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Die »Großen Drei« zerstückeln Deutschland Im Juli 1945 hielten die Regierungschefs
Großbritanniens, der USA und der UdSSR die Potsdamer Konferenz ab Vom 17. Juli bis 2. August 1945 fand mit der Potsdamer Konferenz die letzte der sogenannten Kriegskonferenzen statt. Im Schloß Cecilienhof konferierten die „Großen Drei“ ein letztes Mal, diesmal unweit der Hauptstadt des Landes, das sie gemeinsam besiegt hatten. Eigentlich hatte die Konferenz bereits am 15., spätestens am 16. Juli beginnen sollen (vgl. PAZ Folge 28/2005). Josef Stalin ließ sich jedoch mit einem Schwächeanfall entschuldigen und so wurde es der 17. Um 17 Uhr wurden die drei Türen zum als Konferenzraum genutzten Empfangssaal des Schlosses geöffnet. Die drei Regierungschefs der Sowjetunion, des Vereinigten Königsreiches und der Vereinigten Staaten traten in Begleitung ihrer Außenminister und ihrer Berater ein, um an dem in der Moskauer Möbelfabrik Lux extra für diese Konferenz gefertigten runden Tisch in der Mitte des Saales Platz zu nehmen. Stalin schlug vor, dem US-amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman die Konferenzpräsidentschaft zu übertragen. Es erfolgte kein Widerspruch. Die Konferenz konnte beginnen. Diese erste Sitzung war in starkem Maße durch die Klärung von Verfahrensfragen geprägt. Am Vormittag fanden regelmäßig Besprechungen der Außenminister statt, die sich durch eingesetzte Fachausschüsse zuarbeiten ließen. Auf der Basis der Ergebnisse der Außenministerbesprechungen tagten dann in den Nachmittags- und Abendstunden die Vollversammlungen. In der ersten Verhandlungsphase vom 17. bis 25. Juli fanden neun derartige Plenarsitzungen statt. Dann begaben sich der konservative britische Premier Winston Churchill und sein Stellvertreter Clement R. Attlee von der Labour Party für die Verkündung der Parlamentswahlergebnisse nach Großbritannien. Zur Überraschung Churchills wurde er nicht im Amt bestätigt, sondern vom Wähler durch Attlee ersetzt. Ohne Churchill kam Attlee am 28. Juli, nun als einer der „Großen Drei“, aus England zurück. Angesichts seiner Kriegsverbrechen im vorausgegangenen Weltkrieg (vgl. PAZ Folge 6/2005) mag es verblüffen, doch für die Deutschen gereichte Churchills Abwahl insofern zum Nachteil, als sein unerfahrener Nachfolger von der politischen Linken Stalin weniger Widerstand entgegensetzte. Nach Attlees Rückkehr fanden noch vier Vollsitzungen statt. Offizielles Ergebnis der Konferenz war weder ein Vertrag noch eine Erweiterung des Völkerrechtes, obwohl Politiker und Historiker aus den (ehemaligen) Ostblockstaaten dieses gerne suggerieren, sondern eine von den „Großen Drei“ am 2. August um 0.30 Uhr unterzeichnete „Mitteilung über die Drei-Mächte-Konferenz von Berlin“, die ohne Verzug im „Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland“ bekanntgegeben wurde. Hauptstreitpunkt zwischen den Alliierten war die Behandlung Deutschlands im allgemeinen und Ostdeutschlands im besonderen. Bereits zu Beginn der Beratungen warf Stalins Gegenspieler Churchill die Frage auf, was – sprich welches Territorium – denn nun unter „Deutschland“ zu verstehen sei. Darin von Churchill unterstützt, versuchte Truman als Definition das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 durchzusetzen. Da Stalin die mit den Westmächten nicht abgesprochene Verteilung Ostdeutschlands zwischen ihm und Polen nicht zur Diskussion, geschweige denn zur Disposition stellen wollte, versuchte er – ganz im Geiste der heutigen Bundesregierung – ein Deutschlandverständnis durchzusetzen, das Ostdeutschland ausschloß – allerdings ohne dieses offen zu sagen. Das Ergebnis war ein schwammiges Kritisieren des Trumanschen Deutschlandbegriffes. „Deutschland ist das, was es nach dem Kriege wurde“, lautete Stalins direkte Antwort auf Churchills Frage. Auf Trumans konkrete Frage: „Kann man von Deutschland sprechen, wie es 1937, vor dem Kriege, war?“ antwortete Stalin: „So wie es 1945 ist.“ Man dürfe „nicht von den Ergebnissen des Krieges abstrahieren“. Truman gab jedoch nicht auf, sondern hakte nach, ob man nicht doch „von Deutschland, wie es vor dem Kriege, im Jahre 1937, war“, sprechen solle. Diesmal lautete seine bezeichnende Antwort: „Formal kann man es so verstehen, in Wirklichkeit ist es nicht so.