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Größter Backsteinbau Europas und im
Zweiten Weltkrieg Schauplatz erbitterter Kämpfe: Die Marienburg um 1838 |
Endkampf auf historischem Boden
Vor 70 Jahren erlagen die deutschen Verteidiger des
Brückenkopfes Marienburg an der Nogat der feindlichen Übermacht.
Die
Marienburg,
einst die stolzeste Burg des Deutschen Reiches, war gegen Ende des Zweiten
Weltkrieges hart umkämpft und wurde dabei durch das Artilleriefeuer der
Angreifer schwer zerstört.
Nachdem die Ritterorden ihre ursprüngliche
Bedeutung fast überall verloren hatten, waren es die deutschen Ritter allein,
die, ungeduldig so unwürdige Fesseln sprengend, sich unerwartet neue Bahnen
hieben und mit Kreuz und Schwert mitten in den nordöstlichen Wildnissen ein
neues Deutschland eroberten, ohne dessen christliche Vormauer der ganze Norden
Europas eine andere, jetzt kaum mehr berechenbare, geistige Gestaltung genommen
hätte. Und dieses Ordens-Haupthaus, die
Marienburg,
war jahrzehntelang der Mittelpunkt jenes welthistorischen Ereignisses,
romantisiert Joseph Freiherr von Eichendorff, der durch einen literarischen
Fingerzeig auf die Wiederherrichtung dieser mittelalterlichen Wehranlage im
vorigen Jahrhundert hinwies. Bot das 19. Jahrhundert Gelegenheit zur
Restaurierung der Marienburg, wurde die Burganlage im 20. Jahrhundert wieder in
den Strudel der abendländischen Auseinandersetzung gerissen.
Am 26. Januar 1945 versuchten sowjetische
Streitkräfte, mit Panzern in das
Stadtzentrum von Marienburg vorzustoßen, um den deutschen Brückenkopf zu
überrollen und sich der intakten Nogatbrücken zu bemächtigen. Auch in den
folgenden Tagen wurden diese Vorstöße der Belagerer durch den massiven Einsatz
von Panzerfäusten auf Seiten der deutschen Verteidiger vereitelt. Aufgrund der
die Straßen versperrenden Panzerwracks blieben weitere motorisierte Angriffe
aus, doch wurde die Innenstadt vom weit überlegenen Feind durchsickert. Während
sich ein Großteil der deutschen Verteidiger am 27. Januar über die Nogat
zurückzog, formierte sich unter Major Karl Mickley die „Kampfgruppe Marienburg“
aus Teilen des Ersatz- und Ausbildungsbataillons 494, des Ersatz- und
Ausbildungsbataillons „Feldherrnhalle“ sowie Marineangehörigen und versprengten
Heeressoldaten. Die weiteren sechs Wochen würden diese Männer zu einem
geschlossenen Kampfverband verschweißen.
Bei allen Widerstandsversuchen wie Ausfällen und
gewaltsamer Erkundung schloss sich der Belagerungsring in der zur Festung
erklärten Stadt
Marienburg immer enger um die Burganlage. Während der Feind über starke
Artilleriekräfte und verstärkt herangezogene Scharfschützen verfügte, hatten die
Verteidiger nur leichte Infanteriewaffen und Panzerfäuste entgegenzusetzen. In
seinem Buch „Marienburg 1945. Kampf um Stadt und Burg“ zeichnet der
seinerzeitige Burgkommandant, Oberleutnant Gustav Fieguth, ein authentisches
Bild des Geschehens. Er schildert den propagandistischen Symbolwert des
Brückenkopfs. Neben den häufigen Erwähnungen der Lage um die Festung in
Verlautbarungen der Wehrmacht und Partei geriet die Schlossanlage als Ort der
Erstaufführung des
„Durchhaltefilms“ „Kolberg“ in das Interesse der Öffentlichkeit. Natürlich
waren sich die Verteidiger selbst dessen bewusst, dass sie sich früher oder
später nicht dem sowjetischen Zugriff entziehen können. Fieguth widersetzt sich
der Behauptung, dass es falsch gewesen sei, das Baudenkmal in die
Kampfhandlungen miteinzubeziehen: Hätte man bereits am 27. Januar 1945 den
Brückenkopf aufgegeben, wären die Sowjets frühzeitig in die Danziger Niederung
vorgestoßen und hätten den über die Frische Nehrung flüchtenden Ostpreußen den
Weg zum rettenden Hafen Danzig abgeschnitten. Zudem sei bekannt gewesen, dass
der Feind andernorts Kunstdenkmäler, die unzerstört in dessen Hand gefallen
seien, ebenso mutwillig vernichtet habe.
In der Geschichtsschreibung glaubten Polen wie
Sowjets, den Einsatz der Artillerie durch die vermeintliche Anwesenheit
verbissen kämpfender Einheiten der Waffen-SS beschönigen zu können. Die
Kulturverachtung der Zerstörung der Marienstatue an der Schlosskapelle
durch einen Sowjetpanzer wollte man zudem mit der angeblichen Explosion
deutscher Munitionsvorräte verschleiern. Ungeachtet der leider oft ideologisch
untermauerten zeitgeschichtlichen Erörterungen haben die Verteidiger der
Marienburg durch ihr hohes Maß an soldatischer Pflichterfüllung, das sie bis zum
9. März 1945 ausharren ließ, Achtung verdient. - E.B.
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Die Marienburg wurde 1945 durch Artilleriebeschuss zu 60%
zerstört
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