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Ein Stück Tschechien in Bayern 65 Jahre nach Kriegsende ist die Frage, wem denn eigentlich der Egerer Stadtwald bei Neualbenreuth im Landkreis Tirschenreuth gehört, noch nicht endgültig entschieden. Von Herbert Scharf Neualbenreuth - Ist die heutige Stadt Cheb, Grenzstadt in Tschechien zu Bayern, auch rechtlich die Nachfolgerin der ehemaligen Reichsstadt Eger? Um diese Frage ging es zunächst einmal in dem Streit um das stattliche Waldgrundstück zwischen Vertriebenen aus Böhmen und der heutigen Stadt Cheb. Seit dem Jahr 1554 gehört das Waldstück der freien Reichsstadt Eger. Noch heute steht die Stadt Eger als Besitzer im Grundbuch des Amtsgerichts Tirschenreuth. Daran änderte weder die Zugehörigkeit zur österreichisch-ungarischen Donaumonarchie noch zum späteren tschechischen Staat etwas, als Eger vor dem Krieg zu etwa 99 Prozent von Deutschen besiedelt war. Nach der Vertreibung und der Enteignung der Sudetendeutschen als Folge des Zweiten Weltkriegs sahen sich sowohl die Stadt Cheb als auch die Vertriebenen als Nachfolger der ehemaligen Reichsstadt und erhoben Anspruch auf den Egerer Stadtwald. Bereits im Jahr 1957 versuchten Vertriebene, sich per Gericht das Weiterbestehen der Stadtgemeinde Eger und damit auch den Waldbesitz festschreiben zu lassen. In drei Gerichtsinstanzen aber versuchten sie vergeblich, ihre Forderung durchzusetzen, die sie damit begründeten, dass die einstige Bevölkerung Egers in der Bundesrepublik lebe. Im Jahr 1963 lebte dann die Empörung der Vertriebenen erneut auf, als die Stadt Cheb versuchte, 500 Quadratmeter des Stadtwalds an die bayerische Stadt Waldsassen zu verkaufen. Cheb führte in der Urkunde beide Namen, Cheb und Eger, an, um damit die Eigentumsrechte zu dokumentieren. Dem widersprachen nun wiederum zwei deutsche Gerichte. Sie stellten sich auf den Standpunkt, dass mit der Vertreibung der Bevölkerung auch die Stadt Eger untergegangen sei. Und die Benesch-Dekrete hätten auf deutschem Boden keine Rechtswirksamkeit. Die Freude auf deutscher Seite währte nur kurz. Wenig später nämlich erkannte das bayerische Oberlandesgericht in einem Revisionsverfahren die Stadt Cheb als rechtmäßige Eigentümerin des Waldes an. Die Vertriebenen als vierter Stamm in Bayern fühlten sich nun zum zweiten Mal enteignet - und waren mit einer Eingabe an den Bundestag erfolgreich. "Lex Eger" im Bundestag 1965 beschloss der Bundestag eine "Lex Eger" und stellte den Egerer Stadtwald samt der urigen Ausflugsgaststätte "Egerer Waldhäusl" im Rahmen des "Rechtsträger-Abwicklungsgesetzes" unter treuhänderische Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland. Eine Regelung, an der wegen ihrer Brisanz lange Zeit niemand rühren wollte. Wobei sich inzwischen die politische Großwetterlage entscheidend geändert hat: Der Eiserne Vorhang ist verschwunden, Tschechien ist Mitglied der EU und der Nato, Eger/Cheb eine Partnerstadt von Hof, Gartenschau-Partnerstadt von Marktredwitz und - grenzübergreifend - gemeinsames Mittelzentrum mit Waldsassen. Kein Wunder, dass die Stadt Eger, zuletzt mit ihrem Oberbürgermeister Dr. Jan Svoboda, mehrfach beim Freistaat Bayern vorstellig wurde und ihm das Waldstück verkaufen wollte. Eine vom Freistaat vorgeschlagene salomonische Lösung, mit dem Erlös im Rahmen einer Art Stiftung die in 40 Jahren Kommunismus heruntergekommene Stadt Eger im Zuge einer echten Versöhnung zu renovieren, kam bisher nicht voran. Derzeit läuft noch ein Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht in Regensburg, mit dem die Stadt Cheb den Weidener Anwalt Dr. Manfred Gratzl beauftragt hat. Der ist "nach vielen Gesprächen mit dem Freistaat Bayern und Vertriebenen zuversichtlich, dass es noch in diesem Jahr zu einer für beide Seiten tragbaren Lösung kommen könnte", wie er auf Anfrage der Frankenpost erklärt. Im vergangenen Jahr kochte das Thema noch einmal hoch, als der Pächter des Egerer Waldhäusls, Albert Kunz, das Gebäude kaufen wollte, um es zu sanieren, aber der abgeschlossene Kaufvertrag nicht anerkannt wurde. Vielfältige Gespräche Und auch das Berliner Innenministerium will nach
den Diskussionen um die Vertriebenensprecherin Erika Steinbach den Ball flach
halten. "Auf der Grundlage von Paragraph 27 Absatz 5
Rechtsträgerabwicklungsgesetz verwaltet das Bundesinnenministerium in Bayern
befindliches Grundstücksvermögen verschiedener tschechischer Gemeinden, unter
anderem der Stadt Cheb/Eger. Die Verwaltung endet mit einer endgültigen
zwischenstaatlichen Regelung der Rechtsverhältnisse an den
Vermögensgegenständen. Es haben bereits vielfältige Gespräche auf
unterschiedlichen Ebenen stattgefunden, um auf der Grundlage der
gutnachbarlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
tschechischen Republik eine Einigung zu erzielen. Die Bemühungen werden
fortgesetzt", heißt es zu diesem Thema auf eine Anfrage der
Frankenpost lediglich.
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