“ Schließlich rang der US-Präsident dem Generalissimus wenigstens die folgende Erklärung ab: „Ausgehen kann man von überall. Von irgend etwas muß man ausgehen. In diesem Sinne kann man auch das Jahr 1937 nehmen.“ Das war ein angelsächsischer Punkterfolg, mehr aber auch nicht. Am 21. und 23. Juli wurde man konkreter, da ging es direkt um Ostdeutschland. Mit der russischen Kriegsbeute hatten die Anglo-Amerikaner vergleichsweise wenig Probleme. Stalins Argumentation, daß sein Land einen eisfreien Hafen brauche und seine Landsleute darauf brennen würden, eine kleine Genugtuung für die Kriegsverluste zu erhalten, setzten sie nichts entgegen. Truman erklärte sein grundsätzliches Einverständnis und Churchill verwies darauf, daß er bereits in seiner Unterhausrede vom 15. Dezember des Vorjahres (vgl. PAZ Folge 50/2004) klargestellt habe, daß seine Regierung mit diesem Wunsche sympathisiere. Schwerer taten sich die Angelsachsen mit der von Stalin Polen zugedachten ungleich größeren Kriegsbeute. Sie waren nicht bereit, kommentarlos zu akzeptieren, daß Stalin den zu seiner Besatzungszone gehörenden Osten Deutschlands fast vollständig den Polen überließ. Stalin argumentierte, daß die deutschen Bewohner dieser ostdeutschen Gebiete entweder im Krieg gefallen, in Kriegsgefangenschaft geraten oder mit der Wehrmacht Richtung Westen gegangen seien, die Rote Armee jedoch bei ihrem Vormarsch mit der Verwaltung der eroberten Gebiete überfordert gewesen sei und man deshalb der nachrückenden polnischen Bevölkerung die Verwaltung übertragen habe. Auch fiel damals bereits das von den bundesdeutschen Politikern und Multiplikatoren inzwischen weitgehend übernommene Argument, daß Polen von seiner sogenannten Westverschiebung nicht etwa profitiere, sondern nur ein Äquivalent für seine Verluste östlich der Curzon-Linie im Westen erhalte. Was Churchill hierzu sagte, kann man gar nicht oft genug wiederholen. Der Brite, dem man nun wahrlich keine Polenfeindlichkeit vorwerfen kann, warnte vor einer „Überfütterung der polnischen Gans“. Zu Recht warf er Polen vor, nun „bedeutend mehr“ zu verlangen, „als es im Osten abgibt“. Das in Polen wie in der Bundesrepublik geflissentlich verschwiegene Mißverhältnis brachte er mit der folgenden Gegenüberstellung auf den Punkt: „Wenn drei oder vier Millionen Polen von östlich der Curzon-Linie umgesiedelt werden, so hätte man drei oder vier Millionen Deutsche im Westen umsiedeln können, damit sie den Polen Platz machen. Eine Umsiedlung von jetzt bereits acht Millionen Menschen ist eine Sache, die ich nicht unterstützen kann.“ Aus den Verhandlungsaufzeichnungen geht klar hervor, warum die Angelsachsen dagegen waren, daß Deutschland seinen gesamten Osten verliert. Abgesehen von der Verärgerung darüber, daß sie von Stalin ohne vorherige Absprache vor vollendete Tatsachen gestellt wurden, trieb sie die Sorge um, die fehlenden Lebensmittellieferungen aus dem stärker agrarisch geprägten Osten Deutschlands in den von ihnen besetzten Westen des Landes mit eigenen Lieferungen kompensieren zu müssen. Erschwerend kam hinzu, daß dem Ausfall der Lieferungen aus dem Osten ein vermehrter Bedarf gegenüberstand, denn die in den Westen gefluteten Opfer der russischen und polnischen Vertreibung erzeugten zusätzlichen Bedarf. Auch auf die schlesischen Kohlegruben mit ihren Lieferungen meinte man nicht verzichten zu können. Deutschland war zwar in Besatzungszonen aufgeteilt, aber es war doch in seiner Gesamtheit Kriegsbeute aller Alliierten, und da sah man es ungern, wenn diese Beute ohne Absprache und Kompensation um wertvolle Teile verkleinert wurde. Obwohl Franklin D. Roosevelts Nachfolger weniger stalinkritisch war als Churchill, fand er zum Abschluß der fünften Vollsitzung doch erstaunlich klare Worte: „Ich möchte offen sagen, was ich in dieser Frage denke. Ich kann mich im Hinblick auf die Lösung der Reparationsfrage und im Hinblick auf die Versorgung der gesamten deutschen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Kohle nicht mit der Fortnahme des östlichen Teils von Deutschland in den Grenzen von 1937 einverstanden erklären.