergestellt, sagt Regisseur David Vondráček. „Ich beende mit diesem Film für mich und für 
die Zuschauer einen vierteiligen Zyklus über die Nachkriegssituation 
hierzulande. Diesmal habe ich mich auf unbekannte Massengräber konzentriert. 
Bereits im Bewusststein der Öffentlichkeit ist 
das Massengrab von Dobronín (Dobrenz), das 
habe ich absichtlich außen vorgelassen. Es gibt bei uns aber Dutzende ähnlicher 
Gräber, in denen getötete Zivilisten liegen. Durch die Erinnerungen der 
Nachkommen der Toten und der Zeugen versuche ich die Lage an den Orten zu 
beschreiben, an denen sich diese tragischen Ereignisse kurz nach dem Zweiten 
Weltkrieg abgespielt haben. Und dies in einem nüchternen, nicht ideologischen 
Ton.“  
 Im 
Film wird an die Massaker in Velvěty bei Teplice, im südböhmischen Suchdol nad 
Lužnicí, aber auch im Prager Stadtteil Strašnice erinnert. Der Regisseur befasst 
sich zudem mit den drastischen Verhältnissen im Internierungslager Hanke in 
Ostrava, das für deutsche Zivilisten eingerichtet worden war. Im Lager wurden 
die Gefangenen oft gezwungen, sich gegenseitig umzubringen. Die Toten wurden 
dort begraben, wo sich heute der Stadtpark befindet. Viel Aufmerksamkeit wird 
auch der Nachkriegssituation im Adlergebirge / Orlické hory geschenkt. Dort gibt 
es dem Regisseur zufolge viele kleine Gemeinden, in denen sich damals 
Möchtegern-Partisanen bewegten. Diese hätten sich, so Vondráček, nach dem Motto 
gerichtet: „Wenn du deinen Deutschen umbringst, wird er sein Haus nicht mehr 
wieder haben wollen, das du bekommen hast.“ Bei den Vorbereitungen des 
Films hätten ihm in großem Umfang die Fernsehzuschauer geholfen, die seinen Film 
„Töten auf Tschechisch“ gesehen haben, so der Regisseur. 
 Vondráček 
lenkt im Film die Aufmerksamkeit auch auf den unterschiedlichen Umgang mit den 
Deutschen in der sowjetischen und der amerikanischen Zone. Zu den schlimmsten 
Gewalttaten sei es in der sowjetischen Zone gekommen, so Vondráček: 
„Ein 
US-Militärattaché sagte damals: ´Wir haben Mitteleuropa nicht befreit, damit die 
Tschechen hier neue Buchenwalds einrichten´. Die Amerikaner haben sehr auf die 
Einhaltung der Rechtsordnung geachtet. Die Sowjets, die schon vom Krieg müde 
waren, ließen die Tschechen - meistens die so genannten ´Revolutionsgarden´ - 
handeln. Dies hing bestimmt mit der weiteren Entwicklung zusammen. Es gibt da 
einen interessanten Moment, der wenig bekannt ist. Die Revolutionsgarden 
bildeten die Grundlage der Betriebsräte und der Betriebsmilizen, die die 
tschechische Unternehmerelite schon 1945 enteignet hatten. Ich meine, dass die 
Quelle des Bösen, wenn ich es mit dieser dummen Metapher ausdrücken darf, sich 
schon damals begann in einen neuen Totalitarismus zu verwandeln: zuerst in den 
tschechischen nationalen Sozialismus und dann in den Kommunismus.“  
  
    | 
 In seinem Film lässt
Vondráček auch den 
Holocaust-Überlebenden Toman Brod mehrmals zu Wort kommen. Obwohl Toman Brod die 
Nazi-Gewaltherrschaft in einigen KZs miterleben musste, hat er sich einen 
humanistischen Blick auf die Ereignisse behalten. „Im tschechischen Volk ist bestimmt die 
Erinnerung an die Erniedrigung lebendig geblieben, die es durch die Deutschen 
erlitten hat, sowie an die Arroganz der Nazis. Das tschechische Volk unterlag 
einer hasserfüllten Hysterie, die sich gegen die Deutschen wandte, die in diesem 
Land Jahrhunderte lang gelebt haben. Die Massaker haben aber nicht die Menschen 
verübt, die Nazi-Opfer waren und aus den KZs zurückkamen. Die Massaker waren das 
Werk des Pöbels, der während des Kriegs nicht viel gelitten hatte. Er hat sein 
schlechtes Gewissen an den Deutschen abreagiert.“ 
 |  |