“ Nur zehn Tage später erklärte hingegen Trumans Außenminister, James Francis Byrnes auf der elften Plenarsitzung: „Wir standen vor der Tatsache, daß Polen mit Einverständnis der Sowjetunion dieses Territorium faktisch verwaltet. In Anbetracht dessen haben sich die drei Mächte geeinigt, daß die Verwaltung dieses Gebietes in polnischen Händen bleibt, damit es keinen Streit mehr über den Status dieses Gebietes gibt.“ Die Erklärung für diesen bemerkenswerten Sinneswandel liegt in einer Paketlösung. Die US-Amerikaner mit den Briten im Schlepptau kamen den Russen in der ostdeutschen Frage entgegen und dafür gab Stalin insbesondere in der Frage der Reparationen nach. Der Deal, in diesem Falle paßt der umgangssprachliche Anglizismus wie kein deutscher Begriff, entbehrte nicht einer gewissen Logik. Wenn Stalin Lebensmittellieferungen aus dem Osten seiner Zone nach Westdeutschland unterband, indem er diesen Zonenteil weitestgehend Polen überließ, war es konsequent, wenn er sich zum Ausgleich mit weniger Reparationslieferungen von Industriegütern aus den Westzonen zufriedengab. Hier in Potsdam zeichnete sich die für die folgenden Jahrzehnte gültige Regelung der deutschen Frage – und mit ihr auch der Reparationsfrage – zumindest ab. Da sich Sowjets auf der einen Seite und die US-Amerikaner mit ihrem britischen Juniorpartner auf der anderen Seite nicht über die Behandlung Deutschlands einigen konnten, spalteten sie es und gewährten sich trotz gegenteiliger Propaganda gegenseitig das Recht, in und mit dem eigenen Teil nach eigenem Belieben zu verfahren.
… VI. Stadt Königsberg und das anliegende Gebiet Die Konferenz prüfte einen Vorschlag der Sowjetregierung, daß vorbehaltlich der endgültigen Bestimmung der territorialen Frage bei der Friedensregelung derjenige Abschnitt der Westgrenze der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, der an die Ostsee grenzt, von einem Punkt an der östlichen Küste der Danziger Bucht in östlicher Richtung nördlich von Braunsberg–Goldap und von da zu dem Schnittpunkt der Grenzen Litauens, der Polnischen Republik und Ostpreußens verlaufen soll. Die Konferenz hat grundsätzlich dem Vorschlag der Sowjetregierung hinsichtlich der endgültigen Übergabe der Stadt Königsberg und des anliegenden Gebietes an die Sowjetunion gemäß der obigen Beschreibung zugestimmt, wobei der genaue Grenzverlauf einer sachverständigen Prüfung vorbehalten bleibt. Der Präsident der USA und der britische Premierminister haben erklärt, daß sie den Vorschlag der Konferenz bei der bevorstehenden Friedensregelung unterstützen werden. … IX Polen … b) Bezüglich der Westgrenze Polens wurde folgendes Abkommen erzielt: In Übereinstimmung mit dem bei der Krim-Konferenz erzielten Abkommen haben die Häupter der drei Regierungen die Meinung der Polnischen Provisorischen Regierung der Nationalen Einheit hinsichtlich des Territoriums im Norden und Westen geprüft, das Polen erhalten soll … Die Häupter der drei Regierungen bekräftigen ihre Auffassung, daß die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zu der Friedenskonferenz zurückgestellt werden soll. Die Häupter der drei Regierungen stimmen darin überein, daß bis zur endgültigen Festlegung der Westgrenze Polens die früher deutschen Gebiete östlich der Linie, die von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur Einmündung der westlichen Neiße und die westliche Neiße entlang bis zur tschechoslowakischen Grenze verläuft, einschließlich des Teils Ostpreußens, der nicht unter die Verwaltung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in Übereinstimmung mit den auf dieser Konferenz erzielten Vereinbarungen gestellt wird und einschließlich des Gebietes der früheren Freien Stadt Danzig, unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen. … XIII. Ordnungsgemäße Überführung deutscher Bevölkerungsteile Die Konferenz erzielte folgendes Abkommen über die Ausweisung Deutscher aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn: „Die drei Regierungen haben die Frage unter allen
Gesichtspunkten beraten und erkennen an, daß die Überführung der deutschen
Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei und
Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt werden muß. Sie
stimmen darin überein, daß jede derartige Überführung, die stattfinden wird, in
ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen soll …“
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